Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA

Onlinehändler müssen zahlen

4. Juli 2018
von Börsenblatt
Erleichterung bei den (stationären) US-Einzelhändlern: Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs werden die Onlinehändler de facto steuerlich gleichgestellt – bislang mussten die Onliner nämlich nur in dem Bundesstaat Umsatzsteuer zahlen, in dem sie auch physisch präsent sind.

Am 21. Juni hatten die Richter des Supreme Court mit fünf zu vier Stimmen ein Urteil von 1992 aufgehoben, nach dem ein Bundesstaat nur Umsatzsteuern von Händlern erheben durften, die auch ihren Laden oder ihr Logistikzentrum auf ihrem Gebiet haben. De facto begünstigte jenes Urteil die Onlinehändler und benachteiligte die stationären Einzelhändler, weswegen sich die American Bookseller Association ABA vehement für eine neue Gesetzgebung eingesetzt hatte.

Konkreter Anlass für die Revidierung des Urteils war jedoch ein im Jahr 2016 erlassenes Gesetz des US-Bundesstaats South Dakota, nach dem auch Online-Händler, die nicht in dem Bundesstaat physisch präsent waren, ab einem Umsatzvolumen von 100.000 US-Dollar die fällige Umsatzsteuer bei allen Verkäufen erheben und abführen müssen. Dagegen hatten die Onlinehändler Newegg, Overstock und Wayfair geklagt – worauf hin die Richter des Obersten Gerichtshofs der USA nun auch noch das alte Urteil von 1992 kippten. Richter Justice Kennedy hatte angemerkt, dass das Gerichtsurteil die „aktuelle wirtschaftliche Realität“ nicht berücksichtigt und einigen Einzelhändlern unfaire Vorteile verschafft habe. Es lasse wenig Spielraum für Bundesstaaten, die Gesetze zur Mehrwertsteuergesetzgebung erlassen wollten, wie eine Analyse der unabhängigen Tax Foundation veröffentlichten Entscheidung ergeben habe.

Die Richter bewerteten das Urteil von 1992 als „falsch und nicht stichhaltig“, da die Handelsklausel falsch ausgelegt werde. „Es handelt sich um eine vom Gericht geschaffene Steueroase für Unternehmen, die ihre physische Präsenz auf einen Bundesstaat beschränken, ihre Waren und Dienstleistungen aber an die Verbraucher verkaufen, was im Zuge der technologischen Entwicklung leichter und häufiger geworden ist. Die Regel erzeugt zudem einen Anreiz, die physische Anwesenheit in mehreren Staaten zu vermeiden." Die American Bookseller Association begrüßte das Urteil im Hinblick auf mehr Chancengleichheit für den stationären Handel. Branchenkenner rechnen bei den Onlinehändlern wie Amazon künftig mit Umsatzsteuerzahlungen in Milliardenhöhe.