Interview mit Krimibloggerin Katja Rittig

"Wir bringen das Netz und den Buchhandel zusammen"

30. Mai 2018
von Börsenblatt
Die Berliner Krimibloggerin Katja Rittig schreibt auf wortgestalt-buchblog.de über Spannungsliteratur – aber nicht ganz allein. Regelmäßig mit an Bord: eine Buchhändlerin und ein Autor. Wie es zur Zusammenarbeit kam und warum Krimis für sie so interessant sind, erzählt sie hier.

Seit vier Jahren schreibst Du auf wortgestalt-buchblog.de über Krimi, Thriller und Co. – warum ein Blog nur für Spannungsliteratur?
Ich bin mit 14, 15 Jahren bei diesem Genre hängengeblieben. Die US-amerikanischen Thriller-Autoren John Sandford und Jeffery Deaver waren Schuld, ich mochte die Mischung aus Tempo, Rätsel und auch das Düstere. An Kriminalliteratur selbst interessieren mich aber nicht blutig inszenierte Morde, voyeuristische Folter oder seltsame Namen für Serientäter. Ich finde es spannend, dass sich mit guter Kriminalliteratur das menschliche Wesen und die Gesellschaft in all ihren Facetten ausloten lässt. Was Krimis für mich so interessant macht, ist ihr gesellschaftskritischer Blick, die Auseinandersetzung mit politischen Themen und Konfliktfeldern – einfach die Möglichkeit, in alle sozialen Milieus zu schauen, moralische Grenzsituationen auszuleuchten, ein bisschen an den Grundmauern menschlichen Zusammenlebens zu kratzen und zu gucken, was sich dahinter verbirgt. Außerdem mag ich es literarisch gern etwas rauer, konkreter und auf den Punkt erzählt: All das findet man, neben vielem anderen, in diesem Genre.

Welche Art von Beiträgen erscheinen auf Deinem Blog?
Den Großteil machen Rezensionen aus, dazu kommen die Verlagsschauen, in denen ich monatlich die Neuerscheinungen vorstelle, die mich besonders interessieren. Daneben gibt es Kritiken zu Romanverfilmungen, Graphic Novels und Comics. Und hin und wieder Themen-Specials zu bestimmten literarischen Schwerpunkten.

Die meisten Beiträge stammen von Dir, aber es gibt bei WortGestalt auch zwei Gastautoren – eine davon ist die Buchhändlerin Cornelia Hüppe von der Krimibuchhandlung Miss Marple in Berlin. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Ich habe sie einfach gefragt! Und hatte großes Glück, dass sie sich auf dieses Projekt eingelassen hat. Der Blog war gerade ein Dreivierteljahr alt und ich fand, dass man da noch mehr machen könnte. Meine Krimis kaufte ich schon seit einer ganzen Weile bei Miss Marple. Die Buchhandlung von Cornelia Hüppe ist ein wunderbares Kleinod für Krimi- und Büchermenschen und man kann mit ihr so großartig über Kriminalliteratur reden, sie hat einfach eine unglaubliche Fachkenntnis. Ich hatte damals die Idee, dass es doch für die Buchmenschen im Netz spannend sein könnte, beides zu verbinden und so mit noch mehr Buchtipps noch mehr Menschen zu erreichen. Anfangs suchte Cornelia Hüppe für „Miss Marples Krimitipps“ jeden Monat drei kurze Buchtipps heraus, inzwischen haben wir den Beitrag so weiterentwickelt, dass sie einmal im Monat eine echte Herzensempfehlung gibt: einen besonderen Krimi, den sie so richtig gern mochte. 

Wie profitieren Blog und Buchhandlung von der Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit begründet sich in erster Linie in der sehr großen Liebe zur Kriminalliteratur und dem Wunsch, Menschen und Bücher zusammenzubringen. Wir mögen einander sehr und freuen uns tatsächlich einfach, wenn wir uns gegenseitig unterstützen können, auch wenn sich das nicht zwingend wirtschaftlich messen lässt. Davon bezahlt sich zwar keine Miete, aber es macht glücklich. Der ein oder andere Kunde hat über Blogbeiträge auch schon den Weg in die Buchhandlung gefunden, das lese ich manchmal in den Kommentaren und freue mich ungemein darüber. Aber es ist sicher keine profitable Werbemaßnahme und die zwei mehr verkauften Bücher machen den Zeitaufwand nicht wett, den Cornelia in das Schreiben der Kolumne steckt. Aber es ist für uns eine unglaublich bereichernde Zusammenarbeit. Für den Blog ist ihre Fachkompetenz ein großer Mehrwert und wir bringen so das Netz und den Buchhandel zusammen. Und erinnern vielleicht den einen oder anderen daran, mal wieder die Buchhandlung in seiner Stadt zu besuchen.

Thrillerautor Martin Krist schreibt ebenfalls regelmäßig Beiträge den Blog.
Ja – Martin Krist ist selbst leidenschaftlicher Leser und war von dem Konzept so überzeugt, dass er mir seine Unterstützung anbot. Seine Kolumne 'Kriminell Gelesenes' ist eine weitere extrem bereichernde Perspektive für den Blog. Ein Autor mit jahrzehntelanger Erfahrung als Lesender und Schreibender – besser geht es gar nicht! Für seinen Beitrag haben wir uns überlegt, es offenzulassen, ob es eine Empfehlung oder eine kritische Besprechung wird. Wir drei haben zum Teil ganz unterschiedliche Meinungen, haben auch schon die gleichen Bücher mit ganz unterschiedlichen Faziten und Eindrücken besprochen und den Lesern des Blogs damit verschiedene Blickwinkel auf einen Roman geben können. Das ist das spannende Potenzial des Bloggens und es gibt tolle Anregungen, um über Bücher ins Gespräch zu kommen.

Die findet ja auch oft in den sozialen Medien statt: Welche Rolle spielen andere Kanäle für WortGestalt?
Bis vor Kurzem hat Facebook noch eine relativ große Rolle gespielt, da man dort sowohl Information als auch Kommunikation verbinden kann und im regen Austausch mit AutorInnen, BloggerInnen und LeserInnen steht. Inzwischen habe ich mich dort etwas zurückgezogen, weil es neben den vielen schönen Dingen auch sehr viel Zeit und Energie raubte. Die Facebook-Seite zum Blog wird aber weiterhin betreut und neue Beiträge werden dort geteilt und kommentiert. Sonst bin ich in erster Linie auf Instagram aktiv und nutze diese Plattform auch wirklich gern und regelmäßig – hauptsächlich, weil es da deutlich entspannter zugeht. Dort gibt es von mir meist Updates zu meiner aktuellen Lektüre, zum Fernstudium und ein bisschen was aus dem Blogger- und Studentenalltag. 

Stichwort aktuelle Lektüre: Welches Buch liest Du gerade und wie gefällt es dir?
Ich lese gerade 'Suff und Sühne' von dem großartigen haitianischen Autor Gary Victor. Es ist der dritte Band der Reihe um Inspektor Azémar, die sich dadurch auszeichnet, dass sie ganz deutlich von Tourismuskatalogbildern Abstand nimmt und einen sehr klaren und kritischen Blick auf Haiti wirft. Besonders die Korruption in der Regierung und im Polizeiapparat wird thematisiert, das Leben der Menschen dort in den Fokus gerückt. Gleichzeitig spielt auch die Kultur des Landes eine Rolle. Einfach ein enorm gutes Stück Kriminalliteratur, weil es mir Dinge zeigt, die ich sonst nicht sehen würde.

Sind für 2018 noch besondere Blogaktionen geplant?
Gemeinsam mit Christina Benedikt vom Blog Die dunklen Felle wird es im September wieder ein Themenspezial geben, darauf freuen wir uns beide schon sehr. In diesem Rahmen stellen wir Kriminalromane zu einem bestimmten Schwerpunkt vor und dieses Mal wird es um irische Kriminalliteratur gehen! Ansonsten würde ich gerne noch eine kleine Hitchcock-Woche vorbereiten, um ein paar Verfilmungen und ihre Romanvorlagen näher vorzustellen. Aber zumeist hat man mehr Ideen als der Tag Stunden.

Normal 0 21 false false false DE JA X-NONE /* Style Definitions */ table.MsoNormalTable {mso-style-name:"Normale Tabelle"; mso-tstyle-rowband-size:0; mso-tstyle-colband-size:0; mso-style-noshow:yes; mso-style-priority:99; mso-style-parent:""; mso-padding-alt:0cm 5.4pt 0cm 5.4pt; mso-para-margin:0cm; mso-para-margin-bottom:.0001pt; mso-pagination:widow-orphan; font-size:12.0pt; font-family:"Cambria","serif"; mso-ascii-font-family:Cambria; mso-ascii-theme-font:minor-latin; mso-hansi-font-family:Cambria; mso-hansi-theme-font:minor-latin;}

Krimibloggerin Katja Rittig lebt in Berlin und studiert Literaturwissenschaft und Geschichte an der FernUniversität Hagen. Seit 2014 schreibt sie auf wortgestalt-buchblog.de über Spannungsliteratur.