Die Sonntagsfrage

"Warum die Konzentration auf kurze literarische Texte, Frau Crespo?"

8. Mai 2018
von Börsenblatt
Am vergangenen Sonntag wurde im Schauspiel Frankfurt die Auszeichnung Wortmeldung der Crespo Foundation an Petra Piuk verliehen. Der mit 35.000 Euro dotierte Preis zeichnet dezidiert kurze literarische Texte aus, die sich mit gesellschaftspolitischen Herausforderungen befassen. Warum die Preisstifter auf knappe Formen setzen, erklärt Ulrike Crespo.

Im Sinne der Ausschreibung verstehen wir unter „kurzen literarischen Texten“ Essays, Reden, kurze Prosa und Erzählungen, die maximal 25 Seiten lang sind. Insgesamt wurden uns in diesem Jahr 132 Texte vorgeschlagen und von Kurzprosa bis zur Rede war tatsächlich alles dabei.

Warum wir uns auf kurze literarische Texte konzentrieren? Es geht bei WORTMELDUNGEN im Kern darum, gesellschaftspolitische Themen in den Fokus zu nehmen und literarische Positionen zu zeitgenössischen Diskursen zu entwickeln. Kurze literarische Texte eignen sich dazu in besonderer Weise. Denken Sie z.B. an den überwältigenden Erfolg von Stéphane Hessels Essay "Empört Euch!". Von diesem Text wurden in kürzester Zeit mehr als eine Million Exemplare verkauft und es wurde ebenso lustvoll wie intensiv über die Inhalte diskutiert. Literatur hatte schon immer das Potential, Diskurse zu relevanten gesellschaftspolitischen Herausforderungen ihrer Zeit in Gang zu setzen. Aber der Erfolg von "Empört Euch!" kam dennoch überraschend – offensichtlich hatte man das Interesse der LeserInnen für diese Art von Literatur unterschätzt. Und vielleicht tut man das noch immer, denn – zumindest nach meiner Wahrnehmung – werden Essays, Reden, kurze Prosa und Erzählungen im deutschsprachigen Raum relativ selten veröffentlicht. Mit WORTMELDUNGEN werden wir vielleicht einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass sich das ändert.

Das Thema des mit 15.000 Euro dotierten Förderpreises hat die Preisträgerin Petra Piuk übrigens am 6. Mai verkündet: "Hinter dem Zaun – was bringt Heimat zur Sprache?". Alle Details zur Ausschreibung findet Sie hier! Jetzt hoffen wir auf viele spannende Einsendungen von NachwuchsautorInnen, die Lust dazu haben, sich mit Petra Piuks Frage "Hinter dem Zaun – was bringt Heimat zur Sprache?" literarisch und kritisch auseinanderzusetzen. Bis zum 31. August 2018 können Texte eingesandt werden. 15 dieser Texte werden ab Dezember 2018 als Shortlist unter www.wortmeldungen.org veröffentlicht werden. Im Januar 2019 wird die Jury den/die PreisträgerInnen des WORTMELDUNGEN-Förderpreises – bis zu drei AutorInnen von der Shortlist – verkünden. Die Entscheidung über die Anzahl der vergebenen Preise und die Aufteilung der Preissumme auf die jeweiligen PreisträgerInnen obliegt dabei der Jury.

Die WORTMELDUNGEN-Förderpreise werden im Mai 2019 offiziell gemeinsam mit dem nächsten WORTMELDUNGEN-Literaturpreis verliehen. Zudem werden alle AutorInnen der Shortlist dazu eingeladen, ihre Texte am Vorabend der Preisverleihung im Schauspiel Frankfurt in einer großen Lesenacht zu präsentieren.