Zum Jahrestag der "Hamburger Erklärung"

PEN fordert erneut Lesepakt

13. August 2019
von Börsenblatt
Zum Jahrestag der "Hamburger Erklärung" ("Jedes Kind muss lesen lernen"!) am 15. August wiederholt der deutsche PEN die Forderung nach einem "Lesepakt" und einem breiten gesellschaftlichen Bündnis zur Leseförderung − reiht sich zudem in die Kritiker der Märchen-Verschenkaktion von Stiftung Lesen und Amazon ein.

Ob eine Aktion wie die der Stiftung Lesen, die zum Weltkindertag am 20. September gemeinsam mit Amazon, Thalia und Hugendubel eine Million Märchenbücher verschenken will, wirklich dem Ziel der Leseförderung diene, mag bezweifelt werden, so der deutsche PEN.

"PR- und Marketing-Aktion von Amazon, Hugendubel und Thalia"

Hierzu sagt PEN-Präsidentin Regula Venske, die zu den Erstunterzeichnerinnen der von PEN-Mitglied Kirsten Boie initiierten und am 15. August 2018 veröffentlichten "Hamburger Erklärung" zählt und die Erklärung mit 110.000 weiteren Unterschriften gemeinsam mit Boie sowie Vertretern des Börsenvereins des deutschen Buchhandels am 6. Dezember 2018 in Berlin an Bundesbildungsministerin Anja Karliczek und den Präsidenten der Kultusministerkonferenz überreichte:

"Wer ernsthaft Leseförderung betreiben will, muss die betroffenen Kinder und ihre Familien dort abholen, wo sie sind. Dazu ist viel Hingabe im Kleinen notwendig, in Kitas und Schulen, in Stadtteilbibliotheken oder Buchhandlungen in manchmal schwierigem Umfeld, die derzeit massiv gegen drohende Schließungen kämpfen müssen, nicht zuletzt dank der Konkurrenz der großen Akteure, mit denen die Stiftung Lesen jetzt kooperiert." Kirsten Boie moniere zurecht, dass die kleinen, inhabergeführten Buchhandlungen, die sich für Lesefeste und -nächte einsetzen, Vorlesewettbewerbe veranstalten und ein zielgerichtetes Angebot machen, mit dem sie die Kinder persönlich und altersgerecht ansprechen, in diese Aktion nicht einbezogen worden sind. "So stellt sich die Aktion der Stiftung Lesen vor allem als PR- und Marketing-Aktion von Amazon, Hugendubel und Thalia dar."

Venske fährt fort: "Es wäre besser gewesen, wenn die Stiftung Lesen und ihre Mitstreiter den Betrag, den sie für diese Aktion aufgewandt haben, solchen Projekten zur Verfügung gestellt hätten, die sich längst in der Leseförderung engagieren und denen es in der Regel an Geld fehlt!" In diesem Zusammenhang kritisiert sie auch die geplante Kürzung des Bildungsetats.

Forderung nach einem Lesepakt

Der deutsche PEN fordert zum Jahrestag der "Hamburger Erklärung" am 15. August erneut einen "Lesepakt" und ein breites gesellschaftlichen Bündnis vieler Akteure in Bildung, Kultur, Gesundheitswesen, Wirtschaft und Politik zur Förderung der Lesefähigkeit der Kinder.

Dass knapp ein Fünftel der Zehnjährigen in Deutschland nicht so lesen könne, dass der Text zugleich auch verstanden wird, und dass Deutschland im internationalen Vergleich unter dem EU- wie auch dem OECD-Durchschnitt liege, sei ein Skandal, der nicht hingenommen werden dürfe. Hier seien alle aufgerufen gegenzusteuern, "denen die Zukunft unseres Landes und der Zusammenhalt unserer Gesellschaft am Herzen liegen. Es gefährdet die Demokratie, wenn ein beträchtlicher Teil der Bürger nur noch unzureichend oder gar nicht mehr sinnentnehmend lesen und somit gar nicht oder nur unzureichend mitreden kann", so der PEN.