Schnellumfrage des Börsenvereins

Bücher schwächeln

1. August 2019
von Christina Schulte
Ein minimales Umsatzplus und Kostensteigerungen: Für die Verlage verlief das Jahr 2018 sehr unterschiedlich. Die Ergebnisse aus der Schnellumfrage des Börsenvereins.

Mühsam nährt sich das Eichhörnchen: So ließe sich die Entwicklung der Verlagsumsätze 2018 beschrieben. Mit einem Mini-Plus von 0,2 Prozent gegenüber 2017 gelang es den Verlagen immerhin, ihren seit 2016 währenden Aufwärtstrend fortzusetzen – wenn auch nur mit diesem kleinen Schritt (siehe Grafik). Das zeigt die Schnellumfrage des Börsenvereins, an der sich 271 Verlage beteiligt haben. Gemeinsam stehen sie für ein Umsatzvolumen von 1,5 Milliarden Euro, das rund 30 Prozent des Branchenumsatzes abbildet.

Auch bei der diesjährigen Auswertung ist wieder zu beachten: Die Teilnehmer der Schnellumfrage setzen sich jedes Jahr neu zusammen, sodass die Datenbasis immer eine andere und die Stichprobe nicht repräsentativ ist. Zudem haben 2018 im Vergleich zu 2017 einerseits weniger sehr kleine, aber auch weniger große Verlage teilgenommen. Die größte Spezialisierungsgruppe mit 30 Verlagen stellen, wie in den Vorjahren, die Fachbuchverlage.

Beim Blick auf die Größenklassen zeigt sich, dass längst nicht alle Verlage im Plus lagen. Das Pendel schlägt aus von minus 25,5 Prozent bei den Verlagen mit Einnahmen zwischen 125.000 und 250.000 Euro (nur ein Teilnehmer!) bis plus sieben Prozent bei jenen Häusern, die eine Million bis 2,5 Millionen Euro umsetzen – eine beachtliche Differenz von 32,5 Prozentpunkten. Immerhin haben fast zwei Drittel der Verlage ein Plus erzielt, lediglich ein Drittel blieb hinter seinen Vorjahreswerten zurück.

Einen Anstieg von rund einem Prozent meldeten gleich drei  Größenklassen: die kleinste mit Erlösen bis 125.000 Euro, die Häuser mit 2,5 bis fünf Millionen Euro sowie Verlage mit 12,5 bis 25 Millionen Euro.

Nach Programmschwerpunkten analysiert, blicken die Sachbuchverlage auf das erfolgreichste Jahr zurück. Um stolze 7,8 Prozent sind ihre Einnahmen nach oben geklettert. Die Kinder- und Jugendbuchverlage können sich über Mehrerlöse von 5,1 Prozent freuen. Weniger gut lief es für die Ratgeberverlage, die ein Minus von 2,2 Prozent ausweisen. Gemeinsam mit den Fachbuchverlagen (minus 0,6 Prozent) sind sie die einzigen, deren Einnahmen nicht nach oben gingen.

Das meiste Geld, nämlich 70,9 Prozent ihres Umsatzes, fließt den Verlagen nach wie vor durch den Verkauf von Büchern zu (siehe Grafik). Allerdings ist der Buchumsatz mit minus 0,4 Prozent leicht rückläufig – bereits 2017 wurde hier mit 0,1 Prozent eine kleine Scheibe abgeschnitten. Am besten liefen Bücher in den Verlagen mit Erlösen zwischen einer Million und 2,5 Millionen Euro: Sie steigerten ihren Buchumsatz um 5,7 Prozent. Die rote Laterne trägt der teilnehmende Verlag mit 125.000 Euro Umsatz (minus 25,5 Prozent), 10,1 Prozent verloren die Häuser mit fünf bis 12,5 Millionen Euro.

Sachbuch, die Zweite: Auch bei der Entwicklung der Buchumsätze sind die Sachbücher Klassenprimus mit einem erklecklichen Zuwachs von 8,9 Prozent. Die Verlage mit religiöser Literatur brauchen sich ebenfalls nicht zu verstecken, denn sie überboten ihren Vorjahreswert um 6,1 Prozent. Kinder- und Jugendbuchhäuser zählen ebenfalls zu den Gewinnern und verbesserten sich um 4,1 Prozent.

Und wie ist die Lage bei den Editionsformen? Welche sind die Gewinner, welche die Verlierer? Gedruckte Bücher haben ein Prozent weniger eingebracht als noch im Jahr 2017. Steigerungsraten verzeichnen dank Streaming Hörbücher / Hörspiele mit 7,6 Prozent und E-Books mit 3,4 Prozent. Bei den E-Books lässt sich keine einheitliche Tendenz feststellen, rund 60 Prozent der Verlage meldeten einen Umsatzanstieg, 40 Prozent schrumpfende Einnahmen.

Zweitwichtigster Unternehmenszweig sind die Zeitschriften mit einem Umsatzanteil von 13,7 Prozent – sie haben die Onlinedienste an dieser Position abgelöst. Die Erklärung dafür: Vor allem Fachverlage weisen ihre Umsätze mit Onlinezeitschriften verstärkt nicht mehr als Onlinediensteinnahmen, sondern als Zeitschriftenumsätze aus. Die Schnellumfrage ist dennoch aussagekräftig, weil die Verlage nach ihren Werten für die Jahre 2017 und 2018 gefragt wurden – daher sind die Veränderungs­raten von diesen Strukturverschiebungen unberührt. Für ihre Zeitschriften haben die Teilnehmer ein Plus von 1,7 Prozent zu Protokoll gegeben. Den weitesten Satz nach vorn machten mit 15,4 Prozent die Verlage der Größenklasse von einer Million bis unter 2,5 Millionen Euro, der zweite Platz mit einem Plus von 8,8 Prozent geht an die Unternehmen, die zwischen 500.000 und eine Million Euro einnehmen. Mit 2,6 Prozent im Minus waren die Häuser mit einem Jahresumsatz von 12,5 bis 25 Millionen Euro.

Als drittrelevantester, konkret benannter Umsatzlieferant stehen die Anzeigen mit 4,8 Prozent auf der Liste (sonstige Waren haben zwar einen Anteil von 5,7 Prozent, sind aber nicht näher bezeichnet). Die Anzeigen allerdings hatten mit einem Minus von 4,9 Prozent zu kämpfen.

Dynamisch geht es weiterhin bei den Onlinediensten zu, die ein Wachstum von 14,8 Prozent generierten. Weil die Bedeutung dieser Einnahmequelle für die einzelnen Verlage stark differiert, sind die Ausschläge entsprechend groß: Sie reichen von minus 39 Prozent bei den kleinen Häusern bis zu plus 18,8 Prozent bei der obersten Größenklasse.

2017 konnten die Verlage ihre Kos­tenlast senken, 2018 sind die Ausgaben wieder gestiegen. 1,2 Prozent mehr mussten die Unternehmen berappen, um all ihre Kosten zu begleichen. Den größten Block bildet nach wie vor die Herstellung. Hier fallen 32,1 Prozent der Kosten an. Es folgen die Personalkosten mit 30,1 Prozent sowie Honorare mit 18,2 Prozent (siehe Grafik). Weiter geht es mit Auslieferung (7,8 Prozent), Werbung (7,1 Prozent) sowie EDV (2,6 Prozent).

Just der größte Posten, Herstellung, hat sich um 1,9 Prozent verteuert. Über ein Viertel mehr haben etwa die Verlage der Größenklasse von 250.000 bis 500.000 Euro für die Herstellung in die Hand genommen, bei den Unternehmen mit einer bis 2,5 Millionen Euro waren es immerhin noch knapp zehn Prozent (siehe Grafik). Sparsamer gaben sich die Unternehmen zwischen fünf und 12,5 Millionen Euro, die zwölf Prozent weniger lockergemacht haben. Werden Herstellungskosten und Programmschwerpunkt ins Verhältnis gesetzt, ist zu erkennen: Vor allem bei religiöser Literatur (plus 13,4 Prozent) und beim Sachbuch (plus 11,5 Prozent) zeigten sich die Verlage spendabel. Der Rotstift kam lediglich bei den Ratgeberverlagen zum Einsatz, die 1,6 Prozent ihrer Herstellkosten eingespart haben.

Eine Verteuerung ist auch bei den Personalkosten zu erkennen – für ihre Mitarbeiter haben die Verlage 1,1 Prozent mehr aufgewendet als 2017. Aber auch hier zeigen sich starke Schwankungen. Während die kleinsten Verlage 16 Prozent mehr in ihre Human Resources investierten, warfen die Häuser zwischen 250.000 und 500.000 Euro fast 20 Prozent ihrer Personalkosten ab. Eine Analyse wert ist die Korrelation zwischen Programmschwerpunkt und Veränderung der Personalkosten. Dabei zeigt sich, dass die Belletristikverlage mit 3,6 Prozent die höchste Kostensteigerung für ihre Mitarbeiter verzeichnen, gefolgt von den Verlagen mit religiöser Literatur (1,3 Prozent) sowie Kinder- und Jugendbuchverlagen (1,2 Prozent). Abgespeckte Personalkosten melden die Ratgeberverlage, die 1,7 Prozent weniger für ihre Mitarbeiter in die Hand nahmen.

Nicht fehlen darf in diesem Kontext der Blick in die Personalstatistik. Insgesamt waren 2018 bei den teilnehmenden Verlagen 5.303 Mitarbeiter beschäftigt. Mit einer kleinen Anhebung um 0,1 Prozent ist der Personalbestand weitgehend stabil geblieben. In der kleinsten Größenklasse war im Mittel eine Person tätig, in der größten Klasse waren es 190. Die Verlage mit einer Million bis 2,5 Millionen Euro Umsatz hatten elf Angestellte, 18 Personen sind in der Größenklasse darüber mit Einnahmen bis fünf Millionen Euro beschäftigt. Zieht man den Programmschwerpunkt als Kriterium heran, haben die Belletristikverlage mit einem Personalstamm von 107 Mitarbeitern die meisten Angestellten, gefolgt von den Kinder- und Jugendbuchverlagen, bei denen durchschnittlich 104 Menschen arbeiten. Am wenigsten Mitarbeiter gönnen sich die Sachbuchverlage, bei denen nur zehn Personen in Lohn und Brot stehen.

Zurück zur Gesamtentwicklung bei den Kosten: Die Honorare als drittwichtigster Kostenfaktor haben sich mit 0,2 Prozent nur unwesentlich verändert. Das gilt jedoch nicht für alle Verlage: Ihre Honorare stark gekürzt haben die Häuser mit einem Umsatzvolumen zwischen fünf und 12,5 Millionen Euro: Sie haben 15,2 Prozent eingespart. Deutlich höhere Honorare wurden
in den Unternehmen mit Einnahmen von einer Million bis 2,5 Millionen Euro gezahlt – die freien Mitarbeiter profitierten von einem Plus von 10,3 Prozent.

Bei den Werbekosten haben hingegen alle Größenklassen ­außer der größten (plus 1,3 Prozent) Kürzungen vorgenommen. Über alle Größenklassen hinweg schrumpften die Werbeausgaben um 0,5 Prozent, wobei die Abstriche in den einzelnen Häusern bis zu 16,7 Prozent reichten.  Nach Programmschwerpunkten zeigten sich die Verlage mit religiöser Literatur am großzügigsten: Sie stockten ihr Werbebudget um fast ein Viertel auf, die Kinder- und Jugendbuchverlage investierten 7,4 Prozent mehr. Die größte Zurückhaltung zeigten die Sachbuchverlage, bei denen es ohnehin gut lief und die ihr Werbebudget um fast ein Fünftel beschnitten haben.

Wie lief das vergangene Jahr für die Verlage? Die Antwort auf diese Frage folgt keiner eindeutigen Tendenz, sondern ergibt ein heterogenes Bild. 36,6 Prozent der Unternehmen beurteilen ihr Jahresergebnis besser als im Jahr zuvor. 40,2 Prozent sagen, dass es schlechter sei. Rund ein Fünftel meldet ein gleichbleibendes Ergebnis. Die Einschätzung bleibt damit hinter den in der letzten Schnellumfrage formulierten Erwartungen zurück: Der Anteil der Verlage, die ein verschlechtertes Ergebnis melden, liegt acht Prozent über dem Anteil derer, die dies erwartet hatten. Selektiert nach Größenklassen stechen die Häuser mit einer Million bis 2,5 Millionen Euro Jahresumsatz hervor: 60 Prozent geben hier ein verbessertes Ergebnis zu Protokoll. Bei den größten Verlagen sind nur 23,8 Prozent.

Der gute Lauf der Sachbücher zeigt sich erfreulicherweise auch in den Ergebnissen. 62,5 Prozent der Sachbuchverlage erzielten einen besseren Jahresabschluss als 2017. Bei den Belletristen waren es immerhin 58,3 Prozent und bei den Kinder- und Jugendbuchverlagen etwa die Hälfte.

Optimismus auf breiter Linie, könnte man angesichts der Umsatzerwartungen sagen. 45,7 Prozent der Verlage gehen davon aus, dass sie in diesem Jahr mehr Geld in der Kasse haben werden als 2018, ein gutes Drittel rechnet mit gleichbleibenden Einnahmen – ein Fünftel sieht sinkende Umsätze auf sich zukommen. Die größte Zuversicht strahlen die Verlage der Größenklasse 500.000 bis eine Million Euro aus: Satte 77,8 Prozent freuen sich auf Mehreinnahmen. Besonders zurückhaltend geben sich die Unternehmen mit fünf bis 12,5 Millionen Euro Umsatz, von denen nur jedes fünfte mit einem Aufschwung rechnet. 100 Prozent – mehr geht nicht: Alle religiösen Verlage blicken voller Hoffnung auf die Entwicklung der Einnahmen. Belletristische Verlage rechnen zu 63,6 Prozent mit Mehrerlösen, Sachbuchverlage zu 55,6 Prozent.

Aber was bleibt davon unter dem Strich, sprich als Ergebnis hängen? Genau ein Drittel prognostiziert für sich ein besseres Ergebnis, ca. 40 Prozent sagen, dass es sich nicht verändern wird – und 26,9 Prozent gehen davon aus, dass sich ihr Jahresergebnis 2019 verschlechtern wird. Es gibt also einige Verlage, die durchaus ahnen, dass ihre optimistischen Umsatzerwartungen nicht in ein verbessertes Ergebnis münden werden. Am zuversichtlichsten gibt sich die Größenklasse mit 12,5 bis 25 Millionen Euro Umsatz. Hier rechnet die Hälfte mit besseren Zahlen. Nach Programmschwerpunkten analysiert, sind die belletristischen Häuser mit 63,6 Prozent am positivsten gestimmt, ausgesprochen pessimistisch die Kinder- und Jugendbuchverlage, von denen kein einziger an ein besseres Ergebnis glaubt. Bei den Sachbuchverlagen rechnet die Hälfte mit einem besseren Abschneiden.

Ob diese Einschätzungen und Erwartungen stimmen? Um das zu erfahren, muss sich die Branche bis zur nächsten Schnellumfrage im Sommer 2020 gedulden.