Hans Joachim Schädlich erhält Erich-Loest-Preis

"Gegen die Anmaßung der Macht"

25. Februar 2019
von Börsenblatt
Hans Joachim Schädlich ist gestern mit dem Erich-Loest-Preis 2019 ausgezeichnet worden. Der von der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig im Andenken an den 2013 verstorbenen Leipziger Schriftsteller Erich Loest ins Leben gerufene Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.

"Alle Repressalien, die er erdulden musste, hinderten Hans Joachim Schädlich nie daran, sich in seinen Werken, in der Auseinandersetzung mit historischen Figuren und Stoffen immer gegen die Anmaßung
der Macht zu wenden", würdigte Harald Langenfeld, Vorstand der Medienstiftung und der Sparkasse Leipzig, den Preisträger.  Stimmen wie die von Schädlich seien notwendig: "Fremdenhass, Vertreibung und Flucht sind Themen, mit denen sich auch das Europa der Gegenwart auseinandersetzen muss. Daher brauchen wir umso mehr starke Stimmen, die Missstände aufdecken, die mutig für Freiheit, für Weltoffenheit, für Demokratie, für Humanität einstehen. Die dafür kämpfen – auch in Wort und Schrift."

Den Preis hatte Schädlich vor allem in Würdigung für seinen Roman "Felix und Felka" erhalten. Er habe versucht, die letzten Lebensjahre von Felix Nussbaum und Felka Platek literarisch darzustellen, sein Roman sei "ein Versuch, die beiden für mich – und vielleicht für andere – lebendig zu machen", sagte Schädlich. Er verstehe die Entscheidung der Jury als "ein starkes Zeichen gegen Antisemitismus und antijüdische Hetze". Er beobachte, wie der Antisemitismus 70 Jahre nach dem Holocaust in der deutschen Bevölkerung lauter werde und sich Fremdenfeindlichkeit ausbreite. In Anlehnung an Max Mannheimer
erinnerte er die jüngeren Generationen an ihre Verantwortung, dafür zu sorgen, dass sich ein Völkermord wie der an den europäischen Juden nicht wiederholt.

Zum Preisträger:
Hans Joachim Schädlich wurde 1935 in Reichenbach im Vogtland als Sohn eines Kaufmanns geboren, wo er zunächst auch die Volksschule besuchte. Von 1954 bis 1959 studierte er Germanistik und Linguistik an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie an der Universität Leipzig, wo er 1960 mit einer Arbeit zur Phonologie des Ostvogtländischen promoviert wurde. Anschließend war Schädlich wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin, bis er wegen seines Protests gegen
die Biermann-Ausbürgerung seines Postens enthoben wurde. 1977 wurde seinem Ausreiseantrag in die Bundesrepublik stattgegeben, wo er seit 1979 in West-Berlin lebt. Ende der 1960er Jahre legte Schädlich erste literarische Texte vor, die jedoch in der DDR nicht veröffentlicht werden konnten. 1986 erschien sein erster Roman "Tallhover", mit dem er sich im bundesdeutschen Literaturbetrieb etablierte. Zahlreiche Romane, Erzählbände, Essays und Aufsätze folgten, zuletzt "Felix und Felka".

Zum Preis:
Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird von der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig im Andenken an den Schriftsteller Erich Loest alle zwei Jahre vergeben. Erich Loest war den Stiftungen der Sparkasse zeitlebens eng verbunden – als Gründungsmitglied der Medienstiftung und als Mäzen der Kultur- und Umweltstiftung, der er seinen literarischen Nachlass übereignete. Der Preis würdigt Autoren, die die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in Deutschland nicht nur beschreiben, sondern mit ihrer Stimme den demokratischen Diskurs mitgestalten. Zudem sollen die Preisträger dem mitteldeutschen Raum verbunden sein. Erster Preisträger war 2017 Guntram Vesper.