Preisverleihung am 24. November in Berlin

Kleist-Preis an Ilma Rakusa

10. Mai 2019
von Börsenblatt
Die Schweizer Schriftstellerin Ilma Rakusa erhält den Kleist-Preis 2019 der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft. Das hat die Autorin Yoko Tawada als Vertrauensperson der Jury entschieden. Die Auszeichnung ist mit 20.000 Euro dotiert.

"Ilma Rakusa ist eine geborene Kosmopolitin und Europäerin; sie verkörpert in einzigartiger Weise den Typ einer femme de lettres, wie er heute kaum noch anzutreffen ist: Dichterin, Literaturwissenschaftlerin, Übersetzerin (aus vier Sprachen), Kritikerin, polyglotte Intellektuelle", heißt es in der Mitteilung der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft .

Rakusa wurde 1946 als Tochter einer Ungarin und eines Slowenen in der Slowakei geboren, verlebte sie ihre frühe Kindheit in Ljubljana, Budapest und Triest und wuchs in Zürich auf, wo sie bis heute lebt − wenn sie nicht auf Reisen ist, vorzugsweise im Osten Europas. Schon bevor der literarische Osten Europas nach der Wende ins Blickfeld des hiesigen Literaturbetriebs rückte, habe Rakusa mit ihren kongenialen Übersetzungen und Essays dafür gesorgt, dass die Literatur russischer, ungarischer und serbokratischer Autoren hierzulande gelesen und geschätzt wird. Die deutsche Rezeption von Schriftstellern wie Marina Zwetajewa, Danilo Kiš, Péter Nádas und Imre Kertész sei wesentlich durch ihre sprachlich einfühlsamen Übersetzungen geprägt. Am Erfolg der Romane von Marguerite Duras hätten Rakusas Übersetzungen aus dem Französischen einen maßgeblichen Anteil.

Als Schriftstellerin trat sie sowohl mit Gedichten als auch mit Prosa hervor, wobei in ihrer Prosa häufig poetische sprachliche Mittel der Lyrik (wie Alliterationen, Form- und Rhythmuswechsel) begegnen. Einem größeren Leserkreis wurde Ilma Rakusa 1982 mit dem vielbeachteten Kurzroman "Die Insel" bekannt, der in mikroskopischer Weise die Bearbeitung einer Trennung als Zwiesprache des verlassenen Mannes gestaltet. Es folgten erfolgreiche Erzählbände. Als herausragendes literarisches Ereignis wurde ihr Buch "Mehr Meer" (2009) mit autobiographischen "Erinnerungspassagen" gefeiert. Im Herbst 2019 wird bei Droschl ein neuer Band mit Gedichten, Erzählungen und Gesprächen von ihr erscheinen ("Mein Alphabet").

Ilma Rakusa ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und für ihre Werke − erschienen bei Suhrkamp bzw. im Literaturverlag Droschl −, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden: Darunter der Petrarca-Preis für Übersetzungen, der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung, der Chamisso-Preis, der Schweizer Buchpreis oder der Berliner Literaturpreis.

Preisverleihung

Der Kleist-Preis wird Ilma Rakusa am 24. November in Berlin während einer Matinée im Deutschen Theater übergeben. Die Laudatio hält die Schriftstellerin Yoko Tawada, die selbst 2016 mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet wurde. Sie hat – als von der Jury der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft gewählte Vertrauensperson – Ilma Rakusa in alleiniger Verantwortung, der Tradition des Kleist-Preises gemäß, zur Preisträgerin des Jahres 2019 bestimmt.

Die Jury des Kleist-Preises bestand diesmal aus Andrea Bartl (Universität Bamberg), Günter Blamberger (Universität zu Köln), Florian Borchmeyer (Dramaturg Schaubühne Berlin), Gabriele Brandstetter (Freie Universität Berlin), Florian Hoellerer (Literarisches Colloquium Berlin), Michael Maar (freier Autor Berlin) und Sigrid Weigel (Zentrum für Literaturforschung Berlin).

Zum Preis

Der Kleist-Preis ist mit 20.000 Euro dotiert. Das Preisgeld geben die Holtzbrinck Publishing Group, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie die Ministerien für Wissenschaft, Forschung und Kultur der Länder Berlin und Brandenburg.

Der Kleist-Preis hat eine lange Tradition. In den 10er und 20er des letzten Jahrhunderts wurden unter anderem Hans Henny Jahnn, Bertolt Brecht, Robert Musil oder Anna Seghers ausgezeichnet. Nach der Wiederbegründung des Preises 1985 hießen die Preisträger u.a. Alexander Kluge, Thomas Brasch, Heiner Müller, Ernst Jandl, Monika Maron, Herta Müller, Hans Joachim Schädlich, Martin Mosebach, Gert Jonke, Daniel Kehlmann, Wilhelm Genazino, Arnold Stadler, Sibylle Lewitscharoff, Navid Kermani, Marcel Beyer, Monika Rinck, Yoko Tawada und zuletzt, 2018, Christoph Ransmayr.