Marktforschung

Die Magnetkraft der Plattformen

23. Juli 2019
von Börsenblatt
Konsumentinnen und Konsumenten auf Online-Plattformen sind nach einer Studie der IFH-Förderer bereit, Nutzungsgebühren sogar für Basisfunktionen zu bezahlen. Die Forscher haben das für unterschiedliche Plattformen wie Amazon und YouTube abgefragt. Diese Entwicklung setzt lineare Händlershops weiter unter Druck.

Die Studie von IFH und der Universität Köln unterstreicht, wie hoch der Stellenwert von Plattformen im Konsumenten im Alltag ist. So glaubend die Forscher belegen zu können, dass, dass die Nutzerinnen und Nutzer bereit sind, allein für die grundlegende Nutzung von Plattformen zu bezahlen. So gaben die Befragten an, dass sie zwischen sieben und elf Euro monatlich bezahlen würden, um bei Amazon bestellen zu können – und dass, ohne weitere Prime-Leistungen zu erhalten. Auch YouTube-NutzerInnen würden monatlich ein „Eintrittsgeld“ zahlen, um die bisher kostenfreien Inhalte der Videoplattform abrufen zu können – trotz der Werbung auf der Plattform. Am höchsten fällt laut IFH die Preisbereitschaft für die Nutzung von Flug- oder Mietwagenplattformen aus. Bis zu 41 Euro würden Nutzerinnen und Nutzer hier je Buchung in die Hand nehmen.

Lineare Geschäftsmodelle unter Druck:

Denn Plattformen werden bei allen Leistungskriterien besser bewertet als lineare Geschäftsmodelle. Lediglich in Sachen Einfachheit seien lineare Angebote konkurrenzfähig –weil sich durch die verwirrend große Auswahl auf Plattformen die Komplexität für Konsumenten erhöht.

Auch der Blick auf den Informations- und Kaufprozess verdeutlicht, welcher Druck gegenwärtig schon von Plattformangeboten ausgeht. So bündeln Flug- und Mietwagenplattformen fast drei Viertel der Informationssuchen und für die Buchung bleiben Konsumentinnen der Plattform treu. Das Ersetzen anderer Anbieter erfolge in diesen Fällen bewusst. Was heißt das für die Praxis? Die Studienautorinnen und -autoren beleuchten vor allem die drei Haupthandlungsalternativen: Innovation (Plattform als Geschäftsmodell), Kooperation (Plattform als Absatzkanal) und Konfrontation (Plattformen als Wettbewerber). „Hersteller und Händler müssen genauestens evaluieren, welche Strategie im Umgang mit Plattformen die richtige für sie ist. Nur die wenigsten können erfolgreich Plattform werden und gerade kooperative vs. konfrontative Ansätze hängen stark vom eigenen Angebot, der jeweiligen Zielgruppe und der eigenen Markenpositionierung ab“, umreißt Eva Stüber, Mitglied der Geschäftsleitung des IFH Köln, die Handlungsalternativen.

Für die Studie „Gamechanger Plattformökonomie – Verhaltensänderungen verstehen und Spielregeln bedienen“ wurden ein Workshop mit Händlern, Herstellern und Plattformbetreibern durchgeführt und im März dieses Jahres 1.654 KonsumentInnen befragt. Leiter der Studie sind Werner Reinartz (Universität zu Köln) und Eva Stüber (IFH Köln). Die IFH-Schwerpunktstudie 2019 kann über den Onlineshop des IFH Köln bezogen werden. IFH-Förderern steht die Studie kostenfrei zur Verfügung.