Kommentar zur neuen Führungscrew bei Random House

Verschlanken, verzahnen, vertrauen

5. Februar 2019
von Torsten Casimir
Nicht überstürzt, aber doch zügig hat Thomas Rathnow, der neue CEO der Verlagsgruppe Random House, seine Führungsmannschaft aufgestellt.

Drei Monate, nachdem Thomas Rathnow an die Spitze der Verlagsgruppe gerückt ist, macht er jetzt die Konturen einer strategischen und organisatorischen Neuausrichtung sichtbar:

  • verschlankte Geschäftsführung (fünf statt sieben Häuptlinge)
  • programmatische Kooperation anstelle interner Konkurrenz unter den Verlagen und Bereichen
  • Vertrauen in bewährte Führungskräfte insbesondere auf der Marktseite der Verlagsgruppe
  • engere Verzahnung von Marketing und Vertrieb auf Ebene der Geschäftsleitung.

So sieht die Ansage eines Chefs aus, der uneitel genug ist, zugunsten des Vernünftigen auf Überraschungen und steile Thesen zu verzichten. Rathnow reagiert auf zuletzt offenkundige Organisationsschwächen der größten deutschen Buchverlagsgruppe: Man hatte mit ausufernder Binnenkomplexität zu kämpfen; der interne Wettbewerb der Verlagsbereiche führte nicht zu besseren Büchern und Verkäufen, sondern zu strapazierteren Nerven und schlechterer Unterscheidbarkeit der Produktion.

"Random" heißt auf Deutsch zwar "zufällig", aber zu viel Zufall in der Frage, welche Programme sich durchsetzen und welche auf der Strecke bleiben, kann schiefgehen. Das war in München irgendwann ablesbar geworden an der unerfreulichen Umsatzentwicklung der vergangenen Jahre. Ein paar günstige Umstände nebst Bestsellerglück brachte dem Unternehmen allerdings schon im letzten Quartal 2018 eine Aufhellung der wirtschaftlichen Situation. Zu wünschen ist, dass den Teams der jüngste Aufschwung hilft beim Durchstarten für die nun anstehenden Aufgaben.

Strategisch hat Rathnow einen zentralen Satz verkündet: Random House soll die Verlagsgruppe werden, "die ihre Leser und Endkunden am besten kennt". Das ist ein nicht triviales Vorhaben. Wachsende Diversität in den Zielgruppen macht den Job in den Vertriebs- und Marketingabteilungen noch anspruchsvoller. Jedenfalls wird es nicht reichen, auf eine Auffächerung der Leserschaft in immer spezifischere Kohorten schlicht mit Label-Vermehrung zu reagieren. Wunderräume sind endlich.

Der Sortimentsbuchhandel muss Marken verstehen (abstrakt formuliert, sind Marken nichts anderes als Differenzvorschläge, also Zumutungen beim Sortieren), sonst wird er sie nicht inszenieren helfen. Zu den Kunststücken, die Verlage heute zu vollführen haben, gehört der Balanceakt zwischen der Orientierung an neuen Zielgruppen und der Orientierung des Buchhandels, dessen Freude an Vielfalt wohl ermesslich bleiben wird. Mit der Idee, Marketing und Vertrieb auf der zweiten Ebene der Random-House-Hierarchie besser zu verzahnen, liegt Rathnow deshalb richtig. Warum dann aber in der Führungsspitze ausgerechnet die beiden engsten Funktionsverwandten getrennt verantwortet werden, leuchtet einem nicht sofort ein.