MVB Data Summit - Gipfeltreffen der Datenmanager

"Um Sichtbarkeit kämpfen"

28. November 2018
von Christina Schulte
Die dritte Auflage des MVB Data Summit ist auf reges Interesse gestoßen. Rund 100 Datenspezialisten aus der Branche kamen am Mittwoch unter dem Motto "Metadaten meets Monitoring" ins Frankfurter Haus des Buches.

Vor allem folgende Fragestellungen zogen sich durch den Tag, der von Harald Henzler (smart digit) und Richard Threlfall (Frankfurter Buchmesse) moderiert wurde: Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz? Wie können Standards, etwa die Thema-Klassifizierung, gewinnbringender eingesetzt werden? Und schließlich: Welche Funktion fällt den Metadatenmangern in den Unternehmen zu?l

Datenmanger müssen um die Sichtbarkeit ihrer Arbeit kämpfen

Datenmanager haben es nicht immer leicht. Sie setzten sich für eine Sache ein, die nicht gerade cool daherkommt, die man der Geschäftsleitung kaum in schönen bunten Bildern oder in ansprechender haptischer Form präsentieren kann. "Man muss immer auch gegen die sichtbare Projekten kämpfen und besonders viel Überzeugungsarbeit leisten", weiß Björn Wagner, Leiter des Teams Growth & Engagement sowie Data & Testing bei "Zeit Online". Aber: "Wenn die Gralshüter der Daten ihren Schatz heben, stellen sich die Erfolge ein." Sei es in Form von besserer Auffindbarkeit der Produkte, durch Mehrverkäufe oder durch die Abschluss neuer Abonnements, so wie bei "Zeit Online" (mehr im Interview). 

Seit eineinhalb Jahren arbeitet Wagner mit seinem Team daran, Nutzer der Website zum Abschluss eines Digitalabonnements zu animieren. Ziel dabei sei es, das Wachstum der Site nicht einzuschränken und die Grundversorgung mit Nachrichten kostenlos zu belassen. Rund 12.000 digitale Abos schlagen bisher zu Buche, erzielt durch die "Bearbeitung" von Lesern, die sich haben registrieren lassen, um erst einmal kostenlos im Premiumbereich weiterzulesen oder durch Nutzer, die sich direkt für das Premiumangebot angemeldet haben. Bei der Akquise wird versucht, Konversionstreiber aus dem Leseverhalten (Häufigkeit der Besuche, Anzahl der Clicks etc.) abzuleiten und so die Umwandlungsrate zu optimieren. "Wir sind ein dateninformiertes Unternehmen", sagt Wagner, „kein datengetriebenes“.

"Führen, ohne Chef zu sein": Diese Aussage trifft auf Datenmanager zu und war Thema einer der Round-Table-Sessions, moderiert von Karin Schmidt-Friderichs (Coach, Inhaberin Verlag Hermann Schmidt). Dass es ein anspruchsvoller Job ist, dem die breite Wahrnehmung oft fehlt, ließen die Schlagworte erkennen, die in der Runde diskutiert wurden:

Für ein erfolgreiches Datenmanagement ist neues Denken in Netzwerken gefordert sowie die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams – in vielen Unternehmen sei das noch keine gelebte Praxis. Kapazitätsprobleme würden die Arbeit erschweren, das Berufsbild sei nicht besonders bekannt und sollte in die Branche hinein besser kommuniziert werden. Zudem werde in vielen Verlagen noch im Halbjahresrhythmus gedacht, Daten seien aber permanent ein Thema und dürften zu keiner Zeit außer Acht gelassen werden.

Wie wichtig die Datenmanager sind, zeigt sich in den Verlagen derzeit unter anderem bei der Umstellung auf die digitale Vorschau VLB-TIX. Sandra Schüssel, Leiterin Geschäftsbereich VLB-TIX bei MVB, stellte die Ergebnisse einer Umfrage unter VLB-TIX-Administratoren vor. Demnach sei die Rolles des Metadatenmanagers umso zentraler, je umfassender digitale Vorschauprozesse ins Spiel kämen. Bei der Arbeit mit VLB-TIX müsse mehr Sorgfalt auf Beschreibungstext und Verschlagwortung gelegt werden. Somit habe die Datenpflege einen direkten Durchschlag in die Vorschau. Wer Daten zudem individualisiert ausspielen wolle, könne dies nur durch Standards und konsequentes Datenmanagement erreichen.

Praxisbeispiel Book Data Monitoring bei Springer Nature

Benjamin Feuchter, Senior Data Manager bei Springer Nature, betonte, dass die Situation der Metadaten in seinem Hause gut sei. "Auch in den anderen Abteilungen sind die Metadaten sehr präsent." Aber: "Es gibt hohe Erwartungen an die Daten", weswegen die Ziele in Sachen Datenqualität ambitioniert gesteckt sind:

  • Proaktive und schnelle Erkennung von Datenproblemen.
  • Konstanter Überblick über zentrale KPIs und Datenchecks.
  • Überblick, ob Datendistributoren und Retailer die Metadaten korrekt verarbeiten und bei Änderungen anpassen.
  • Erkennung von Lücken beim Datenaustausch und Implementierung von Best Practices.

Um diese Ziele zu erreichen, hat Feuchter Analysen und Benachrichtigungen automatisiert, das früher verstreute Monitoring an einem Ort versammelt und ein Reporting über die Datensituation in externen Katalogen erstellt. Alle Ergebnisse würden auf einem Dashboard dargestellt. Nun ließen sich Fehler proaktiv identifizieren sowie das Bewusstsein für Daten weiter steigern. Die Programmierung eines solchen Tools, das dies alles leisten könne, sei kein Hexenwerk gewesen, ermunterte er zur Nachahmung.

Thema-Klassifizierung bringt passgenaue Buchvorschläge

Ein weiteres Praxisbeispiel lieferte Tobias Streitferdt, Metadata & E-Commerce Manager bei den Holtzbrinck Buchverlagen. Er machte deutlich, wie die Thema-Klassifizierung bei der zielgenauen Auffindbarkeit von Büchern helfen kann. "Derzeit sind rund 3.000 Thema-Inhalte (subjects) und 4.200 Thema-Zusätze (qualifier) vorhanden", rechnete er vor. In der Regel würden pro Titel drei bis sechs Klassifizierungen genutzt. "Wer etwa Krimis sucht, die an der Nordsee spielen und in denen Kommissare ermitteln, dem werden in Webshops passgenaue Bücher präsentiert - vorausgesetzt, die Klassifizierung geht tief genug." Amazon beispielsweise würde Thema schon zu mehr als 60 Prozent für die Navigation nutzen, auch Schweitzer und Holtzbrinck optimierten damit ihre Websites und Shops. "Wer Thema-Stichworte vermisst, um seine Bücher detailliert zu beschreiben, kann sich an die IG Produktmetadaten im Börsenverein wenden", lud Streitferdt ein.

Zum Abschluss des Data Summit kamen noch die Roboter zum Einsatz, wenn auch nur virtuell. Dmitry Nedovis vom lettischen Startup Summarizebot (Gewinner bei Contenshift 2018) zeigte anhand eines Use Cases mit Tolino, wie die künstliche Intelligenz hilfreich für Leser sein könnte. So erstellt Summarizebot beispielsweise semantische Analysen, Zusammenfassungen von Büchern (Tolstois "Krieg und Frieden" kann dann in rund sieben Minuten gelesen werden!),gibt Buchempfehlungen, kommt Fake-News auf die Spur oder analysiert gute und schlechte Nachrichten. Für Tolino-Chef Hermann Eckel ein breites Feld, das möglicherweise auch für Tolino-Leser Nützliches bereithält.