Interview mit Carolin Wolf zum Buchblog-Award

"Da ist noch etwas Luft nach oben"

2. August 2019
von Börsenblatt
Der Buchblog-Award geht in die dritte Runde – und zeichnet erstmals auch Blogs von Buchhandlungen und Verlagen aus. Buchhändlerin Carolin Wolf sitzt in der neuen Jury. Sie wünscht sich noch viel mehr Kollegen, die bloggen oder posten.      

Neigt die Branche dazu, die Rolle der Buchblogs und Social-Media-Kanäle bei der Vermittlung von Büchern zu unterschätzen? Oder hat sich da viel bewegt?
In den vergangenen Jahren hat sich einiges getan und viele Kollegen sind online inzwischen in verschiedenen Social-Media-Kanälen oder mit einem eigenen Blog vertreten. Es gibt auch viele sehr gute Auftritte, aber wenn man das in Relation setzt zur Anzahl der sehr guten Buchhandlungen, die wir haben, dann ist noch etwas Luft nach oben. Es gibt nicht viele Argumente, die gegen einen Social-­Media-Auftritt sprechen. Im Gegenteil, ich bin bei keiner anderen Art der Werbung und der Vermittlung von Inhalten so nah am Kunden dran (das persönliche Gespräch natürlich ausgeschlossen). Das sollten wir alle für uns nutzen.

Sie betreiben selbst eine sehr aktive Social-Media-Arbeit. Instagram oder Facebook – was spielt die größere Rolle bei Ihren Kunden?
Bei unseren Kunden spielt Facebook die größere Rolle. Hier werden Bücher bestellt, Eintrittskarten reserviert, Fragen gestellt, viel Lob und zum Glück nur wenig Kritik geäußert. Dass wir auch bei Instagram vertreten sind, fällt vielen positiv auf. Unsere Bilder werden auch fleißig kommentiert, es sind aber oft Nutzer, die wir in der Buchhandlung nicht sehen.

Haben Sie in Ihrer Buchhandlung schon mit Bloggern oder Influencern zusammengearbeitet?
Wir haben schon verschiedene Anläufe gestartet, aber noch kein dauerhaftes Konzept gefunden, das für beide Seiten gepasst hätte.

Was muss ein guter Buchblog, ein guter Social-Media-­Kanal für Bücher und das Lesen mitbringen? Haben Sie für Ihre Arbeit als Jurorin beim Buchblog-Award einen ganz persönlichen Kriterienkatalog?
Für mich ist ganz wichtig, dass ein Blog Atmosphäre transportiert und Lust aufs Lesen macht. Deshalb ist eine schöne und vor allem übersichtliche Gestaltung wichtig für mich. Der Umgang mit Sprache spielt für mich eine große Rolle – etwa fetzige Begrifflichkeiten, sympathisch klingende Rubriken. Auch eine gewisse Regelmäßigkeit der Beiträge finde ich wichtig. Durch die Berechenbarkeit bestimmter Rubriken kann ich einen Blog viel besser in meinen Alltag integrieren. Perfekt wird es, wenn der Blog oder der Social-Media-Auftritt noch eine zusätzliche Komponente bietet, die über die bloßen Literaturempfehlungen hinausgeht. Herzensthemen können so eine breite Bühne bekommen und gleichzeitig wird der Blogger viel greifbarer und bekommt ein schärferes Profil.

Zum ersten Mal werden in diesem Jahr auch ein Verlags- und ein Buchhandlungsblog prämiert – allerdings nur von den Leserinnen und Lesern, nicht von der Jury. Nutzen Sie als Buchhändlerin Verlagsblogs, etwa um sich über Autoren und Themen zu informieren?
Ich schaue mir Verlagsblogs immer wieder gern an, vor allem wenn sie Informationen bieten, die für uns in der Buchhandlung zum Storytelling beitragen. Das können Informationen zum Autor, zur Entstehungsgeschichte eines Buchs oder einfach eine nette Anekdote sein. Super sind auch interne Dinge, die den Verlag und seine Mitarbeiter einfach sympathisch machen. Ein fröhliches »Schaut her, wir machen hier tolle Sachen!« kann die Begeisterung für das neue Programm weit in die Buchhandlung hineintragen.

Was muss ein Verlagsblog bieten, um auch vom Buchhandel wahrgenommen zu werden?
Ein Blog darf sich nicht als zweite Vorschau verstehen. Die haben wir Buchhändler alle bereits durchgeackert. Es geht um die Dinge, die nicht in der Vorschau stehen und die viele Buchhandlungen vielleicht auch nicht mehr erreichen, weil sie nicht mehr von Vertretern besucht werden. Ich finde es klasse, wenn ein Verlag all das, wofür er steht und wie er arbeitet, vermitteln kann. So traue ich mich als Buchhändlerin dann auch mal, die etwas ausgefalleneren Titel zu bestellen, weil ich Argumente geliefert bekomme, mit denen ich diese Bücher verkaufen kann. Natürlich muss dieser Blog auch bei den Buchhändlern beworben werden. Ich schaue auch nicht täglich nach, ob Verlag XY inzwischen einen schönen Blog hat oder nicht.

Gibt es Buchhandlungsblogs, Social-Media-Accounts, die Sie kennen, mögen, nutzen?
Wegen meiner Juryarbeit bin ich mir gar nicht sicher, ob ich die jetzt benennen darf oder sollte. Aber grundsätzlich: Ja, es gibt durchaus einige Blogs und Social-Media-Auftritte, in die ich immer wieder gern reinschaue.

Und wie finden Buchhändler, wie finden Sie selbst die Zeit, neben der Arbeit im Laden noch zu bloggen und zu posten?
Bei uns in der Buchhandlung wird bisher nur gepostet, und das haben wir zum Beispiel durch einen vernünftigen Redaktionsplan gut in unsere Abläufe integrieren können. Ein eigener Blog steht zwar auf unserer To-do-Liste, aber es gibt noch keinen Termin, zu dem der Blog an den Start geht. Wichtig finde ich, dass man ein neues Projekt wie zum Beispiel einen Social-Media-Auftritt gern und mit viel Lust in Angriff nimmt. Man kann ja einfach mal die Auftritte anderer Buchhandlungen anschauen und überlegen, was man selbst auch gut findet. Es gibt auch tolle Seminare zu diesem Thema, die einem viel Handwerkszeug und praktische Tipps bieten. Wenn der Auftritt dann keine Reichweite ent­wickelt, ist das nicht schlimm, dann hat ihn auch kaum einer gesehen. Wenn er aber gut wird, dann erschließen sich tolle neue Möglichkeiten und man bekommt ganz automatisch neue Kunden in den Laden oder in den Onlineshop gespült.

Buchblog-Award 2019

NetGalley und Börsenverein prämieren zum dritten Mal die besten deutschsprachigen Buchblogs. Der Buchblog-Award ist der einzige genreübergreifende Preis für Buchblogs im deutschsprachigen Raum und zeichnet Blogs aus, die das öffentliche Gespräch über Bücher bereichern.

Bis zum 30. August können Leser*innen und Blogger*innen ihre liebsten Buchblogs nominieren und bereits nominierten eine Stimme geben: www.buchblog-award.de/nominieren/.

Nominierungen sind möglich für Buchblogs, Social-Media-Kanäle sowie Podcasts mit Buchbezug. Auch der eigene Blog kann vorgeschlagen werden.

Neu in diesem Jahr: Neben dem »Besten Buchblog« und dem »Besten Newcomer« werden diesmal auch der »Beste Buchhandlungsblog« und der »Beste Verlagsblog« gekürt.

Ins Finale kommen die jeweils zehn Blogs, die in den Kategorien »Bester Buchblog« und »Bester Newcomer« die meisten Stimmen erhalten haben. Eine unabhängige Jury wählt dann aus den 20 Finalisten die Siegerblogs aus. Über die Auszeichnungen »Bester Buchhandlungsblog« und »Bester Verlagsblog« entscheidet ausschließlich die Zahl der Onlinestimmen, die bis 30. August eingehen.

Teilnahmeberechtigt sind deutschsprachige Blogs, Social-Media-Kanäle und Podcasts, die sich überwiegend mit Büchern befassen und auf denen regelmäßig Beiträge erscheinen. Blogs in der Kategorie »Bester Newcomer« dürfen nicht älter als zwölf Monate sein. Verlage können sich ausschließlich mit einem Blog oder Podcast und nicht mit ihren Social-Media-Kanälen bewerben. Für Buchhandlungs- und Verlagsblogs gilt, dass der letzte Beitrag nicht älter als einen Monat alt sein darf und sie mindestens seit Juli 2019 bestehen müssen.

Preisverleihung ist auf der Frankfurter Buchmesse (18. Oktober, 12 Uhr, Frankfurt Pavilion). Die Gewinner geben NetGalley und Börsenverein erst vor Ort bekannt.

Die neue Jury setzt sich zusammen aus

  • Antonia Baum (freie Autorin, »Zeit«),
  • Jo Lendle (Verleger, Carl Hanser Verlag),
  • Tina Lurz (Mitgründerin der Agentur ehrlich & anders),
  • Carolin Wolf (Buchhandlung Carolin Wolf, Bruchsal),
  • Torsten Woywod (Social-Media-Manager, DuMont Verlag).

Das Börsenblatt veröffentlicht auf www.boersenblatt.net ausführliche Porträts aller Gewinner*innen.

Sponsoren sind Jetzt ein Buch! und die Frankfurter Buchmesse.