Wortveranstaltungen für Sortimenter

Machen lassen

10. Januar 2019
von Börsenblatt
Buchhändler werden als Kulturträger geschätzt. Der Erwartungsdruck ist hoch, das Zeitbudget schmal. Christian Dunker über eine neue Konzeptagentur, die dieses Dilemma unter Kollegen lösen will.

Bücher zum Leuchten bringen: Darum geht's uns allen. Davon können Buchhändler wie wir mit gut gepflegten Sortimenten und passenden Empfehlungen ein Lied singen! Aber nach einem Acht-Stunden-Tag kann man schon etwas heiser sein. Dann sind da noch die Aufgaben, die hinter den Kulissen angeschoben und erfüllt werden wollen: die Betreuung der Auszubildenden, attraktive Schaufensteraktionen, und von der Buchhaltung wollen wir in den Inventurwochen mal ganz schweigen.

Und mittenrein bitten die Kulturbeauftragten der Stadtverwaltung, die Leitung der Stadtbibliothek oder der rührige Freundeskreis eines ortsansässigen Museums, man möge doch dieses Jahr etwas Schönes machen. Etwas für die Community. Aber nicht nur "social", sondern eben ganz real. In Echtzeit. Mit richtigem Publikum statt mit Likes. Ja, in der Stadt wird Kultur großgeschrieben und man sieht Buchhändler als adäquate Partner. Das historische Rathaus, das Theaterfoyer oder der Kulturbahnhof möchten wachgelesen werden, hier oder an anderen originellen Orte mit guter Verkehrsanbindung, ­Tonanlage und 150 Plätzen aufwärts.

Schon steht man als Buchhändler vor einem Dilemma. Leser wollen Bücher erleben und wir alle wünschen uns begeisterte Leser. Es muss nur jemand den richtigen Sound aufdrehen, idealerweise eine Buchhändlerin. Aber wie soll man das auch noch schaffen? Wie erstellt man eine Lesefassung, wer kümmert sich um die Rechte? Wer soll lesen, wer kann moderieren? "Die Bude" soll schließlich aus allen Nähten platzen, der Name der Buchhandlung in aller Munde sein, am besten noch sollen deutschlandweit bekannte Namen her. Marc Iven und ich haben uns vor über zehn Jahren entschlossen, dieses Image- und Umsatz­potenzial nicht anderen zu überlassen, sondern selbst ranzugehen.

Wir haben für die Berliner autorenbuchhandlung sehr gut besuchte und medienwirksame Veranstaltungen zu Neuerscheinungen, Backlisttiteln und Brennpunkthemen konzipiert. Und seit acht Jahren stellen wir im Magazin "Geistesblüten" Autoren, Bücher und Künstler vor. Irgendwann sind wir von anderen Buchhändlern gefragt worden, ob sie nicht ein bisschen an unserem Know-how partizipieren könnten. Wir haben überlegt und dann gesagt: Ja, warum eigentlich nicht? Schließlich gibt es auch in mittleren und kleineren Städten einen Hunger nach spannenden Events mit Strahlkraft und Potenzial zum Stadtgespräch. Überall in Deutschland setzen Menschen auf die persönlichen Empfehlungen ihrer Lieblingsbuchhändler. Wenn also Sortimente mit unserer Hilfe bisherige Lücken im literarischen Kulturkalender ihrer Region schließen können, ist das für alle Unabhängigen eine gute Sache, denken wir.

Jetzt sind wir unter dem Label Geistesblüten also auch eine Konzeptagentur für literarische Veranstaltungen. Gefragt ist die bewusste Inszenierung; das heißt nicht, dass ein Autor am Trapez singend unter der Decke schwingen muss. Aber wir bringen mit stimmigen Konzepten Autoren und ihre Verlage mit Moderatoren, Sprechern und Schauspielern zusammen, wir arbeiten ja eh schon seit Jahren mit ihnen für unsere Buchhandlung zusammen. Und jetzt entwerfen und realisieren wir Wortveranstaltungen in unterschiedlichen Formaten auch für andere, kümmern uns um Anreise und Unterbringung der Mitwirkenden, koordinieren auch den Eintritt und Ablauf am Veranstaltungsort. Das verschafft Buchhändlern Freiraum. Und lukrative Büchertische.