Umfrage: Random House schafft Papiervorschau ab

"Gehupst wie gedupst, wie die Vorschau kommt"

3. Mai 2018
von Börsenblatt
Sind Papiervorschauen bald Geschichte? Random House will ab 2019 keine gedruckte Verlagsvorschauen mehr versenden. Stattdessen will die Verlagsgruppe konsequent auf VLB-TIX umstellen. Was sagen Buchhändler zur Ankündigung? boersenblatt.net hat nachgefragt. 

Am vergangenen Freitag hat die Verlagsgruppe Random House als erste große Gruppe angekündigt, ab dem Herbstprogramm 2019 keine Papiervorschauen mehr produzieren zu wollen. Wie bereits gemeldet, stellt Random House stattdessen komplett auf das digitale Vorschausystem VLB-TIX um. Seit 2017 sind dort alle 45 Verlage des Konzerns mit ihren Programmen vertreten. Sie stehen für ein Titelvolumen von bis zu 2.500 Büchern pro Jahr. Für Buchhändler ist die Nutzung des Vorschausystems VLB-TIX kostenlos. Alle Novitäten von über 21.000 Verlagen aus dem VLB sind dort hinterlegt. 

Sylvia Anderle, Lünebuch in Lüneburg

"Wir haben am Donnerstag von Random House den Brief erhalten und für uns auf die to-do-Liste gesetzt. Unsere Niederlassung, die Buchhandlung Hornbostel, bestellt bereits ausschließlich über VLB-TIX und für Lünebuch ist die Umstellung auch geplant. Wir haben zum letzten Wochenende das Warenwirtschaftssystem umgestellt und sind jetzt auch VLB-TIX-fähig. Damit ist ein großer Schritt getan."

Franziska Bickel, Buchhandlung Vogel in Schweinfurt 

"Ganz ehrlich: Mir ist gehupst wie gedupst, wie die Vorschau kommt. Schon heute gibt es ja zwei Mappen von Random House nur noch digital. Ich will im Vorschausystem auch keine Filmchen und Interviews haben, sondern eine reine Liste mit Autorenname und Titel, wie ich sie mir auch jetzt auch schon ziehe. Alles andere ist nicht effektiv, aber es ist natürlich jedem selbst überlassen, wie er das Vertretergespräch am liebsten führt. Meine persönliche Erfahrung ist: Ohne Fisimatenten geht es schneller. Die Umstellung ist endlich ein Signal an die Branche, die alten Zöpfe abzuschneiden. Es gibt Kollegen, die wollen nicht am PC arbeiten, die haben geloost. Aber man muss Standards auch durchsetzen, wenn man welche haben will. Wenn ich alleine daran denke, was wir an Papierbergen entsorgen! Insgesamt sind es neun große Umbreit-Wannen, nicht miteingerechnet sind dabei die Vorschauen von Verlagen, die wir sofort aussortieren, weil wir von ihnen nichts bestellen oder die Vorschauen, die wir doppelt bekommen. Es kommen an einem Tag oft vier Riesenpakete an, manche drei Kilo schwer. Was kostet es, das alles zu drucken, zu verschicken? Was kostet es uns an Zeit, das alles auszupacken? Von der Ökologie ganz zu schweigen, zumal die Vorschauen teilweise foliert sind. Dass VLB-TIX heute noch nicht das ist, was es einmal sein soll, steht auf einem anderen Blatt. Der Vertreter braucht sein System noch, meine Zeit ist mir aber zu schade, mich vorher enthusiastisch vorzubereiten in der Form, wie es der Vertreter an seinem Laptop leicht kann, wenn er die Zahlen und Bestellungen der vorherigen Reisen durchsieht. Dass die freien Vertreter an die MVB eine Nutzungsgebühr zahlen sollen, wie ich beim letzten SoA-Treffen erst erfahren habe, kann ich nicht verstehen. Es wundert mich wirklich nicht, dass sie nicht motiviert sind, sondern beim Thema gleich abwinken.“

Maike Knoff, Buchhandlung Bücherwurm in Wentorf

"Ich kann es absolut nachvollziehen, dass Random House diesen Schritt geht. Es wäre sowieso gut, wenn man bei allen Verlagen Vorschauen und Leseexemplare getrennt voneinander beziehen könnte, denn bei uns wandern (fast) alle Vorschauen direkt in die Tonne. Kollegen, die es nicht gut finden, kann ich verstehen. Was ich nicht verstehe, sind aber viele Kollegen, die es gar nicht ausprobiert haben und mit Argumenten kommen wie: 'Dann kann ich keine Notizen machen' oder 'Ich kann nicht zuhause damit arbeiten'. Das stimmt nämlich gar nicht, im Gegenteil: Ich kann endlich an verschieden, Orten gleichzeitig mit Kollegen an der Vorschau arbeiten und Notizen teilen. Auch zuhause auf dem platten Land läuft es ganz ruckelfrei über Kabel. Seit anderthalb Jahren TIXen wir; seit Herbst machen wir alles über TIX. Nur einige Verlage fehlen uns noch, und auch die Barsortimentsbestellungen machen wir nicht über TIX; Alles andere, schon, die  Weiterverarbeitung von Informationen ist jetzt  viel effektiver. Natürlich muss man bereit sein, sich damit zu beschäftigen. Als die Warenwirtschafstsysteme vor 20 Jahren kamen, hat ja aber auch nicht gleich alles von vornerein automatisch funktioniert."

Uli Straub, Bunter Bücherladen in Filderstadt-Bernhausen

"Wir arbeiten schone eine Weile mit TIX und können uns durchaus vorstellen, ganz umzusteigen. Die Ankündigung regt uns also nicht maßlos auf. Trotz allem Verständnis finde ich den Schritt sehr gewagt, ich persönlich würde es als Verlag nicht tun! Denn ich glaube nicht, dass man derzeit schon so weit gehen kann: Nicht alle Buchhändler nutzen ja VLB-TIX oder wollen es nutzen. Ihnen wird ein Arbeitsmittel entzogen. Was, wenn sie nun unvorbereitet mit dem Vertreter zusammensitzen?"

Klaus Finke, Buchhandlung Pfister in Krotzingen

"Wir tixen, aber die Abläufe sind noch etwas holprig. Es muss sicher auch bei uns noch einiges passieren. Die Gründe, warum ich die Umstellung gut finde, sind profan: Weniger Papierverschwendung; Es ist sinnvoll alle Vorgänge um die Bestellung elektronisch einzubinden, durch TIX hat man einen besseren Zugriff. VLB-TIX ist für mich ein gutes und rationales Verfahren, es leistet das Wesentliche: Angebot und Bestellungen transparent zu machen. Im Vergleich mit den Papiervorschauen steht Kaufmännische stärker im Vordergrund. Die Einführung von TIX begrüße ich vor allem auch aus folgendem Punkt: Auch die Verlage müssen sich überlegen, wozu die Vertetergespräche eigentlich da sind! Besser als sich über den Tisch nur 3, 5, 7 zuzurufen, wäre es, wenn mehr Zeit bliebe, Veranstaltungen und gemeinsame Aktionen zu planen. Was den Wechsel angeht: Es ist forsch, aber es zwingt andere Marktteilnehmer, sich mit der digitalen Vorschau zu beschäftigen. Wenn Matthes & Seitz damit vorpreschen würde, würden viele wohl nur mit den Schultern zucken. Jetzt kommen nicht nur die Buchhändler, sondern auch andere Verlage in Zugzwang."