Mehr als 50 Buchhandlungen und andere literarische Schauplätze der Hansestadt hatten zu Lesungen, Podiumsrunden und Buchpräsentationen eingeladen. Um 22 Uhr steuerte der Abend dann mit der Preisvergabe in der Hamburger Kunsthalle auf den krönenden und sehr unterhaltsamen Abschluss zu.
Zapfsäulen für den Kopf
"Buchhandlungen sind geistige Tankstellen": Vor dem Hintergrund dieses Helmut Schmidt-Zitats würdigte Kultursenator Carsten Brosda das Engagement von über 80 "Zapfsäulen für den Kopf" in der Elbmetropole. Um den Einsatz der Sortimenter zu ehren, vergibt die Behörde für Kultur und Medien seit 2014 alle zwei Jahre den Hamburger Buchhandlungspreis.
"Die vielen sorgfältig ausgearbeiteten und inspirierenden Bewerbungen zeigen, wie leidenschaftlich und engagiert die Buchhändlerinnen und Buchhändler Tag für Tag für die Literatur arbeiten. Besonders beeindruckend ist, wie sie sich auch für die Leseförderung einsetzen und ihre Buchhandlungen als lebendigen Ort des Austausches in den Stadtteilen verstehen", lobte Brosda: "Der Buchhandlungspreis würdigt diesen wichtigen Bestandteil unserer Stadtkultur und honoriert die großartige Arbeit."
Klare Worte an die Adresse der Monopolkommission
Im Kultursenator hat der Hamburger Buchhandel einen starken Fürsprecher gefunden, der natürlich auf die Hamburger Erklärung "Jedes Kind muss lesen lernen" einging, aber ebenso die Gelegenheit nutzte, um die Bedeutung der Buchpreisbindung hervorzuheben: "Sie sichert die dezentrale Versorgung mit Büchern." Das müsse auch der kritisch eingestellten Monopolkommission, die die Bundesregierung in Wettbewerbsfragen berät, endlich klar werden.
Der Hamburger Buchhandlungspreis wird vom Landesverband Nord des Börsenvereins unterstützt und für inhabergeführte, unabhängige Sortimente ausgeschrieben. Aus den Bewerbungen hatte die Jury, bestehend aus Thomas Andre ("Hamburger Abendblatt"), Thomas Bleitner und Ragna Lüders (Buchhandlung Lüders), Antje Flemming (Behörde für Kultur und Medien), Carola Markwa (Börsenverein Nord), Rainer Moritz (Literaturhaus Hamburg) und Rita Schmitt (Hamburger Öffentliche Bücherhallen), eine Shortlist erstellt.
Auf der Shortlist standen neben dem Sieger die Buchhandlungen
Eine Liebeserklärung von Till Raether
Der Preisträgerin Christiane Hoffmeister vom Büchereck attestierte Brosda "Kenntnisreichtum, Empathie, Geschäftssinn, Begeisterung und Elan", bevor er ihr den mit 10.000 Euro dotierten Hauptpreis überreichte. Dem konnte Laudator Till Raether aus 30-jähriger Erfahrung einiges hinzufügen. "Als ich damals zum Studium nach Hamburg kam, erwartete ich Hafenromantik und die Reeperbahn, statt dessen kam ich im Hobbykeller von Freunden meiner Eltern in Niendorf-Nord unter", erinnerte sich der Autor. Die Entdeckung des Bücherecks, damals noch von Hoffmeisters Mutter Karin Freyhofer geführt, habe ihn dann damit versöhnt. "Seither ist das Büchereck, mit seiner Wärme und seinem Witz, meine Seelenbuchhandlung", lautete Raethers Liebeserklärung ans Team.
Das Büchereck Niendorf Nord (www.buechereckniendorf.de) im Nordalbinger Weg 15 in Niendorf wurde 1988 gegründet und wird seit 1994 von Christiane Hoffmeister geführt. Sie und ihr Team aus Carola Nikschick und Nico Wendt verstehen ihr Geschäft auch als kulturellen Treffpunkt des Viertels, zum Beispiel bei regelmäßigen Lesungen, beim literarischen Frühstück „Books & Breakfast“ und bei den regelmäßigen Vorlesenachmittagen für Kinder. Hoffmeister hat vielfältige Netzwerkaktionen für den Hamburger Buchhandel angeregt, neben der Langen Nacht der Literatur etwa eine gemeinsame Veranstaltungskarte von vier Hamburger Buchhandlungen. Das Büchereck Niendorf Nord wurde 2015 mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet.
"Zusammen sind wir richtig großartig"
So durfte Hoffmeister dann am Samstag direkt ein zweites Mal auf die Bühne (nach eigenen Angaben nicht unbedingt ihre Lieblingsbeschäftigung) - hatte sie doch als Initiatorin der Langen Nacht der Literatur bereits gemeinsam mit Rainer Moritz den Abend eröffnet. Ihr Dank galt besonders ihrem "Dreamteam" Carola Nikschick und Nico Wendt, ohne die "der Laden nur halb so viel wert wäre".
Gleichzeitig stellte sie in Hinblick auf die Hamburger Buchhandlungsszene und die Literaturnacht fest: "Zusammen sind wir richtig großartig!" Bereits am 6. November findet das nächste große Event statt: Eine Benefizlesung zugunsten der Seenotrettung von Seawatch e.V. in der Kirche St. Katharinen - eine Initiative des Bücherecks Niendorf-Nord und der Buchhandlung Lüders in Kooperation mit 24 weiteren Buchhandlungen, über die der Vorverkauf der rund 1.500 Plätze läuft. Es lesen Isabel Bogdan, Simone Buchholz, Arne Dahl, Abbas Khider, Karen Köhler und Sasa Stanisic.
Anhaltender Applaus begleitete auch die Verkündung des mit 2.000 Euro dotierten Spezialpreises an Strips & Stories, den 2010 gegründeten Comic-Buchladen auf St. Pauli. Die Inhaber Gesine Claus und Hansjörg Ebert wurden bei der Verleihung von Comiczeichner Sascha Hommer belobigt. "Die Buchhandlung feiert mit ihrem klugen Sortiment eine Kunstform, die gerade in der Hamburger Kulturszene einen besonderen Platz hat", sagte Kultursenator Brosda; "Gesine Claus und Hans Ebert erhalten hierfür völlig zu Recht den Sonderpreis."
Strips & Stories (www.strips-stories.de), der Buchladen für Graphic Novels in der Wohlwillstraße 28 auf St. Pauli, wurde 2010 von Gesine Claus und Hansjörg Ebert gegründet, um dem Comic eine Plattform zu bieten. Zahlreiche Hamburger Comic-Künstler sind eng mit Strips & Stories verbunden und häufig bei Veranstaltungen zu Gast. Auch internationale Zeichner schätzen den Buchladen mit dem ausgewählten, sorgfältig kuratierten Angebot. Strips & Stories beteiligt sich maßgeblich am Comicfestival Hamburg. 2018 wird Strips & Stories auch den Deutschen Buchhandlungspreis erhalten.
Für den Spezialpreis waren neben dem Sieger noch nominiert:
Sängerin Caroline Kiesewetter begleitete den Abend mit bibliophilen Liedern wie "Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett", anschließend wurde im benachbarten Café Liebermann noch bis weit nach Mitternacht gefeiert.
