Die Sonntagsfrage

"Verlagsarbeit im Männerkloster: Wie läuft das Miteinander im Vier-Türme-Verlag, Frau Künne?“

2. November 2018
von Börsenblatt
Im Vier-Türme-Verlag in der Abtei Münsterschwarzach arbeiten unter der Leitung von Bruder Linus Eibicht überwiegend Frauen. Klappt das? Wie ist die Zusammenarbeit mit den Mönchen im Kloster? Pressechefin Charlotte Künne gibt Antworten.

Auf den ersten Blick wirkt das tatsächlich ungewöhnlich - ein fast reiner Frauenverlag in einem Männerkloster? Aber da spiegeln wir zum einen wohl die Verhältnisse in der Buchbranche wider und zum anderen lautet ein Einstellungskriterium auch: Wer passt ins Team? Und dass wir auf Letzteres großen Wert legen, merkt man dank der konstruktiven Arbeitsatmosphäre bei uns sofort.

Dabei gibt es übrigens keinerlei Vorschriften zu unserem persönlichen Glauben oder gar eine sonntägliche Gottesdienstpflicht, vielmehr findet man bei uns eine bunte Glaubensvielfalt. Zumal sich einige Bücher aus unserem Programm auch kritisch mit Religion auseinandersetzen. Allerdings denke ich, dass es leichter fällt, alles für seinen Verlag zu geben, wenn man auch hinter den Werten steht, die er vertritt – und das tun wir definitiv.

Das Kloster Münsterschwarzach besteht wie die meisten benediktinischen Klöster nicht nur aus der Abteikirche und der Klausur (dem Lebensbereich der Mönche), sondern aus einer Vielzahl verschiedener Betriebe. Es ist ein wenig wie in einem kleinen Dorf, es gibt unter anderem eine Klosterbäckerei, eine Goldschmiede, eine Autowerkstatt und auch eine eigene Feuerwehr. Da gehört unser Verlag einfach dazu. Und der befindet sich übrigens im ehemaligen, jetzt aber wunderbar modern renovierten Hühnerstall.

Wann und wo kommen die Verlagsfrauen denn nun mit den Klosterbrüdern zusammen? Einige der Mönche wie Anselm Grün oder Zacharias Heyes sind Autoren unseres Verlags. Sie begleiten wir natürlich während des Schreibprozesses und darüber hinaus auch bei der Organisation von Lesereisen. Andere Mönche wiederum arbeiten ganz normal in den Betrieben. Wie zum Beispiel in der Elektrowerkstatt – da kann es dann schon vorkommen, dass wir bei einem Stromausfall sozusagen geistlichen Beistand erhalten. Unser Verlagsleiter ist einer der Mönche, Br. Linus. Er ist also eigentlich immer bei uns im Haus. Und auch sonst "versteckt" sich niemand, irgendwie trifft man täglich immer einen der Mönche auf dem Hof.

Neue Buchprojekte mit den Mönchen entstehen in gemeinsamen Denk- und Arbeitsprozessen. Da hat jeder seinen Anteil daran. Interessant ist das Zusammenspiel von klösterlichen und weltlichen Sichtweisen natürlich, es ist aber auch vor allem produktiv und anregend.

Welchen Einfluss die Klosteratmosphäre auf die Mitarbeiter und auf das Buchprogramm hat? Man spürt an diesem Ort sofort, wieso Menschen aus der ganzen Welt hierherkommen, um wieder zu sich zu finden. Achtsam und bewusst leben, sich nachhaltig und umsichtig gegenüber seiner Umwelt verhalten, die Mitmenschen respektieren – das sind alles benediktinische Werte, die hier natürlich vorgelebt werden. Unser Verlagsprogramm möchte es auch Menschen außerhalb der Klostermauern ermöglichen, von dieser kraftvollen Atmosphäre inspiriert zu werden.