Interview mit Britta Sabbag

"Glaube an dich selbst!"

12. Februar 2019
von Börsenblatt
In ihrem neuen Roman "Blackwood" erhält die Heldin Briefe aus der Zukunft: von sich selbst. Im Interview spricht Autorin Britta Sabbag über die Idee zum Buch - und darüber, wie sie ihren Beruf mit dem Familienleben unter einen Hut bekommt. 

Haben Sie ein Morgenritual? 
Oh ja. Mein Sohn ist anderthalb, ich werde früh geweckt ob ich will oder nicht! Er ist morgens recht schnell aktiv, also sind meine Rituale erst einmal hintenangestellt. Für ihn gibt es Frühstück und für mich in der Hälfte der Fälle einen halben kalten Kaffee, bevor es zur KiTa geht.  

Bei allen Elternfreuden, die Zeit fürs Schreiben wird da sicher kürzer, oder? 
Man wird super effizient! Ich bin bei allem dreimal so schnell wie früher, weil ich gar nicht mehr Rumschludern kann. Anders ist es gar nicht möglich. Mein Sohn sitzt ja nicht in der Ecke und puzzelt, ich muss also super organisiert sein! Früher hatte ich das Motto: Kein Leben vor 10. Heute nutze ich jede Möglichkeit multitaske viel, da geht auch schon mal die ein oder andere Mail an den falschen Empfänger (lacht). 

Aber von Ideen heißt es gerne, dass sie sich nicht erzwingen lassen? 
Ich habe Glück, denn ich muss die gar nicht rufen. Die sind froh wenn sie raus dürfen! Auf meine Ideen kann ich mich verlassen, das war in den ganzen zehn Jahren, die ich schreibe  schon immer so. Heute sind meine Ideen übrigens noch mehr auf Zack: Sie wissen, sie müssen bei der Zeitknappheit jetzt noch schneller raus! 

Wo und wie finden Ihre neue Ideen Sie denn? 
Für mich ist das Meer sehr wichtig. Vor allem die Nordsee! Seit ich vor fünf Jahren in Holland auf die Idee zu “Blackwood” kam, fahre ich dorthin, um neue Geschichten „abzuholen“. Auch die nächste All-Age Idee habe ich dort bekommen. Bei “Blackwood” war es so, dass ein Windstoß mir Meerschaum an die rechte Wange geklatscht hat und genau in diesem Moment traf mich die Idee. Und da war auch dieser Name, den ich vorher nie gehört habe... Unglaublich oder? Mein Partner, der normalerweise wenig euphorisch ist, war auch ganz aufgeregt. Wir haben schnell eine Strandbude gesucht, um das alles aufzuschreiben. Als ich später auf der Landkarte gesehen habe, dass es in England einen Ort namens Blackwood gibt, der direkt auf der anderen Seite des Meers liegt, hatte ich richtig Gänsehaut! Später habe ich aus verschiedenen Gründen Blackwood nach Irland verlegt. Mein Blackwood ist also ein fiktives Örtchen, aber für mich äußerst lebendig!  

Der Roman steckt voller Magie. Sie waren auf Recherchereise in Irland, auf Facebook lässt sich das nachlesen. Schlägt sich dieser Besuch im Buch nieder? 
Oh ja! Die die Magie dieses Ortes nimmt man automatisch auf, wenn man dort ist. Ich könnte jeden Tag einen Post machen mit Geschichten von Leuten, die mir wirklich niemand glauben würde. Die Menschen dort glauben einfach mehr als hier. Können Sie sich vorstellen, wie komisch man hier angeguckt wird, wenn man sagt: „Ich kann die Gartenschuhe noch nicht anziehen, weil ich erst die Gartenelfen rauslassen will?“ Das alles findet sich im Buch wieder.  

Im Buch bekommt ihre Heldin Briefe aus der Zukunft. Von sich selbst. Würden Sie auch gerne so eine Post bekommen? 
Das wäre toll! Ich bin heute 40 Jahre, mit dem Wissen von heute noch einmal 15 zu sein, wäre großartig. Oder auch andersherum: Wenn man sich überlegt: Was würde ich meinem 15-Jährigen Ich schreiben? Ich bin mir sicher: Jeder würde an etwas Stärkendes denken. Allen, denen ich davon erzählt habe, haben nasse Augen bekommen. Früher hat man immer gedacht, all die anderen, die haben das raus mit dem „richtigen“ Leben, weil man es nicht besser wusste. Dabei straucheln alle andere genauso wie man selbst. Es ist dasselbe Gefühl, dass man hat, wenn man heute auf Instagram schaut ... 

StarTrek-Fans wissen, wenn Zeitreisen involviert sind, kann der Plot ganz schön verwickelt sein… Wie war das bei Blackwood? Es gibt ein Foto von ihrer Storyline, bei der Seite an Seite aneinandergeklebt ist - eine meterlange Papierschlange... 
Na ja, es ist wirklich nicht vollkommen verwickelt, aber ich musste schon einen ordentlichen Plan haben und meine Lektorin und ich mussten wissen: Was passiert wann? Es gibt ein paar Plot-Twists, auch einen, auf den Sie garantiert nicht kommen! Aber ich schreibe sowieso nie ins Blaue. Manche Autoren machen das vielleicht, aber ein Plot ist für mich wie ein Navi durch das Buch. Bei “Blackwood” war es auch nötig, weil es viele Figuren gibt und es ja nach vorne und hinten geht. Man darf beim Schreiben nichts aus den Augen verlieren! Diese Storyline zu entwerfen hat aber großen Spaß gemacht, ich habe mit der Lektorin fast sieben Stunden zusammengesessen und wir haben Unmengen Kuchen gegessen. Und dann haben wir uns beide gesagt, dass wir schwanger sind, ist das nicht verrückt? Sie war aber zwei Monate vor mir und wir haben das Projekt zusammen durchgezogen, erst am Ende kam noch eine neue Lektorin dazu. 

 

Im März erscheint der Roman. Die ersten Leseexemplare sind gerade eingetroffen. Wie lange hat der Entstehungsprozess denn gedauert? 
Es war mein längstes Projekt bisher, die Idee hatte ich Pfingsten 2015. Ganze vier Jahre habe ich es rumgetragen, das ist ein Elefantenbaby, könnte man sagen! Es ist auch nicht immer ganz einfach, den Glauben an eine Idee über solch einen langen Zeitraum aufrecht zu erhalten. Das war harte Arbeit, aber es hat sich gelohnt.  

Auch optisch! Ihr Buch leuchtet im Dunkeln … Sind Sie mit der Gestaltung zufrieden? 
Ganz ehrlich - ich war noch nie so verliebt! Man muss dazu sagen, ich habe schon einige Cover-Traumata hinter mir und gehofft und gebetet: ”Bitte, bitte, lass es schön sein!” Ich habe zwei Minuten vor der E-Mail vom Verlag gesessen und nicht gewagt sie zu öffen, und dann habe ich wirklich vor Glück ein paar Tränchen verdrückt. Ich bin dem S.Fischer Verlag sehr dankbar, das Cover trifft genau das, was es ausdrücken soll. Dieses Buch soll natürlich unterhalten, es ist magisch, aber es hat auch einen wichtigen Auftrag. 

Welchen denn? 
Ganz hinten im Buch gibt es eine Stelle für den Leser: Mein Brief an mich selbst. Probieren Sie es aus! Das hat einen Wahnsinnseffekt, etwas unglaublich Versöhnliches. Natürlich wünsche ich mir, dass das Buch ein Erfolg wird, aber ich bin überzeugt davon, dass es auch den Lesern gut tut. Und das ist noch viel wichtiger als die Verkaufszahlen! Ich kann mir vorstellen, dass das einige Menschen brauchen. Viele Blogger haben mir bereits geschrieben, dass sie ihrem jüngeren Ich auch gerne Briefen schreiben würden. Diese persönlichen Nachrichten freuen mich besonders!  

Haben Sie selbst ihrem kindlichen Ich auch geschrieben? 
Ja, und werde den Brief sicher auch noch posten, versprochen! Ich habe meine Schriftstellerlaufbahn unter die Lupe genommen. Es ist ein kleines Wunder, aber es war auch ein schwerer Weg. Ich komme ja aus der Wirtschaft, Businessmanagement und war eine Führungskraft. Als vor zehn Jahren die Firma plötzlich verkauft wurde, hatte ich aber einen irren Glauben, dass das klappt. Obwohl ich in meinem Umfeld niemanden habe, der schreibt, hat mich dieser Glaube durch alle Tiefen gezogen. Und da gab es genügend! Meine Karriere als Schriftstellerin ist wie eine Herzrhythmusstörung, ein Hoch und Runter! Das muss man durchstehen, man ist viel alleine. Für “Blackwood” habe ich meine alten Tagebücher hervorgeholt. In dem mit dem Pferd vorne drauf - da war ich elf Jahre alt - habe ich eine Liste entdeckt: “Die 20 Bestseller von Britta Sabbag”. Damals hatte ich eine Vision, die ich durch Ratschläge von anderen und das Studium erstmal verloren und schließlich im Alter von 30 Jahren wiedergefunden habe. Meinem kindlichen Ich würde ich sagen: Behalte deine Vision! Glaube an dich selbst!