Interview mit Bernd Adam, Geschäftsführer Deutsche Fachpresse

"Veränderungsbereit sein"

10. Mai 2019
von Börsenblatt
Fachmedien sind 2018 gewachsen, vor allem digital. Thema des Fachpresse-Kongresses am 22. und 23. Mai in Berlin wird sein, wie sich die Anbieter in der digitalen Transformation beweglicher aufstellen. Einschätzungen von Bernd Adam, Geschäftsführer der Deutschen Fachpresse.

Wie hat sich die Deutsche Fachpresse 2018 wirtschaftlich entwickelt? Sind die Umsätze weiter gestiegen?
Die deutschen Fachmedienanbieter entwickeln sich nach wir vor gut. Sie konnten ihre Umsätze im zurückliegenden Jahr in einem anspruchsvollen Wettbewerbsumfeld nochmals um 1,1 Prozent auf gut 7,73 Milliarden Euro steigern. Die Fachmedienanbieter profitieren sehr stark davon, dass sie mit strategischem Weitblick ihr Produktportfolio konsequent erweitern. Neben den digitalen Medien sind aktuell eher neue Geschäftsbereiche wie Veranstaltungen und Messen sowie Dienstleistungen die Wachstumstreiber.

Liegt Print weiter vorn?
Print hat im Gesamtportfolio mit 53,7 Prozent weiterhin den größten Anteil am Fachmedienumsatz. Wir beobachten aber auch seit Jahren eine konstante Veränderung der Umsatzstruktur zugunsten digitaler Angebote. Im Jahr 2018 lag der Printumsatz 2,5 Prozent unter Vorjahresniveau.

Nimmt die Wachstumsdynamik bei den digitalen Produkten weiter zu?
Die Wachstumsdynamik setzt sich bei den digitalen Produkten fort, ist aber aus den prozentualen Zunahmen allein nicht mehr ersichtlich, da sich die absoluten Umsätze inzwischen mit 2,56 Milliarden Euro auch auf einem relativ hohen Niveau bewegen. In 2018 konnten digitale Produkte erneut um 6,1 Prozent wachsen und erreichten einen Umsatzanteil von insgesamt 33,1 Prozent. Produktarten und Erlösmodelle, wie beispielsweise Werbung oder Bezahlinhalte, variieren stark. Mit der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt beobachten wir auch ein deutliches Wachstum im Bereich Workflow-Lösung. Übrigens eine Kategorie, die wir schon seit einigen Jahren bei unseren Fachmedien-Awards auszeichnen.

Spielt das Fachbuch noch eine Rolle?
Ja, das Fachbuch spielt nach wie vor eine große Rolle. Zunächst einmal als Medium, denn aktuelle Diskussionen um das Lernen zeigen, dass die Wissensaufnahme über Printmedien für unser Gehirn sehr gut funktioniert. Hierzu wird es auch auf dem kommenden Fachpresse-Kongress einen spannenden Vortrag von Niels Peter Thomas geben. Zum Zweiten geht es um das Prinzip Fachbuch, das in vielen digitalen Formaten, wie beispielsweise Datenbanken, weiterhin erfolgreich ist. Diese Umsätze sind in der Fachpressestatistik bei den digitalen Produkten enthalten.

Digitale Transformation ist nach wie vor das beherrschende Thema, auch auf dem diesjährigen Fachpressekongress #move. Es verändern sich Prozesse, die Unternehmensorganisation wird angepasst – doch der Wandel muss sich zuerst in den Köpfen vollziehen. Welches Mindset braucht man heute als Entscheider in einem Fachverlag?
Man muss bereit sein, sich auf Veränderungen einzulassen, Neues zu entdecken und die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Loslassen und Verantwortung übertragen gehört definitiv auch dazu, denn in der heutigen komplexen und eng getakteten Welt, funktioniert eine zentrale, hierarchische Steuerung nur noch schlecht.

Wie verändert sich die Art der Zusammenarbeit im Unternehmen?
Fachmedienhäuser sind heute viel agiler und durchlässiger aufgestellt als in der Vergangenheit. Das setzt viel Potenzial frei, motiviert die eigenen Mitarbeiter und steigert die Arbeitgeberattraktivität. Es ermöglicht auch, schneller auf Marktentwicklungen zu reagieren. Über 50 Prozent der Fachmedienhäuser konnten in den letzten fünf Jahren die Time-to-Market reduzieren, ein Viertel sogar um mindestens die Hälfte. Und knapp die Hälfte der Fachmedienanbieter setzt bereits aktiv agile Methoden wie Design Thinking, Scrum oder ähnliches ein.

Wie verändert sich die Kommunikation von Verlag und B2B-Kunden?
Kundenzentrierung steht im Mittelpunkt aller Aktivitäten. Um die Kundenwünsche zu erfassen, sind digitale Tools enorm hilfreich. Sowohl im Inhalte- wie auch Werbebereich werden die Kunden anspruchsvoller. Inhaltlich wollen Kunden punktgenaue, hochwertige Lösungen zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Und auch in der B2B-Kommunikation werden immer mehr Kommunikationslösungen nachgefragt, statt isolierter Medialeistungen.

Was kann die Fachpresse von jungen Unternehmern – Stichwort: Generation Y – lernen?
Man kann von jeder Generation lernen, indem man deren Blick auf die Welt aufnimmt und das Unternehmen für neue Ideen offen hält. In der kürzlichen Gründungssitzung unserer Arbeitsgruppe Unternehmenskultur sprachen alle Teilnehmer davon, dass die Generation Y als Arbeitnehmer eine sinnstiftende Tätigkeit suche und bei Arbeitgebern hierauf eine Antwort erwarte. Angesichts konstanter Veränderungen, auch gerade in unserer Branche, ist diese Frage zur Unternehmenskultur doch schon ein sehr guter Impuls: Für was stehen wir eigentlich und warum tun wir das, was wir tun?

Die Fragen stellte Michael Roesler-Graichen.

Informationen zum Kongress finden Sie hier.