Ravensburger-Bilanzpressekonferenz in Stuttgart

Leichtes Minus im Kinderbuch

27. Juni 2018
von Börsenblatt
Die Ravensburger Gruppe hat im Geschäftsjahr 2017 in leicht rückläufigen Märkten einen Umsatz von 471,1 Millionen Euro erwirtschaftet: Das gab das Unternehmen heute auf seiner Bilanzpressekonferenz in Stuttgart bekannt. Im Bereich Kinder- und Jugendbuch ist der Umsatz um 1,8 Prozent auf 63,7 Millionen Euro gefallen.

Der Umsatz der gesamten Gruppe lag wechselkursbereinigt genau auf dem Vorjahresniveau. Daraus ergab sich ein Jahresüberschuss von 23,7 Millionen Euro und somit 5,0 Prozent Umsatzrendite auf dem Niveau des Vorjahres.

2017 war für Ravensburger ein Jahr des Wandels: Seit vergangenem Jahr setzt die Gruppe eine neue Unternehmensstrategie um und investiert verstärkt in Internationalisierung und Innovationskraft. So erwarb man den US-Spieleverlag ThinkFun, der mit Denk- und Logikspielen das Ravensburger Portfolio ergänzt. Auch der Innovationskurs hat sich nach den Zahlen des Unternehmens positiv ausgewirkt: Das neue Kugelbahnsystem "GraviTrax®" sei im vergangenen Weihnachtsgeschäft zum Bestseller geworden.

Der Vorstandsvorsitzende Clemens Maier sagte zum neuen Kurs: "Unsere Märkte ändern sich grundlegend durch die Digitalisierung. Deshalb richten wir das Unternehmen neu aus, investieren auf lange Sicht in den Wandel und können dankenswerterweise auf eine passionierte Belegschaft bauen, die Ravensburger und seinen Werten sehr verbunden ist."

"Respektables Jahresergebnis"

Beim Jahresumsatz der Gruppe in Höhe von 471,1 Millionen Euro schmälerten unter anderem Sondereffekte das Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr um 8,4 Millionen Euro: Ravensburger erhöhte angesichts der angespannten Lage des Spielwarenhandels – darunter die Insolvenzverfahren von zwei internationalen Spielwarenketten – seine Rückstellungen deutlich. "Wir haben ein respektables Jahresergebnis erzielt", sagte Finanzvorstand Hanspeter Mürle auf der Bilanzpressekonferenz, "unser Fokus liegt jedoch auf der langfristigen Neuausrichtung des Unternehmens."

Wachsendes Auslandsgeschäft mit Spielwaren

Erstmals seit fünf Jahren sind die Spielwarenmärkte in den fünf wichtigsten europäischen Ländern nicht gewachsen, sondern leicht zurückgegangen. Gleichauf zum Vorjahr blieb die Geschäftsentwicklung des mit 85 Prozent Umsatzanteil größten Ravensburger Geschäftsbereichs Spielwaren. Er erwirtschaftete mit allen Marken 398,8 Millionen Euro Umsatz.

Im Ausland, das mit zwei Dritteln am Umsatz beteiligt ist, legten die Ravensburger Spielwaren in fast allen Märkten in Summe um 5,5 Prozent zu. Im Inland lag ihr Umsatz 10 Prozent unter dem des Vorjahres, das jedoch ein einmaliges und umfangreiches Sondergeschäft verbucht hatte. Ohne diesen Einmaleffekt sei der Umsatz gegenüber 2017 auch im Inland um 5,9 Prozent gestiegen, so das Unternehmen.

Literatur entwickelt sich positiv

Mangels Bestsellern habe der deutsche Kinder- und Jugendbuchmarkt im vergangenen Jahr einen leichten Rückgang um 1,8 Prozent verzeichnet. Der Umsatz des Ravensburger Geschäftsbereichs Kinder- und Jugendbuch verringerte sich wegen Sondereffekten und der Konsolidierung eines Segments ebenfalls um 1,8 Prozent auf 63,7 Millionen Euro. Positiv habe sich dagegen das Kerngeschäft des Bereichs entwickelt, teilte der Vorstand mit, sodass Ravensburger auch in seiner Buchsparte in neue Initiativen – zum Beispiel die Gründung des in Hamburg ansässigen literarischen Kinderbuchprogramms Hummelburg – investiert habe.

Der Umsatz des Ravensburger Geschäftsbereichs Freizeit und Promotion sei 2017 – auch dank eines Großauftrags – um 16,6 Prozent auf 17,7 Millionen Euro gestiegen. Das zum Ravensburger Spieleland gehörende Feriendorf trug mit hohen Übernachtungszahlen ebenfalls zu diesem Wachstum bei.


Langfristige Neuausrichtung: Das Konsumentenverhalten ändert sich

Der Grund für die Neuausrichtung der Unternehmensgruppe sei das veränderte Konsumentenverhalten:

  • Kinder verbringen immer mehr Zeit mit digitalem Spielen – oft auf mobilen Geräten;
  • Eltern kaufen Spielwaren und Bücher zunehmend im Internet ein;
  • Kinder wie Eltern kommunizieren und informieren sich online oder über Soziale Medien.

Angesichts dieser Umbrüche sei Ravensburger langfristig neue Wege gegangen: So steht laut Vorstand das haptische Produkt nach wie vor im Zentrum, wird aber um digitale Inhalte erweitert. Die Entwicklung kompletter Produktwelten rücke dabei in den Fokus. Vertrieben werden die Produkte – stationär wie online – in allen Handelskanälen. Auch in der Kommunikation will Ravensburger mit personalisierter Kundenansprache und maßgeschneiderten Angeboten näher an den Konsumenten heranrücken.

Neue Entwicklungsmethoden

2017 investierte das Unternehmen erheblich in die Umsetzung der neuen Strategie, mit ersten sichtbaren Veränderungen: So hat Ravensburger im vergangenen Jahr neue Entwicklungsmethoden mit dem Ziel eingesetzt, Produkte optimal auf die Bedürfnisse der Konsumenten auszurichten und dabei auch die Time-to-Market zu reduzieren. Erstmals stellte das Unternehmen interdisziplinäre Teams auf, die in neuen Entwicklungsumgebungen wie dem Innovation Campus mit agilen Methoden neue Produktwelten und -ideen erarbeiten.

Kurze Time-to-Market und eine bereichsübergreifende Entwicklung hat Ravensburger auch mit "tiptoi® create" umgesetzt, einer Weiterentwicklung des Ravensburger Bestsellers "tiptoi®", die im Herbst auf den Markt kommen wird. Ein Team hat in einem gemeinsamen Prozess das haptische Produkt, digitale Inhalte, die Download-Software und die Marketingkampagne realisiert.

Diese Maßnahmen seien erste Schritte eines langfristig geplanten Wandels bei Ravensburger, so der Vorstand. Das Unternehmen habe eine besondere Prägung, zumal das Zusammenwirken von Menschen verschiedener Generationen und Herkunft ein Schlüsselfaktor im Familienunternehmen sei. Dies gelte auch für die Belegschaft: Rund 20 Prozent gehören zu den Babyboomern (53+ J.), jeweils ein starkes Drittel zur Generation X (38 – 52 J.) und Y (23 – 37 J.) und rund vier Prozent zur Generation Z (bis 22 J.). 62 Prozent der Belegschaft ist weiblich, knapp die Hälfte arbeitet im Ausland. Der Ausgleich und Austausch zwischen diesen Gruppen mache den Ravensburger Wandel aus.