Mögliche Kartellrechtsverstöße

EU-Kommission ermittelt gegen Amazon

18. Juli 2019
von Börsenblatt
Die deutsche Kartellbehörde hat seine Ermittlungen gegen Amazon gerade beigelegt, doch auf europäischer Ebene wird weiterermittelt. Die Europäische Kommission kündigte heute an, eine offizielle Untersuchung gegen Amazon zu beginnen. Erneut steht der Umgang mit Dritthändlern im Mittelpunkt des Verfahrens.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte hierzu: „Die europäischen Verbraucher kaufen zunehmend online ein. Der elektronische Handel hat den Wettbewerb im Einzelhandel angekurbelt und zu einer größeren Auswahl und günstigeren Preisen geführt. Wir müssen sicherstellen, dass große Online-Plattformen diese Vorteile nicht durch wettbewerbswidriges Verhalten aushebeln. Ich habe daher beschlossen, die Geschäftspraktiken von Amazon und seine doppelte Funktion als Verkaufsplattform und Einzelhändler unter die Lupe zu nehmen, um die Einhaltung der EU-Wettbewerbsregeln zu prüfen.“

58 Prozent des weltweit über Amazon erwirtschafteten Bruttowarenumsatzes stammen laut Unternehmensangaben von Drittanbietern – allein in Deutschland ein Milliardemarkt.  „Wir werden vollumfänglich mit der Europäischen Kommission kooperieren und weiterhin daran arbeiten, Unternehmen jeder Größe in ihrem Wachstum zu unterstützen“, erklären Unternehmenssprecher Amazons.

Die Kommission kündigte an, folgende Punkte unter die Lupe nehmen zu wollen:

  • die Standardvereinbarungen zwischen Amazon und Marktplatzhändlern, die es Amazon als Einzelhändler ermöglichen, Daten von Drittanbietern zu analysieren und zu nutzen.
  • Insbesondere interessiert die Kartellbehörde, ob und wie die Nutzung der Daten, die Amazon als Einzelhändler über die Marktplatzhändler sammelt, den Wettbewerb beeinträchtigt.
  • die Rolle von Daten bei der Auswahl der in der „Buy Box angezeigten Händler“ und wie sich die Nutzung wettbewerbssensibler Informationen über Marktplatzhändler durch Amazon gegebenenfalls auf diese Auswahl auswirken könnte.

Über die gut sichtbar auf der Amazon-Website angezeigte „Buy Box“ können Kunden Produkte eines bestimmten Einzelhändlers direkt in ihren Einkaufswagen legen. Die Anzeige in der sogenannten „Buy Box“ scheint nach Ansicht der Kommission für Marktplatzhändler entscheidend zu sein, da die meisten Transaktionen über sie abgewickelt werden.

Die untersuchten Praktiken verstoßen möglicherweise gegen die EU-Vorschriften über wettbewerbswidrige Vereinbarungen zwischen Unternehmen und die EU-Vorschriften über den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Auch in den USA hat Amazon Ärger: Hier ist es der Verlegerverband APA, der auf eine Untersuchung durch die obersten Kartellbehörden drängt.