Bayerischer Buchpreis 2018 - Bericht von der Preisverleihung

"Möge uns ein Licht aufgehen!"

7. November 2018
von Börsenblatt
Wolfram Eilenberger und Lucy Fricke waren die strahlenden Sieger des Abends: Bei der Verleihung des Bayerischen Buchpreises 2018 wurde mit Verve über gute und schlechte Literatur diskutiert, aber auch ein politisches Statement abgegeben.

Gute Literatur als eine Art "Intelligenzblatt" zu betrachten: Mit diesem Gedanken eröffnete Michael Then, Vorsitzender des bayerischen Landesverbands im Börsenverein, die festliche Buch-Gala in der Allerheiligen-Hofkirche der Münchner Residenz. Bücher haben für ihn ein aufklärerische, erhellende Funktion: "Möge uns ein Licht aufgehen": So warb Then dafür, die sechs Bücher, die diesmal für den bayerischen Buchpreis nominiert waren, zu kaufen, zu lesen und zu verschenken (alle Titel und die Gewinner hier auf einen Blick).

In der Kategorie Sachbuch trat unter anderem Thomas Bauer an - mit seinem Werk „Die Vereindeutigung der Welt. Über den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt“ (Reclam). Der Autor beleuchtet, wie die Vielfalt von Dingen und Meinungen langsam verschwindet, wie Unerwartetes und Unangepasstes verdrängt wird. Wolfram Eilenberger wiederum bringt die Philosophie Anfang des 20. Jahrhunderts zum Leuchten, in "Zeit der Zauberer. Das große Jahrzehnt der Philosophie 1919-1929" (Klett-Cotta). Und Svenja Goltermann rückt in ihrem Buch "Opfer. Die Wahrnehmung von Krieg und Gewalt in der Moderne“ (S. Fischer) den Bedeutungs- und Funktionswandel des Begriffs "Opfer" ins rechte Licht.

Das Sachbuch der Stunde  - oder auch nicht

Jeder der drei Juroren stellte bei der öffentlichen Jurysitzung in der Allerheiligen-Hofkirche seinen persönlichen Favoriten vor. Thomas Bauers Publikation sei "das Buch der Stunde", warf Sandra Kegel ihr erstes Urteil in den Ring. Die "FAZ"-Redakteurin war neu in der Juryrunde, während ihre Mitstreiter Svenja Flaßpöhler (Chefredakteurin des "Philosophie Magazins") und Knut Cordsen (Literaturredakteur beim Bayerischen Rundfunk) schon einige Buchpreis-Runden hinter sich haben.

Kegels Votum für "Die Vereindeutigung der Welt" wollten ihre beiden Kollegen allerdings nicht uneingeschränkt folgen. Letztlich konnte sich in der Diskussion über das beste Sachbuch des Jahres Wolfram Eilenbergers "Zeit der Zauberer" durchsetzen  - für Svenja Flaßpöhler "narrative Philosophie auf höchstem Niveau".

Romane, die bei den Juroren für erhitzte Gemüter sorgen

Ging es bei der Sachbuch-Diskussion eher ruhig, gesittet, also "sachlich" zu, so wurde über die drei zu beurteilenden Belletristik-Neuerscheinungen deutlich hitziger debattiert. Knut Cordsen konnte mit Inger-Maria Mahlkes Roman "Archipel" (Rowohlt), in dem anhand zweier Familien die Geschichte Teneriffas erzählt wird, partout nichts anfangen. Mahlkes Buch, im Oktober immerhin mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet, ist für Cordsen ein "besserer Reiseführer".

Svenja Flaßpöhler dagegen machte aus ihrer Abneigung gegen Thomas Klupps "Wie ich fälschte, log und Gutes tat" (Berlin Verlag) keinen Hehl: Das sei eher Comic und "auf Pointe geschrieben". Klupps jugendlicher Held Benedikt, der von den Erwachsenen das Hochstapeln erlernt und früh zur Meisterschaft bringt, war für Flaßpöhler zu einfach gestrickt.

In der Kategorie Belletristik konnte sich schließlich Lucy Fricke mit ihrem Roman "Töchter" (Rowohlt) durchsetzen - ein tiefgründiges Familienportrait. Fricke sei mit diesem Text "am Höhepunkt ihres Schreibens angelangt", befand Flaßpöhler. Dieser Meinung konnten sich Kegel und Cordsen anschließen.

Eine Rede per Brief, die es in sich hat

Mit dem Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten wurde diesmal der österreichische Schriftsteller Christoph Ransmayr ausgezeichnet. Der amtierende Ministerpräsident Markus Söder ließ sich bei der Preisverleihung durch seinen Minister Georg Eisenreich vertreten und Christoph Ransmayr war verhindert wegen einer Expedition in Griechenland. An seiner Stelle nahm Jörg Bong, Programmgeschäftsführer der S.. Fischer Verlage den Preis entgegen – und verlas einen Brief von Ransmayr, der es in sich hatte.

Der Schriftsteller kritisierte die aktuelle Flüchtlingspolitik aufs Schärfste und richtete ans Publikum den Appell "Fürchtet euch nicht!" - ein Aufruf zum Miteinander statt zum Gegeneinander. Ransmayr wandte sich dabei auch sehr deutlich gegen Begriffe wie "Asyltourismus", die im Bayern-Wahlkampf von Horst Seehofer und Markus Söder zu hören waren. Auch wenn die Protagonisten des Ehrenpreises an diesem Abend fehlten, schloss sich damit der Kreis zu Michael Thens Eingangsgedanken: Gute Literatur klärt auf – und wirft ein erhellendes Licht auf die Probleme der Zeit.

Die Veranstaltung wurde vom Bayerischen Rundfunk live in der Mediathek übertragen und ist dort auch jetzt noch abrufbar (br.de/mediathek). Der Bayerische Buchpreis 2018 wird vom bayerischen Landesverband des Börsenvereins ausgerichtet und gefördert von der Bayerischen Staatskanzlei. Er ist in den beiden Kategorien Belletristik und Sachbuch jeweils mit 10.000 Euro dotiert.