Die Strategien der Campusbuchhandlungen

Geordert wird im Hörsaal

3. Mai 2018
von Tamara Weise
Amazon, digitale Semesterapparate, das Direktgeschäft der Verlage: Es gibt vieles, was den Campusbuchhandlungen zusetzt. Sie finden trotzdem Strategien, um sich am Markt zu behaupten.

Campusbuchhandlungen gehörten in der Branche zu den Ers­ten, die sich den neuen Kaufgewohnheiten stellen mussten. Dass die Frequenz leidet, Käufer ausbleiben: Darüber haben sie schon diskutiert, als es gerade erst so richtig losging mit dem Internet und den digitalen Semesterapparaten. Sie mussten Antworten finden – und vielen ist der Sprung ins neue Zeitalter geglückt. Vereinzelt gibt es sogar Neugründungen.

Ruhr-Universität Bochum

Bochum hat rund 50.000 Studenten, die meisten von ihnen, knapp 43.000, besuchen die Ruhr-Universität – und kennen deshalb auch die Buchhandlung Schaten. Das Unternehmen ist schon seit den 60er Jahren vor Ort, hat unterschiedliche Studentengenerationen kommen und gehen sehen – und erlebt, dass die Umsätze über die Jahre kleiner wurden. 2013 gab Schaten zwar den Campusladen im Nordforum auf, hielt an der Filiale im Uni-­Center jedoch fest.

Auf 300 Quadratmetern sind hier Fachbücher zu finden (Umsatzanteil: 80 Prozent); außerdem gibt es eine kleine Auswahl an Reiseführern, Romanen, Krimis und Kinderbüchern. "Wir haben uns nie unseren Optimismus nehmen lassen", sagt Inhaber Joachim Schaten. Die bestehenden Kontakte innerhalb der Uni wurden gepflegt ("davon leben wir") – und es wurde auch immer wieder inves­tiert, zum Beispiel in eine Software, mit der sich die Warenströme jederzeit präzise analysieren lassen. "Unser Sortiment wird ständig optimiert", so der Buchhändler.
Seine umsatzstärksten und damit auch größten Abteilungen sind, in dieser Reihenfolge: Jura, Medizin, Biologie und die Sprachen. "Alle großen Fakultäten unterstützen uns." Das Ergebnis aller Anstrengungen: Schaten zufolge steigen die Umsätze im Laden seit dem vergangenen Jahr wieder (das Rechnungsgeschäft wächst ebenfalls, wird aber in einer eigenen Firma gebündelt).  

TU Darmstadt

Neue Gebäude, neue Wege: An der Technischen Universität (TU) Darmstadt war in den vergangenen zehn Jahren viel in Bewegung, ab 2015 auch wieder in Sachen Buch. Die Uni suchte per Ausschreibung nach Interessenten für die Buchfläche im alten, neuen Hauptgebäude in der Hochschulstraße – und entschied sich für die S. Toeche-Mittler Verlagsbuchhandlung GmbH, besser bekannt unter dem Namen net-library. Eingezogen ist das Unternehmen mit seiner Zweigstelle dann im Herbst 2016, zum Semesterbeginn.

TU Books, wie die neue Buchhandlung heißt, bewirtschaftet seitdem 40 Quadratmeter und hat aus Sicht von Geschäftsführer Jens S. F. Toeche-Mittler damit eine gute Größe. "Wir wollen das Geschäft mit den Studenten möglichst gut machen", betont er – dafür sei die Fläche selbst nicht so entscheidend. "Wichtiger ist, dass man technologisch auf der Höhe der Zeit ist." Das sei bei der net-library der Fall. 

Studenten finden bei TU Books die Empfehlungslisten ihrer Professoren, bestellen laut Toeche-Mittler auch immer häufiger online bereits aus der Vorlesung heraus – sobald das Buch im Abholfach steht, verschickt die Buchhandlung eine SMS. Toeche-Mittler ist deshalb überzeugt davon, dass Studenten gern lokal einkaufen – wenn alles reibungslos läuft. "Der Laden trägt sich."

HTW Dresden

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Dresden kommt gerade mal auf 6.000 Studenten – lohnen tut sich das Geschäft für Cornelia Sybille Thierbach trotzdem. Sie übernahm 1993 die ehemalige Volksbuchhandlung im zentralen Hochschulgebäude und führte sie als Buchhandlung Thierbach weiter (ca. 70 Quadratmeter).

Anfangs seien Studenten ihre wichtigste Zielgruppe gewesen, erinnert sich die Buchhändlerin – aber das sei lange her. "Größter Kunde für mich ist heute die Bibliothek nebenan." Weil sie zudem noch andere Bibliotheken beliefere, ­könne sie gut wirtschaften. "Studenten führt der erste Weg mittlerweile in die Bibliothek oder zu Amazon", erklärt Thierbach. "Wir strengen uns sehr an, dass wir da nicht vergessen werden, gehen zu den Fachschaften und machen Büchertische direkt vor der Tür."

Universität Düsseldorf  

Als das Buchhaus Stern-Verlag in der Düsseldorfer Innenstadt 2016 geschlossen wurde, gingen auch in der Filiale auf dem Campus die Lichter aus. In Uni-Nähe gab es fortan nur noch eine kleine Medizin-Fläche von Lehmanns, sonst nichts – dank der Uni-Leitung war der Leerstand jedoch nicht von Dauer. Sie nahm Geld in die Hand, ließ das 260 Quadratmeter große Ladenlokal von Grund auf sanieren und fand einen neuen Mieter: Lehmanns.

"Es war der ausdrückliche Wunsch der Uni-Leitung, wieder eine Buchhandlung auf dem Gelände anzusiedeln", erklärt Lehmanns-Verkaufsleiterin Sabine Schönfelder. Anfang 2018 zog die Fachbuchkette also um – und kann nun Titel für alle Fachbereiche anbieten, dazu die Merchandisingprodukte der Uni und ein allgemeines Sortiment. Damit sich die Studenten (aktuell ca. 30.000) wohlfühlen, richtete Lehmanns Arbeitsplätze für die junge Kundschaft und dazu noch ein kleines Café ein.

"Die Resonanz ist ausgesprochen positiv, nicht nur bei den Studenten, sondern auch bei den vielen Mitarbeitern der Universität", beschreibt Schönfelder die Lage – nachjustieren müsse man nur bei den Geisteswissenschaften. In nächster Zeit wird es ihr zufolge vor allem darum gehen, das Netzwerk an Kontakten in die Uni hinein zu verdichten. Ihre Zwischenbilanz: "Die Frequenz ist gut, wir sind mit dem Umsatz zufrieden."

Universität Mainz

An der Uni Mainz (ca. 32.000 Studenten) entstand vor anderthalb Jahren eine neue Buchhandlung – in den gleichen Räumen, in denen über Jahrzehnte die Buchhandlung Dr. Kohl zu finden war. Drei Monate nach dem Auszug des Vorgängers, im Oktober 2016, legten Susanne Ditscher und Friedhelm Ottenbreit los. Dass schon bald ein Rückschlag kommen würde, war für sie da noch nicht absehbar: Die Baustelle, die die Uni kurz nach der Eröffnung vor ihrer Campus Buchhandlung Mainz errichtete, ließ die Frequenz deutlich sinken. Ditscher: "Wir wussten, dass gebaut wird, aber uns war nicht klar, wie sehr wir dadurch ins Abseits geraten würden." 

Im ersten Jahr musste die Buchhandlung somit anders über die Runden kommen. Geholfen haben dabei ein intensives Kostenmanagement, die guten Kontakte, die Ditscher und Ottenbreit als ehemalige Dr.-Kohl-Mitarbeiter zu den Fachbereichen hatten – und das stabile Rechnungsgeschäft (Umsatzanteil: ca. 40 Prozent). Damit solche Durststrecken die Ausnahme bleiben, entwickeln die Inhaber gerade ihr Konzept weiter: Sie möchten die Lage am Rand des Uni-Geländes nutzen, um ihre Reichweite in den angrenzenden Stadtteil hinein auszudehnen.  "Wir passen unser Sortiment sowieso permanent den Anforderungen unserer Kunden an", so Ditscher – das sei mit Blick auf die Stadtteilkunden nicht anders. Und doch ist es eine Grundsatzentscheidung. Ditscher: "Künftig wollen wir mehrgleisig fahren."