Die Sonntagsfrage

"Warum brauchen die Kölner Literaturschaffenden eine Interessenvertretung?"

18. Mai 2018
von Börsenblatt
Vom Autor bis zum Verlagsmitarbeiter - 22 Akteure der Kölner Literaturszene haben einen Verein gegründet, die Arbeitsbedingungen der Literaturschaffenden verbessern und die Vernetzung der Akteure fördern will. Warum das nötig ist und wie das gehen soll erklärt Dorian Steinhoff, Autor, Journalist und Vorstandsvorsitzender des neu gegründeten Vereins.

Die Idee, eine Interessenvertretung zu gründen, kam vor einem knappen Jahr auf. Ausgangspunkt war die kollektive Arbeit einiger Autoren an einem Bericht zur Lage der Kölner Literaturszene für den Kulturausschuss. Dieser Text schildert die Arbeitsbedingungen der rund 700 Schreibenden in der Stadt und versammelt Anstöße und Ideen, wie diese Situation zu verbessern wäre. Ungefähr zeitgleich führte die Stadt im Rahmen ihres Kulturentwicklungsplans Runde Tische mit Akteuren aller Kunstsparten durch. Die Vertreter der Literatur fielen vor allem dadurch auf, zurückhaltend und nicht besonders gut organisiert zu sein, als es darum ging, Forderungen an die Politik zu stellen. Diese verschiedenen Prozesse und Erfahrungen führten für mich letztlich zu ersten Gesprächen über die Gründung einer Interessenvertretung mit Bettina Fischer, der Leiterin des Kölner Literaturhauses, die die Arbeit am erwähnten Szenebericht koordiniert hatte. Gemeinsam haben wir dann im Herbst und Winter 2017 weitere Mitstreiter gesucht und gewinnen können. 


Viele Kölner profitieren nicht von der lit.Cologne

Der Verein möchte das literarische Leben Kölns sichtbarer machen, die Arbeitsbedingungen der Kölner Literaturschaffenden verbessern und die Vernetzung zwischen den verschiedenen literarischen Praxisbereichen sowie anderen Kunstsparten fördern. Wir werden daran arbeiten, dass die Literatur im Kulturentwicklungsplan vom „weiteren Handlungsfeld“ zum „profilbildenden Handlungsfeld“ umgewidmet wird. Eine unserer ersten Forderungen ist außerdem, den Fördermittelanteil für Literaturprojekte und -Institutionen von vier auf zehn Prozent des Kulturetats zu erhöhen. Als großes Initiationsprojekt planen wir zum Jahresende eine „Lange Nacht der Kölner Literatur“. Ende Mai werden sich die Vereinsmitglieder zu einem Klausurwochenende treffen und in verschiedenen Gruppen Maßnahmenpläne erarbeiten, die dem Vorstand als programmatische Grundlage für seine Arbeit dienen sollen. In der Folge wird es dann darum gehen, diese Pläne umzusetzen. Außerdem übernimmt der Literaturszene Köln e.V. ab Juli die Trägerschaft des Schreibraum Köln, einem Coworking Space für Autoren, der seit letztem Jahr existiert und bisher vom Literaturhaus verwaltet wurde.

Bei Köln und Literatur denkt man ja erstmal an die lit.Cologne. Die lit.Cologne hat als Literaturfestival etwas Einzigartiges geschaffen und leistet hochprofessionelle und hervorragende Arbeit. Im Gegensatz zu einigen Vereinsmitgliedern – mich eingeschlossen – partizipieren viele Kölner Literaturschaffende aber nicht an dem Festival, und es ist auch kein Geheimnis, dass die lit.Cologne für viele Literaturveranstalter in Köln einen Konkurrenten darstellt, der sich seiner Marktposition bewusst ist. Diese Dinge, das zeigte sich an den Runden Tischen, erzeugen einen gewissen Unmut unter den Kölner Literaturschaffenden, den ich nicht unbedingt teile. Aber Fakt ist, dass es neben der lit.Cologne ein spannendes und ganzjähriges literarisches Leben in Köln gibt, das häufig darum ringen muss, auch wahrgenommen zu werden. Hier setzt die Arbeit unseres Vereins an, nicht in Abgrenzung zur lit.Cologne, sondern als Teil einer gemeinsamen Sache: der Vermittlung von Literatur. Eine Zusammenarbeit halte ich daher für wünschenswert, und viel aussichtsreicher für das Erreichen unserer Ziele als jede Form des Unmuts. 

Finanzierung durch Mitgliedsbeitrage, Sponsoring, Eintrittsgelder und öffentliche Förderung

Die Arbeit des Vorstands geschieht ehrenamtlich. Um die Kosten für die Vereinsgründung und laufende Posten wie Webhosting und Bankkonto decken zu können, erhebt der Verein einen Mitgliedsbeitrag. Die geplanten Projekte sollen durch öffentliche Förderung, Sponsoring und Eintrittsgelder finanziert werden. Nach zwei Jahren aktiver Arbeit, kann der Verein außerdem einen Antrag bei der Stadt Köln stellen, die für Projekte von Interessenvertretungen einen gesonderten Förderbetrag bereitstellt. Der Schreibraum Köln wird bereits durch Mittel des Kulturamts Köln, der Ingrid und Sigurd Greven Stiftung sowie der RheinEnergie Stiftung Kultur unterstützt. Dank dieser Gelder kann ein Arbeitsplatz für nur 30 Euro im Monat angemietet und eine Verwaltungsstelle auf 450-Euro-Basis finanziert werden.


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