Ideenfabrik der Unabhängigen

"Miteinander geht es besser"

9. März 2019
von Börsenblatt
30 Buchhändlerinnen und Verlegerinnen haben heute in Frankfurt Möglichkeiten zur Zusammenarbeit der Unabhängigen ausgelotet. Eine Kernfrage war: Welche Form ist am erfolgversprechendsten für den Erstkontakt?

Es seien manchmal die alltäglichen Dinge, die das gegenseitige Verständnis beförderten, sagte Irene Nehen von der Bremer Buchhandlung Otto Melchers: „Wenn ein Verleger einmal drei Tage in einer Buchhandlung mitarbeitet und zum Schluss ein Schaufenster dekoriert oder eine Buchhändlerin eine Vorschau mitgestaltet, verändert das Sichtweisen – weil man den Alltag des Anderen kennenlernt.“ Sewastos Sampsounis vom Größenwahn Verlag fand die Anregung auf Anhieb plausibel – und sprach Nehen in der Kaffeepause an, ob er drei Tage in die Buchhandlung Melchers kommen könne.

Ausführlich diskutierten die 30 Teilnehmer im Haus des Buches, wie denn die für Buchhändler angenehmste und damit für die Verleger erfolgversprechendste Form des Erstkontakts aussieht. E-Mails werden aufgrund der Fülle oft nicht gelesen und weggeklickt; die erste Hürde, die ein Verlag zu überwunden hat, ist der unbekannte Verlagsname, die zweite Hürde eine unklar formulierte Betreffzeile, so der einhellige Befund. „Papier mahnt uns immer noch, gelesen zu werden“, konstatierte Sabine Hunzinger von der Buchhandlung am Markt in Bad Urach, „mir hilft ein persönliches Anschreiben und ein Leseexemplar bei der Beurteilung des Verlags und damit der Frage, ob wir zusammenkommen können.“ Bestimmte Titel, so auch andere Sortimenterinnen, überzeugten relativ schnell durch die Haptik und den Inhalt. Als nur sehr bedingt erfolgversprechend erscheint ein Anruf im Laden: „Da kommt es stark darauf an, in welcher Situation man den Buchhändler erwischt“, meinte David Groebner von der Buchhandlung Ulenspiegel in Fulda, „oft stehen dann gerade fünf Kunden vor der Kasse.“

Annette Sievers vom Peter Meyer Verlag und Sewastos Sampsounis berichteten, dass sie bei der „Schaufenster Hessen“-Aktion mit den E-Mails nicht so viel Resonanz bekommen hätten, deshalb hätten sie den Buchhändlern hinterher telefoniert. Und häufig zu hören bekommen: „Mir ist keine Mail aufgefallen, wann sollte das gewesen sein?“ Sechs Verlage hätten für diese Aktion viel Zeit und Energie hineingesteckt – aber nur 20 Buchhändler seien zu der hessenweiten Schaufenster-Veranstaltung gekommen und die Verkäufe seien sehr überschaubar gewesen. Eine Erfahrung, die auch andere Verlage gemacht haben. „Das Ladengeschäft bindet oft so viele Kapazitäten, und dann stehen die lokalen Anforderungen und Aktivitäten erstmal im Vordergrund“, war ein Erklärungsansatz von Sortimenter David Groebner.

Ein Ort des Erstkontakts könnten auch Vertreterbörsen werden, bei denen sich zwei unabhängige Verlage kurz vorstellen könnten, spann Sabine Hunzinger den Faden weiter. Da seien die Buchhändler zu arg getaktet, befand Irene Nehen. Wenn man die Vertreterbörse etwas anders konzipieren könnte, so die Überlegung der Runde, wäre vermutlich schon etwas Raum für zwei kleinere Verlage.

Um für den Erstkontakt zunächst einmal eine Einschätzung von der Buchhandlung zu bekommen, sei für Verleger die Homepage von Interesse, führte Annette Sievers aus. „Aber auf den Webshops der Barsortimente bespielen Buchhändler oft nicht die Rubrik „Über uns“ oder stellen keine Fotos vom Laden dazu. Dann ist eine Einschätzung schwierig.“ Hingewiesen wurde auch auf die bislang 371 Buchhandlungsaktionen auf boersenblatt.net, „da erfährt man etwas über das buchhändlerische Engagement.“ „Ich hole mir da öfter Ideen“, meinte Katrin Röttgen von BuchMeyer in Reinheim. Ebenso wurde auf die Buchhandelstreff-Gruppe auf facebook hingewiesen.

Verlagsabende als Möglichkeit für einen kleineren Verlag, sich in der Buchhandlung vorzustellen, nannte David Groebner als weitere Form der Zusammenarbeit: „Die Bücher stehen dann einen Monat im Fokus im Laden". Verleger Sampsounis hat eine Woche lang Verlagsabende durchgeführt – „aber das bedeutet eben auch, eine Woche unterwegs zu sein.“

Ein Ort des Erstkontakts könnten auch Vertreterbörsen werden, bei denen sich zwei unabhängige Verlage kurz vorstellen könnten, spann Sabine Hunzinger den Faden weiter. Da seien die Buchhändler zu arg getaktet, befand Irene Nehen. Wenn man die Vertreterbörse etwas anders konzipieren könnte, so die Überlegung der Runde, wäre vermutlich schon etwas Raum für zwei kleinere Verlage. Viele weitere Ideen wurden genannt und letztlich, so die Meinung der Runde, müssen die Produkte überzeugen – vor allem Aktionen jenseits der üblichen Formate überraschen.

Gemeinsam an einem positiven Image arbeiten, war ein Anliegen der Teilnehmer. „Zu oft werden wir als Dinosaurier wahrgenommen“, stellte Katrin Röttgen von BuchMeyer in Reinheim fest. „und dann wird viel über negative Entwicklungen berichtet. Wir wünschen uns, dass das Positive mehr gesehen wird und eine optimistischere Pressearbeit für das Buch gemacht wird.“

Nicht nur in den Arbeitsgruppen und im Plenum, auch in den Pausen wurde angeregt diskutiert und manch neue Idee skizziert. Buchhändlerin Irene Nehen fasste am Ende zusammen: „Eines ist klar: Ohne einander geht es nicht“, worauf Verlegerin Ulrike Helmers spontan ergänzte: „und miteinander geht es besser!“ – ein klares Resümee dieses Tages.