Wirtschaftspressekonferenz des Börsenvereins

"Das Jahr 2018 markiert einen Wendepunkt in der Buchbranche"

6. Juni 2019
von Börsenblatt
Die Zahl der Buchkäufer ist um 300.000 Menschen gestiegen, der Branchenumsatz stabil geblieben, mit kräftig steigender Tendenz für 2019: Der Börsenverein hat heute bei seiner Wirtschaftspressekonferenz in Frankfurt am Main das Branchenjahr 2018 bilanziert.

Neue Zugänge zu den Lesern, bessere Orientierung im Buchangebot: Die Buchbranche arbeitet offenbar erfolgreich an neuen Wegen, um Menschen für Bücher zu begeistern. Die Marktzahlen jedenfalls zeigen erste positive Entwicklungen: Verlage und Buchhandlungen konnten 2018 rund 300.000 Buchkäuferinnen und -käufer zurückgewinnen. Die Branche hat 2018 ihren Umsatz gehalten und ist mit Zuwächsen ins Jahr 2019 gestartet. Diese und weitere Wirtschaftszahlen der Buchbranche stellte der Börsenverein heute im Frankfurter Haus des Buches vor (die gesamte Präsentation steht unter dem Beitrag als Download zur Verfügung).

Wieder mehr Buchkäufer

Die Zahl der Buchkäufer in Deutschland ist 2018 erstmals seit 2012 wieder gestiegen: 29,9 Millionen Menschen ab 10 Jahren erwarben 2018 mindestens ein Buch (2017: 29,6 Millionen).

Die größten Zuwächse zeigen sich in den Altersgruppen, in denen in den vergangenen Jahren am meisten Käufer verloren gegangen sind:

  • In der Altersgruppe zwischen 20 und 29 Jahren stieg die Zahl der Käuferinnen und Käufer um 15,2 Prozent,
  • bei den 30- bis 39-Jährigen um 15,8 Prozent, bei den 40- bis 49-Jährigen um 2,2 Prozent.

Auch der Branchenumsatz stabilisierte sich:

  • 2018 lag der Umsatz der Buchbranche mit 9,13 Milliarden Euro auf demselben Niveau wie im Vorjahr.
  • In den ersten fünf Monaten 2019 stieg der Umsatz in den zentralen Vertriebswegen um 4,1 Prozent, der Absatz um 1,7 Prozent.

Drei Einschätzungen aus dem Börsenverein

"Das Jahr 2018 markiert einen Wendepunkt in der Buchbranche. Die Beschäftigung mit den Ergebnissen unserer Studie "Buchkäufer – quo vadis?" (mehr dazu hier) hat Bewegung bei Verlagen und Buchhandlungen ausgelöst", so Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, bei der Wirtschaftspressekonferenz. "Die von uns befragten Buch-Abwanderer gaben unisono an, Bücher und das Lesen sehr zu schätzen; im Stress des Alltags und unter dem ständigen Druck reagieren zu müssen, insbesondere bei Social Media, gerät das Lesen jedoch aus dem Fokus."

Neben der Zeit mangele es den Befragten an Kontaktpunkten zum Buch und an Orientierung im Bücherangebot. Diese Erkenntnisse habe in der Branche das Bewusstsein geschärft, dass eine neue Art der Kundenansprache nötig sei, berichtete Skipis.

"Verlage und Buchhandlungen bauen ihre Nähe zum Kunden aus und entwickeln neue Maßnahmen, um Menschen für Bücher zu begeistern. Dazu zählen neue Ladenkonzepte, kreative Veranstaltungsformate, Social-Media-Aktionen, neue Erzählformate und innovative Verlagsprogramme. Daneben arbeiten wir branchenweit an Lösungen für ein modernes, kundenfreundliches Orientierungssystem im Buchhandel sowie daran, das Image des Bücherlesens zu verbessern", machte Skipis deutlich.

Der Buchmarkt ist trotz steigender Medienkonkurrenz stabil: Das betonte auch Vorsteher Heinrich Riethmüller. "Verlage und Buchhandlungen gestalten die Medienentwicklung mit: Das Online-Geschäft des Buchhandels gewinnt weiter an Bedeutung. Den stationären Buchhandel beschäftigen weiterhin steigende Mieten, die allgemeine Innenstadtentwicklung und Probleme bei der Nachfolgesuche. Buchhändler erproben neue Laden- und Veranstaltungskonzepte, um potenzielle Käuferinnen und Käufer anzusprechen und als Kundinnen und Kunden zu gewinnen."

Die positive Marktentwicklung zeigt sich auch beim E-Book. "Digitale Bücher verzeichneten im vergangenen Jahr deutliche Zuwächse", bilanzierte Matthias Heinrich, Schatzmeister des Börsenvereins: "Die Branche konnte auch beim E-Book Käuferinnen und Käufer zurückgewinnen, es stiegen Absatz und Umsatz. Das zeigt, dass sich das E-Book im Publikumsmarkt als weitere Darreichungsform etabliert und noch Steigerungspotenzial hat."

KNV-Insolvenz und EU-Urheberrechtsreform

Im laufenden Jahr sieht sich die Buchbranche vor wichtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufgaben. Alexander Skipis: "Gespannt erwartet die Branche, wie es nach der Insolvenz des Großhändlers KNV weitergeht. Wir sind optimistisch, dass durch eine erfolgreiche Restrukturierung des Unternehmens die leistungsstarke und vorbildliche Logistik der Buchbranche erhalten werden kann."

Auf politischer Ebene sei es für die Branche maßgeblich, die Beteiligung der Verlage an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaft wiederherzustellen, sagte Skipis. "Nach der positiven Entscheidung des EU-Parlaments für die EU-Urheberrechtsreform benötigen wir schnellstmöglich eine nationale Umsetzung, damit Verlage endlich wieder sicher kalkulieren können."

Einen wichtigen Auftrag sehe die Buchbranche auch 2019 in der Förderung der Meinungsfreiheit und Debattenkultur. "Verlage und Buchhandlungen leisten einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Freiheit des Wortes und zum gesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess", so Skipis. "Wir unterstützen diese Aufgabe etwa mit dem Deutschen Sachbuchpreis (mehr dazu hier), mit dem wir die gesellschaftliche Debatte über wichtige Themen anregen und fördern wollen. Hier kann der Buchhandel vor Ort eine bedeutende Rolle spielen."

Umsatz 2018: Vertriebskanäle und Warengruppen

Der stationäre Buchhandel bleibt mit 4,27 Mrd. Euro Umsatz und einem Anteil von 46,8 Prozent am Gesamtmarkt der größte Vertriebsweg für Bücher. Der Umsatz in den Läden vor Ort ging im Vergleich zum Vorjahr um 0,7 Prozent zurück.

Weiter steigend ist der Umsatz des Internet-Buchhandels, unter den auch das Online-Geschäft der stationären Händler fällt: Über die Online-Shops machte der Buchhandel mit 1,78 Mrd. Euro 4 Prozent mehr Umsatz als 2017. Der Umsatzanteil des E-Commerce am Gesamtmarkt stieg auf 19,5 Prozent. Das Direktgeschäft der Verlage, unter anderem mit Unternehmen und staatlichen Institutionen, lag 2018 mit 1,92 Milliarden Euro leicht unter Vorjahresniveau (-1,2 Prozent, Umsatzanteil: 21,0 Prozent).

Bei den Warengruppen verzeichnete das Sachbuch mit 5,5 Prozent den stärksten Umsatzzuwachs. Es machte 2018 10,6 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Ebenfalls aufwärts ging es für Kinder- und Jugendbücher (+3,2 Prozent, Umsatzanteil: 16,6 Prozent).

Die mit 31,5 Prozent Umsatzanteil stärkste Warengruppe, die Belletristik, lag mit einem Minus von 0,9 Prozent leicht unter Vorjahresniveau. Ebenfalls Einbußen verzeichneten die Warengruppen Ratgeber (-1,2 Prozent, Umsatzanteil: 14,0 Prozent) und Reise (-3,2 Prozent, Umsatzanteil: 5,7 Prozent).

Titelproduktion, Übersetzungen, Lizenzen

Weiterhin rückläufig ist die Titelproduktion der Verlage. Die Zahl der Erstauflagen ging von 72.499 Titeln (2017) auf 71.548 Titel zurück. Nach einem Anstieg in 2017 ging die Zahl der neuen Titel in der Belletristik wieder zurück und lag bei 13.879 (2017: 14.273).

Mehr Neuerscheinungen gab es bei Sachthemen wie den Sozialwissenschaften (12.734 neue Titel, 2017: 12.218) oder Geschichte und Geografie (6.956 neue Titel, 2017: 6.757).

Der Anteil der Übersetzungen an den Erstauflagen blieb nahezu unverändert bei 13,7 Prozent. Analog zur Titelproduktion insgesamt lag auch die Zahl der übersetzten Titel mit 9.803 etwas unter Vorjahr (9.890). Die wichtigsten Ausgangssprachen bleiben Englisch, Französisch und Japanisch.

Der Lizenzverkauf ins Ausland blieb auf hohem Niveau stabil bei 7.844 Titeln (2017: 7.856 Titel). Den größten Anteil hatten wieder die Kinder- und Jugendbücher mit 36,8 Prozent, allerdings ging die Zahl der Lizenzen in diesem Bereich zurück (-5,0 Prozent auf 2.886).

In der Belletristik, auf die 18,2 Prozent der Abschlüsse entfielen, wurden mit 1.431 Titeln 10,6 Prozent mehr verkauft als im Vorjahr. Das Sachbuch, das 2017 einen großen Sprung machte (+36,5 Prozent), war 2018 weniger gefragt als im Vorjahr (-24,9 Prozent auf 638). Der Top-Abnehmer deutscher Rechte bleibt der chinesische Sprachraum mit 1.678 Lizenzen.

Der E-Book-Markt

Der Umsatz der E-Books am Publikumsmarkt (ohne Schul- und Fachbücher) stieg 2018 um 9,3 Prozent. Damit wurden 2018 5,0 Prozent des Umsatzes mit E-Books gemacht (2017: 4,6 Prozent). Ebenfalls steigend waren der Absatz (+12,7 Prozent auf 32,8 Millionen E-Books) sowie die Zahl der Käufer (3,6 Millionen, 2017: 3,5 Millionen).

Auch die Kaufintensität nahm weiter zu: Im Schnitt legte sich jeder Käufer 9,2 E-Books in den Warenkorb, fast eines mehr als im Vorjahr (8,3 Stück). Der Trend zum Kauf günstigerer Titel setzt sich derweil fort: 2018 gaben Käufer durchschnittlich nur noch 6,19 Euro pro Buch und damit 3,0 Prozent weniger als im Vorjahr aus.

Quellen und weitere Informationen

Die Zahlen zu den Anteilen und Umsatzveränderungen der Warengruppen sowie zur Umsatz- und Absatzentwicklung 2019 stammen aus dem Handelspanel von Media Control. Das Panel umfasst die Abverkäufe von 3.766 Händlern in den Vertriebswegen Sortimentsbuchhandel, E-Commerce inklusive Amazon, Bahnhofsbuchhandel, Kauf- / Warenhäuser und Nebenmärkte (Elektro- und Drogeriemärkte). Die Käuferzahlen sowie Hochrechnungen der E-Book-Absätze und -Umsätze stammen aus dem GfK Consumer Panel Media*Scope Buch mit insgesamt 20.000 Personen. Sie sind repräsentativ für die deutsche Wohnbevölkerung ab zehn Jahren, für insgesamt 67,4 Millionen Menschen.

Alle Zahlen und Daten des Buchmarkts werden zusammengefasst in der Publikation "Buch und Buchhandel in Zahlen 2019", die vom Börsenverein herausgegeben und im August veröffentlicht wird. Aktuelle Marktzahlen gibt es auch unter www.boersenverein.de/buchmarkt2018