Interview mit Myriam Louviot

"Das Interesse an französischer Literatur bleibt groß"

10. Oktober 2018
von Börsenblatt
Der Gastlandauftritt Frankreichs auf der Frankfurter Buchmesse im vergangenen Herbst brachte eine erstaunlich hohe Zahl an Übersetzungen ins Deutsche mit sich. Wie sieht es ein Jahr später aus? Boersenblatt.net sprach darüber mit Myriam Louviot, Kulturbeauftragte für Buch- und Verlagswesen an der Französischen Botschaft in Berlin.      

Der Gastlandauftritt Frankreichs im vergangenen Jahr – Francfort en français – wurde in der Öffentlichkeit und in den Medien sehr beachtet. Was ist ein Jahr danach von der damaligen Euphorie noch zu verspüren?
Der Effekt, dass die französische Literatur, aber auch die französischsprachige Literatur aus aller Welt sehr beachtet wurde, ist noch sehr präsent. Es gab eine Fülle an Rezensionen über Autoren, die auch schon vorher in Deutschland bekannt waren, aber auch zahlreiche neue Stimmen – Autoren, die zum ersten Mal in Frankfurt mit einem Buch dabei waren. Éric Vuilard, der bereits seit Jahren übersetzt wird und im letzten Jahr auf der Frankfurter Buchmesse zum Träger des Prix Goncourt gewählt wurde, ist jetzt mit seinem bei Matthes & Seitz erschienenen Roman "Die Tagesordnung" (frz. "L'Ordre du jour") auf einer großen Lesereise durch Deutschland unterwegs. Es gibt eine große Neugier für diese neue französischsprachige Literatur. Dieses Jahr ist zum Beispiel die aus dem Iran stammende Autorin Maryam Madjidi mit ihrem Debütroman "Marx et la poupée" auf der Buchmesse hier in Frankfurt. Es gibt ein Interesse an Lebensläufen zwischen verschiedenen Kulturen.

Da könnte man auch eine Autorin wie Lëila Slimani nennen. Aber auch die aus Frankreich stammenden Autorinnen wie Virginie Despentes sind hierzulande sehr gefragt ...
Die Gesellschaftsromane von Virginie Despentes, vor allem Vernon Subutex, sind natürlich sehr beeindruckend. Für ihr Gesamtwerk hat sie erst kürzlich den Welt-Literaturpreis 2018 bekommen. Überhaupt scheinen sich die Leser auch in Deutschland verstärkt für gesellschaftliche Themen zu interessieren. Französische Autoren wie Didier Eribon werden daher auch vom deutschen Publikum gern gelesen.

Engagieren sich die deutschen Verlage weiterhin für die französische Literatur? Ist die Zahl der Übersetzungen nach wie vor hoch?
Die Zahl der Übersetzungen ins Deutsche war natürlich auch schon vor dem Gastlandauftritt auf einem hohen Niveau. Es gibt deutsche Verleger, die seit Jahrzehnten Literatur aus Frankreich verlegen und dies nun weiter tun. Aber "Francfort en français" hat dem sicher noch eine zusätzliche Dynamik gegeben.

Sie haben ja zur Buchmesse noch einmal ein beachtliches Veranstaltungsprogramm vorgelegt. Worum soll es gehen?
Ein Thema soll sein, wie die französische Literatur auf deutsche Autoren wirkt. Deshalb wird es auch ein Panel mit drei deutschen Autoren geben, die über ihre Lieblingsautoren aus Frankreich sprechen.

Informationen zum aktuellen Programm "Francfort en français" finden Sie hier.