Die Sonntagsfrage

"Was nutzt ein runder Geburtstag, Frau Klinkenberg?"

5. April 2019
von Börsenblatt
Die Marga Schoeller Bücherstube in Berlin feiert in diesem Jahr 90. Geburtstag. Die Feierlichkeiten orchestriert Ruth Klinkenberg, die 1972 als Mitarbeiterin in die Buchhandlung eintrat, 1979 Mitgeschäftsführerin wurde und inzwischen Alleingeschäftsführerin und Mitgesellschafterin der Bücherstube ist. Wie wird gefeiert? Und was nutzt so ein Jubiläum?

Anfang November werden wir in unserer Buchhandlung mit zahlreichen Kunden und Autorinnen, Kollegen und Freundinnen ein Fest feiern. Aber wir nehmen einen langen Anlauf und schenken uns zunächst selbst einen neuen Teppichboden und einen Auslagetisch auf Rollen, damit wir in unserem zentralen Verkaufsraum zu Lesungen mehr Gäste unterbringen können. Mit unserem Jubiläumsprogramm haben wir bereits begonnen. Am 19. März stellte zum Start Durs Grünbein in einer Berliner Premiere sein jüngstes Buch »Aus der Traum (Kartei)« vor, eine Woche später las die chinesische Autorin Luo Lingyuan aus ihrem neuen Roman »Die chinesische Orchidee«. Eine Reihe weiterer Lesungen und Veranstaltungen werden in diesem Jahr folgen.

Wir haben unsere Kundinnen und Kunden darum gebeten, selbst Bücher zu empfehlen. Dazu haben wir einen blauen Bilderrahmen in unserem Hauptschaufenster installiert, in dem diese Buchempfehlungen veröffentlicht werden. Bis zum Ende des Jahres werden sich die Empfehlungen wöchentlich abwechseln. Ferner wird es ein Schaufenster-Gewinnspiel für unsere Kunden geben.

Schließlich wird zu unserer Jubiläumsfeier eine Festschrift erscheinen, die so konzipiert ist, dass sie über den Tag hinaus Bestand haben wird. Die Ideen dazu sammeln alle Mitarbeiterinnen zusammen. Es soll eine kleine Firmengeschichte geben, aber auch Beiträge von Kundinnen und Kunden zu unterschiedlichen Themen, die allerdings direkt mit unserer Buchhandlung in Zusammenhang stehen.

Was bringt die Party?

Werbewirkung, Relevanzsicherung, Kundenbindung, Selbstbestätigung: Ein derartiges Firmenjubiläum – wir sind inzwischen die älteste bestehende Buchhandlung in Charlottenburg – schenkt uns die Möglichkeit, aus nachvollziehbarem Grund und ohne Aufdringlichkeit auf uns aufmerksam zu machen. Wir hören seit Jahren von unseren Kunden, wie froh sie sind, dass es uns nach wie vor gibt und viele betrachten sich gerne als unsere Stammkunden. Das ist bei der beachtlichen Geschichte unserer Buchhandlung ja auch nachvollziehbar. In unseren Gästebüchern, die wir wie einen Schatz hüten, finden sich illustre Namen: Bertolt Brecht, Erich Kästner, George Grosz, Gustaf Gründgens, Max Frisch, Elias Canetti … Sie und viele andere zählten zu unseren Kunden. Was unsere aktuellen Kundinnen und Kunden betrifft, da möchte ich lieber diskret sein und keine Namen nennen.

Warum nicht noch zehn Jahre warten und den 100. Geburtstag feiern? Das ist ja noch so lange hin – und zumindest ich werde dann nur noch als Gast dabei sein können. Nein, wir feiern unsere Geburtstage gerne, haben das in den vergangenen Jahrzehnten immer gern getan und wollen den 90. nicht auslassen!