Zensurvorwürfe im wbg-Shop

wbg nimmt Sarrazin und Kollegah aus dem Sortiment

15. November 2018
von Börsenblatt
Die Buchgemeinschaft wbg hat "Feindliche Übernahme" von Thilo Sarrazin und "Das ist alpha!" von Felix Blume (alias Kollegah) aus dem Sortiment genommen – und damit eine neue "Zensur"-Debatte in Gang gesetzt: Im Webshop der Buchgemeinschaft sammeln sich die Kommentare, auch die "Junge Freiheit" und Thilo Sarrazin selbst greifen das Thema jetzt auf.

Kommentatoren im wbg-Webshop unterstellen "Zensur" und kritisieren u.a., den Mitgliedern werde nicht zugetraut, sich selbst eine Meinung zu bilden, manche drohen auch mit Kündigung. Die "Junge Freiheit" sieht jetzt darin ein Thema, ohne jedoch das Wort "Zensur" zu verwenden. Ihre Position: "Neben dem Zugänglichmachen von Literatur, dem Verlegen und Vertrieb von Büchern, will die Buchgesellschaft nun auch Haltung zeigen – und zwar durch das bewusste Nichtverbreiten bestimmter Werke", heißt es in dem Bericht zur wbg-Entscheidung contra Sarrazin und Kollegah. Thilo Sarrazin lässt sich dazu indirekt zitieren: Laut "Junge Freiheit" wirft der Autor Tom Erben, Direktor Community bei der wbg, vor, sein Buch über den Islam nicht gelesen zu haben und findet deshalb, Tom Erben blamiere die einst sehr angesehene Institution.

Widerstand kommt von Dirk H. Beenken, dem Geschäftsführenden Direktor der Buchgemeinschaft: Er vermutet heute in einer Pressemitteilung, Sarrazins Vorwurf gegen die wbg sei "offenbar der Versuch, sich wieder ins Gespräch zu bringen."

"Wir haben uns entschieden, keine rassistischen oder frauenverachtenden Meinungen zu verbreiten"

Publik gemacht hatte die wbg ihren Titel-Verzicht und die daraufhin entstandene Debatte selbst, über ihre Mitgliederzeitschrift (November-Ausgabe). Tom Erben schrieb dort, die Buchgemeinschaft habe "aufgrund der Tatsache, dass wir zwei Bücher der aktuellen Spiegel-Bestsellerliste nicht verfügbar machen, einige Zuschriften erhalten, die uns der Zensur bezichtigen". Zu den Beweggründen hatte er notiert: "Wir haben uns entschieden, dass Bücher bei der wbg nicht bestellbar sind, die rassistische oder frauenverachtende Meinungen verbreiten." Die wbg wolle damit nichts verbieten und auch keine Diskussion abwürgen. „Wir verbreiten nur Bücher, die auf wissenschaftlich fundierter Information basieren, um eine qualitative Diskussion überhaupt erst in Gang zu bringen (…) Aber Hetze und Hass sind keine Gespräche, sondern Demagogie.“ Erben schließt mit einer Einladung, mit ihm darüber zu diskutieren. 

Um welche Titel und Autoren es geht, ließ Erben in seinem Text zunächst noch offen – die folgten jedoch heute: In der Pressemitteilung, in der auch Dirk H. Beenken zu Wort kommt, erklärt die wbg, sie habe sich auf Anregung ihrer Mitglieder dazu entschieden, "Feindliche Übernahme" von Thilo Sarrazin und "Das ist alpha!" von Felix Blume (alias Kollegah) nicht zu verkaufen. Ein großer Teil der Zuschriften, die es nach dem Erscheinen des Mitgliedermagazins gegeben habe, sei positiv und ermuntere dazu, "das Programm der wbg weiterhin aktiv zu kuratieren".

Die wbg (ca. 85.000 Mitglieder) bietet über ihren Onlineshop insgesamt rund 6.000 Titel an, außer den eigenen auch ausgewählte Novitäten aus anderen Verlagen, seit 2016 auch die Titel der Spiegel-Bestsellerliste.