Hörbücher für Kinder und Jugendliche

"Kein Kind will einen Download-Code in der Schultüte haben"

20. September 2018
von Sabine Schmidt
Download, Streaming, Silberscheibe: Die Umsatzverteilung beim Kinderhörbuch variiert von Verlag zu Verlag. Doch selbst wenn die digitalen Umsätze sprudeln, bleibt die CD unverzichtbar – vor allem für die ganz jungen Hörer.

"Kein Kind will einen Download-Code in der Schultüte haben", bringt Jumbo-Verleger Ulrich Maske die Lage zum Start ins neue Schuljahr auf den Punkt. Das gilt ebenso für andere Gelegenheiten: "Kinder wollen ein Geschenk in der Hand halten, ein Buch oder eine CD, sich das Cover anschauen, das einen ersten Eindruck von dem vermittelt, was dann folgt." Erst ab der fünften Klasse ändert sich das Verhalten allmählich: "Dann haben die Schüler mehr Zugang zum Internet – und auch Interesse daran."

Der Schwerpunkt des Jumbo Verlags liegt bei Produktionen für Kinder. Physische CDs machen im Audiobereich den größten Anteil am Geschäft aus. "Rund 83 Prozent unseres Umsatzes erwirtschaften wir damit", bilanziert Maske. Die restlichen 17 Prozent, die auf Downloads entfallen, gehen vor allem auf das Konto von Hörbüchern für Jugendliche und Erwachsene; Fantasy ist hier das bevorzugte Genre.

Jüngere Hörer bevorzugen CDs, das weiß man auch im Tessloff Verlag mit seinem Sachbuchschwerpunkt. Die Was-ist-was-Hörspiele richten sich vor allem an Kinder zwischen vier und sechs Jahren und werden in der Regel von Eltern und Großeltern als Geschenk gekauft.
Downloads und Streaming spielen für Tessloff nur eine kleine Rolle: Ihr Umsatzanteil bewege sich im einstelligen Bereich, so Vertriebsleiter Hermann Greul. Wichtiger sind dagegen die Tonies: Die Hörspiele über Dinosau­rier / ausgestorbene Tiere, über Wunderbare Pferde / Reitervolk Mongolen und über Raumfahrt / Der Mond werden auch für diese Geräte angeboten, die speziell für kleinere Kinder konzipiert und leicht zu bedienen sind.

Auf deutlich höhere Umsatzquoten beim Download von Kinderhörbüchern kommt dagegen der Argon Verlag: "Bei uns liegt der Anteil bei unter 15 Prozent, der Streaming-Anteil bei unter 20 Prozent", sagt Kilian Kissling, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing. Silberscheiben bleiben damit auch hier unverzichtbar: "Mit CDs erwirtschaften wir nach wie vor rund zwei Drittel des Umsatzes", so Kissling über die stabilen Verkäufe im Audiobereich. Das Gerät spielt dabei eine wichtige Rolle: "Gerade jüngere Kinder genießen es, die CD selbst einlegen zu können und beim Hören die Illustrationen der Verpackung anzusehen." Nach wie vor sei der CD-Player eines der ersten technischen Geräte, die Kinder besitzen oder geschenkt bekämen. "Wenn man in einem der Elektronikmärkte danach schaut, ist augenfällig, dass viele Geräte in ihrer Farbigkeit und Bedienungslogik auf Kinder ausgerichtet sind", so Kissling.

Downloads als Zusatz 

Dennoch: Online ist viel in Bewegung. Das konstatiert Markus Langer, Programmgeschäftsführer bei Oetinger Media. Dabei ist Streaming hier noch gar nicht im Angebot: "Erst ab 2019 wird es bei uns ein mit Bedacht ausgewähltes Portfolio von Streamingtiteln geben." Die Download­erlöse jedoch legen deutlich zu, wie Langer berichtet; in allen Altersgruppen und auf allen Portalen. "Im Jahr 2017 haben sie einen Anteil von rund 15 Prozent an unserem Gesamtumsatz gehabt. Dieser Anteil hat sich im laufenden Jahr bereits mehr als verdoppelt." Allerdings breche der Umsatz mit CDs nicht ein, sondern gehe nur leicht zurück. "Der Zuwachs im Digitalgeschäft ist momentan ein On-Top-Zusatz."

Wie die Verlage mit den Streaming-Angeboten umgehen – das ist sehr unterschiedlich: Oetinger Media will erst einsteigen; Jumbo ist mit seinen Titeln auf den Portalen präsent, bewirbt sie aber nicht aktiv; für Tessloff spielen solche Plattformen ebenfalls nur eine kleine Rolle. Der United Soft Media Verlag (USM) sieht dagegen bereits einen deutlichen Trend zum Streaming – während die Downloadzahlen rückläufig seien. Diese Bilanz zieht Michaela Schultheis, verantwortlich für Marketing und Presse: "Wir erzielen mit Streaming-Umsätzen bereits das Doppelte unserer Download-Umsätze. Bei unserer jüngsten Hörspielserie 'Schul­café Pustekuchen' generieren wir sogar rund 90 Prozent der digitalen Umsätze über Streaming."

Der stationäre Handel bleibt für USM dennoch wichtig. "Etwa 80 Prozent unserer Kinderhörspiele werden weiterhin über diesen Kanal verkauft, davon rund die Hälfte im Buch- und Spielwarenhandel", berichtet Schultheis.

Mehr noch: Der stationäre Buchhandel spielt eine zentrale Rolle für die Verlage, wie Argon-Geschäftsführer Kilian Kissling betont – denn dort werden Hörbücher am erfolgreichsten verkauft. "Eltern, die sich im stationären Buchhandel eindecken, neigen dazu, ihren Kindern erst später den Zugang zu ­Tablets und Smartphones zu ermög­lichen. Anders als Eltern, die keine Buchhandlungen besuchen."

Die CD hat also längst nicht ausgedient: Nicht nur, aber vor allem als Geschenk spielt sie nach wie vor eine wichtige Rolle.

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