Mein erstes Buch erschien im Jahr 2004. Und natürlich wollte ich als stolze Erstlingsautorin, dass die Menschen das wissen! Dass die Leseratten die Buchhandlungen stürmen, gebannt meine Ideen aufsaugen und in ihrem Alltag umsetzen. Ich träumte von Anzeigen auf den Lesezirkel-Covern und sah mich als gefeierten Gast mit Lesungen durch Deutschland touren. Die Ernüchterung kam schnell. Weder Verlag noch Buchhandel interessierten sich (verständlicherweise) für Marketingmaßnahmen mit mir. Und so beschloss ich, in Eigenregie eine Lesung auf die Beine zu stellen. Ich fand eine lokale Buchhandlung, die zwar keinen Platz für ein Event hatte, aber meine Bücher im Schaufenster auslegen wollte. Die örtliche VHS nahm mich spontan ins Programm auf und stellte einen Raum. Ich platzierte eine Terminankündigung in der Zeitung, und immerhin fanden rund 20 (zahlende) Gäste den Weg zur Lesung. Ich lernte, wie schwer es ist, Menschen abends vor die Tür zu bewegen. Und ich lernte: Erwarte nicht, dass du an so einem Abend riesig Geld verdienst (ich erhielt von der VHS ein kleines Honorar und über meine Tantiemen im Folgejahr fünf Euro :-)). Nein, betrachte solche Aktionen als "säen", und über die Zeit wirst du ernten können.
Seither war ich in vielen Buchhandlungen. Mittlerweile mit Unterstützung der Verlage und auf Einladung der Buchhändler*innen. Ich liebe es, die Leser*innen persönlich zu treffen, mich zu unterhalten und ihre Bucherwerbungen zu signieren. Es freut mich, wenn die Buchhändler*innen an diesem Abend sogar Bücher anderer Autor*innen mitverkaufen oder berichten, sie hätten bereits seit der Ankündigung mehr von meinen mittlerweile 19 Büchern verkauft als sonst. Am meisten Spaß machen mir die Events in den Häusern, in denen die Initiator*innen verstanden haben, dass eine Lesung ein "Säen" ist und dass sie ihre Kosten nicht am gleichen Abend in voller Höhe wieder einspielen. Es ist ein Zeichen der Wertschätzung, wenn ich völlig selbstverständlich ein Lesungshonorar bekomme. Und wie anders ist die Stimmung in den Buchhandlungen, die den Gästen einen Aperol Spritz gratis kredenzen, verglichen mit Läden, in denen die Gäste zwei Euro für einen Plastikbecher Wasser zahlen müssen. Wie frustrierend waren die Abende in den Städten, in denen ich mich als "Newbie" noch ohne Honorar anheuern ließ, in denen weder Flyer noch Schaufenster-Deko auf meinen Besuch hinwiesen ("Wir haben es halt einigen unserer Kunden erzählt …") und entsprechend nicht mal fünf Gäste kamen.
Nutzen Sie als Buchhändler*innen die Möglichkeit, Kund*innen und Autor*innen zusammenzubringen. Betrachten Sie sich als Gastgeber*innen für eine exklusive Soiree und machen Sie Ihr Ladengeschäft zu einer Begegnungsstätte von Buchliebhaber*innen. Bei Ihnen können sich echte Menschen begegnen – nutzen Sie es!
Besorgen Sie sich von den Autor*innen im Vorfeld einen Gastbeitrag oder ein kurzes Interview, und geben Sie es rund zehn Tage vorher an die lokale Presse. Machen Sie sich klar, dass die Redaktionen mit reinen Terminankündigungen zugeschüttet werden – aber ein fertiger lesenswerter Beitrag, in dem Ihre Buchhandlung und die Lesung erwähnt werden, den drucken die Medien gern. Trommeln Sie so laut Sie können – auch auf allen sozialen Kanälen. Machen Sie Fotos vom Event und teilen Sie es auf Instagram & Co. Dann wirken Ihre Veranstaltungen nach. Betrachten Sie Lesungen als langfristig wirksame Marketingmaßnahme mit Imagegewinn. Buchhändler sind die Experten für gute Bücher – Lesungen mit guten Autor*innen festigen diesen Ruf.
- Nachrichten für Zielgruppen
- Besondere Formate
- Aktionen und Preise
- Anzeigen, Adressen und Jobs
- Newsletter, Downloads und Abos
Überraschung: Die meisten Buchhandlungen (und alle, die ich kenne), verstehen sich als Orte der Begegnung, für Austausch. Als Wohlfühlraum für ihre Kunden, denen sie eine behagliche Umgebung schaffen möchten. Wir veranstalten gerne Lesungen, und viele. Mit bekannten und unbekannten Autor*innen.
Und die Vorbereitung für eine Lesung erschöpft sich nicht in der Pressemeldung. Mal konkret, bei mir:
-Entwurf, Druck und Verteilung von individuell gestalteten Plakaten.
-Veröffentlichung der VA auf unserer Website, mit Möglichkeit zur Reservierung, Infos zum Gast und seinen/ihren Veröffentlichungen
-Veröffentlichung der VA auf Facebook mit Link auf die Website
-Veröffentlichung der VA bei Google My Business mit Link auf die Website
-freundliches Mail an alle Abonnent*innen des Veranstaltungs-Newsletters (mit Möglichkeit zur Reservierung und Link auf die Website)
-Pressemeldung (natürlich, wir sind ja nicht doof)
-Freundliche Vorstellung unseres Gastes.
-Nachklapp auf FB und Insta
Aperol gibt's keinen. Aber Wein, Wasser und Kaffee aus der Alleskönner-Maschine, wenn gewünscht.
Und, liebes Börsenblatt, da sind wir ganz alleine draufgekommen! Ihr habt manchmal richtig gute Artikel, aus denen man einiges mitnehmen kann, über besondere Aktionen, richtig tolle Ideen, Neuigkeiten! Sorry, dass man vor Veranstaltungen eine Pressemeldung rausgibt, das ist keine Neuigkeit. Das stellt die meisten von uns als belehrenswürdige Trottel hin. Sind wir nicht. Nie gewesen.
vielen Dank für Ihren Beitrag auf meinen Meinungsbeitrag/Erfahrungsbericht als Autorin mit Lesungen im Buchhandel. Ich finde es großartig, dass Sie Ihre (Vorbereitungs)-Organistationsschritte hier so offen mit den Kolleginnen und Kollegen teilen.
Wie gesagt ist mein Beitrag ja kein "How-To-Do"-Beitrag gewesen, sondern ein Erfahrungsbericht , und Ihre Vorgehensweise wäre genau die, die Autoren sich wünschen. Ja, viele Buchhandlungen beherzigen Ihre Punkte - viele allerdings noch nicht, wie ich in den vergangenen Jahren erlebt habe :-).
Und vielleicht steckt in meiner Anregung, statt einer einfachen Pressemitteilung mal ein Kurz-Interview mit den eingeladenen Autoren an die Presse zu geben, doch ein kleiner Ideen-Samen auch für Sie als erfahrene Lesungs-Veranstalterin. Wie gesagt, meine Erfahrungen damit waren supergut :-)
Herzliche Grüsse, und viele schöne erfolgreiche Lesungen wünscht Ihnen
Cordula Nussbaum