Karin Plötz empfiehlt Fußball-Bücher

Charmantes Schlitzohr

31. Mai 2019
von Börsenblatt
Die LitCam-Direktorin Karin Plötz stellt jeden Monat ein aktuelles Fußball-Buch vor. Diesmal die Biografie des ältesten aktiven Spielers in der Bundesliga: Claudio Pizarro − der auch in der kommenden Saison für "seinen" Verein Werder Bremen auflaufen wird.

Die Bundesligasaison ist vorbei. Bayern München hat mal wieder das Double gewonnen. Aktuell ist aber noch nicht ganz daran zu glauben, dass Trainer Kovac bleibt (obwohl Rummenigge und Hoeneß mehr oder weniger versicherten, dass er auch in der nächsten Saison auf der Bank der Bayern sitzt).

Entschieden wurde aber Mitte Mai bereits eine andere Personalie: Claudio Pizarro hat seinen Vertrag bei Werder Bremen verlängert und hängt noch ein weiteres Jahr als aktiver Fußballer dran. Als diese Nachricht via Videobotschaft verkündet wurde, ging ein Jubel durchs Weserstadion, als hätte Werder gerade das Siegtor zur Meisterschaft geschossen.

Claudio Pizarro ist der älteste aktive Spieler der Bundesliga und brach am 16. Februar 2019 den Rekord für den ältesten Torschützen in der Bundesliga. Rekordtorschütze bei Werder Bremen ist er außerdem. Und er entscheidet auch mit 40 Jahren noch wichtige Spiele, so z.B. mit seinem Tor im Pokalspiel von Werder Bremen gegen Borussia Dortmund.

Was macht Pizarro so einzigartig? Warum lieben ihn die Fans so sehr, dass schon das Gerücht, dass Pizarro nach Werder Bremen zurückkehrt, ganze Heerscharen von Fans zum Flughafen zog, um ihn gebührend zu empfangen?

Einen Einblick in das Leben des beliebtesten ausländischen Spielers der Bundesliga gibt der Journalist und Werder Bremen-Fan Reimar Paul in seinem Buch “Pizarro” (Verlag Die Werkstatt). Er beschreibt die verschiedenen Lebensphasen von Claudio Pizarro anhand von kleinen Anekdoten sowie Berichten und Interviews von Wegbegleitern.

Geboren in Callao in Peru als Sohn des Marineoffiziers Claudio Pizarro Dávila und dessen Frau Patricia Bosio wächst der sportbegeisterte Claudio in Lima auf. Als er vom peruanischen Fußballverband in den nationalen U17 Kader berufen wird und am 5. Mai 1995 sein erstes Spiel für die Nachwuchsmannschaft macht, ist seine Entscheidung, Profifußballer zu werden, gefallen.

Entdeckt wird Claudio Pizarro 1999 von Jürgen L. Born, ehrenamtlicher Vorsitzender der Geschäfts-führung bei Werder und für das Südamerikageschäft der Deutschen Bank zuständig. Born war vom jungen peruanischen Spieler begeistert und überzeugte den Werder-Manager Allofs, den 20-jährigen Pizarro zu verpflichten. Um auch Pizarro, seine Familie und Berater zu überzeugen, waren viel Pisco und Standhaftigkeit nötig.

Bei Werder spielte Pizarro so gut, dass Bayern München auf ihn aufmerksam wurde. Von 2001 bis 2007 spielte der Stürmer in München. Dort erhielt wegen seiner Eskapaden – etwa Fahren unter Alkoholeinfluss und legendäre Discobesuche – den Spitznamen "Don Promillo". Bei der zweiten Bayernphase 2012 – 2015 hatte sich seine Einstellung schon geändert und sein damaliger Trainer Jupp Heynckes urteilt über ihn: "Er ist ein Schlitzohr. Aber bei mir immer leistungswillig, professionell und leistungsstark. Dazu ein großartiger Charakter, für eine Mannschaft immer ein positives Element."

Werder Bremen bleibt aber seine "Fußball-Heimat". Mit Zwischenstationen in Bayern, Chelsea und Köln kehrt er insgesamt viermal zu Bremen zurück. In Bremen ist er mittlerweile eine "Legende". Sein Trikot ist der meistverkaufte Fanartikel in Bremen.

Pizarro, der als kompletter Stürmer gilt, beidfüßig mit guter Technik, kopfballstark und gedankenschnell, konnte in seiner 20-jährigen Laufbahn auch zahlreiche Erfolge erzielen, z. B. Club-Weltmeister 2013, Weltpokalsieger 2001, Champions League Sieger 2013, 6 x deutscher Meister, 5 x DFB-Pokalsieger.

Bis zum Beginn der Bundesliga-Saison 2019/20 können Fußballfans, insbesondere von Werder Bremen, die fußballfreie Sommerpause z.B. mit diesem Buch von Reimar Paul über den ältesten und charmantesten Bundesligaspieler überbrücken.

Eine treffende Beschreibung Pizarros aus einem Bremen-Spielbericht von Ralf Wiegand möchte ich als Abschluss noch hinzufügen: "Bei seinem ersten Einsatz am 28. August 1999, dritter Spieltag Bundesliga, in Berlin, war es lediglich eine Ahnung, was der Kerl aus Lima können könnte. Heute, nach 296 Pflichtspieltoren für vier Vereine und die peruanische Nationalmannschaft, nach 749 Einsätzen und knapp 20 Jahren als Profifußballer, ist es Gewissheit: Passt auf diesen Typen auf. Der kann alles. Aura nennt man das. 'Dafür bin ich da', sagte Claudio Pizarro später, und auf seinen Lippen lag dieses Lächeln, das ihn schon seine ganze Karriere über begleitet."

Bibliografie

Reimar Paul:
"Pizarro. Die Biografie"
Die Werkstatt
200 S., 19,90 Euro
ISBN 978-3-7307-0451-6