MACHTVERHÄLTNISSE, Teil 2: Sonia López Sánchez über Ergebnisse der Marktforschung

Was die Kunden wünschen

29. August 2019
von Börsenblatt
Wie wünschen die Kunden sich den stationären Buchhandel? Welche Ladenkonzepte gehen auf? Sonia López Sánchez, Account Director Media & Entertainment  bei der GfK, berichtet von den aktuellen Erkenntnissen der Marktstudien. Teil 2 einer kleinen Börsenblatt-Serie, die Denkanstöße zu den Machtverhältnissen in der Buchbranche liefern will.

Stationäres Sortiment – eher groß oder klein? Was favorisieren die Kunden?

Während wir GfK-seitig in benachbarten Entertainment-Märkten – etwa Musik, Film oder Games – durch digitale Player wie Spotify oder Netflix eine zunehmend sinkende Bedeutung der stationären Fläche sehen, spielt das stationäre Geschäft im Buchmarkt konstant eine wichtige Rolle. Jeder zweite Euro für Bücher wird hier ausgegeben – unabhängig davon, ob es große Filialisten oder kleinere, unabhängige Sortimente sind. Der Vorteil der Filialisten ist natürlich die Fläche, die Kunden eine breite Auswahl über alle Bereiche hinweg bietet.

Innerhalb des GfK Consumer Panel sehen wir außerdem, dass bei Filialisten knapp die Hälfte der Ausgaben für Bücher durch das Umschauen und Stöbern im Geschäft generiert werden, jeder vierte Euro ist auf einen spontanen Kauf zurück­zuführen. Bei den kleineren Buchhandlungen erfolgen knapp zwei Drittel der Umsätze durch geplante Käufe. Aber die sinkende Frequenz in den Innenstädten und damit einhergehend die abnehmende Bedeutung der Spontankäufe, die wir im Zeitverlauf in den Zahlen des GfK Consumer Panel deutlich erkennen, ist eine der großen Herausforderungen für den stationären Handel insgesamt.

Durch das Internet ist die Erwartungshaltung der Konsumenten hinsichtlich der Verfügbarkeit von Büchern über die letzten Jahre sicherlich gestiegen. Daher kommt Bestellsystemen, durch die Bücher spätestens am Folgetag vorliegen, oder Systemen, bei denen das Buch online bestellt und im Laden abgeholt werden kann, eine höhere Bedeutung zu. Grundsätzlich ist der Buchhandel hier aber gut aufgestellt.

Um den Buchkauf zu einem positiven Erlebnis zu machen, ist die Atmosphäre wichtig. Größere Buchhandlungen haben hier mehr Möglichkeiten, etwa mit Lese-Ecken und Cafés zum Verweilen. Kleinere, individuelle Sortimente punkten durch die eher familiäre Atmosphäre, das persönliche Involvement, das "Kennen" ihrer Kunden sowie den Fokus auf lokale Gegebenheiten. Unsere Daten zeigen, dass die Empfehlung des Verkäufers im unabhängigen Buchhandel ein deutlich stärkeres Gewicht beim Kauf hat.

Kunden im unabhängigen Sortiment bringen eine noch höhere Affinität zu Büchern mit, informieren sich regelmäßiger über Bücher, kaufen diese grundsätzlich lieber stationär als online und häufiger als Geschenk. Entschleunigung ist in dieser Zielgruppe stärker ausgeprägt, der berufliche Erfolg steht nicht (mehr) an erster Stelle. Dies hat auch damit zu tun, dass die Zielgruppe in kleinen Buchhandlungen älter ist, zu großen Teilen noch aus der Wiederaufbaugeneration stammt. Millenials sind stärker bei den Filialisten und E-Commerce-Händlern zu finden. Die Aufgabe für den unabhängigen Buchhandel ist es somit, die jüngeren Leser von sich zu überzeugen: In summa muss das Buch stärker in Erscheinung treten, lauter und frecher sein.

Kuratierung als wichtiges Mittel

Bei der Suche nach neuen Büchern fühlen sich Konsumenten, gerade auch sporadische Buchkäufer, häufig orientierungslos. Das immense Bücherangebot verunsichert, und das Hinzukommen von Online-Kanälen macht es nicht unbedingt leichter. Hier ist es Aufgabe der Händler, dem Kunden die Orientierung zu bieten und zu helfen, wieder verstärkt mit dem Thema Buch in Berührung zu kommen. Kuratierung ist daher ein wichtiges Mittel des Buchhändlers – gerade bei jüngeren Konsumenten, die ein gutes Empfehlungssystem von Netflix & Co. gewohnt sind. Kleinere Sortimente haben es hier sicherlich etwas einfacher als die großen Geschäfte der Filialisten, von denen – wie gesagt – gleichzeitig ein möglichst breites und tiefes Angebot erwartet wird.

Insbesondere bei der Informationssuche im Buchhandel möchten kritische Zielgruppen mehr an die Hand genommen werden. Über das Ambiente, an dem viele Buchhandlungen schon arbeiten, hinaus kann der Buchkauf noch mehr zum Genusserlebnis werden. Und last but not least können Events und Hypes als Teaser helfen, einen Diskurs zu schaffen und diesen zu verankern.

(mg)

Mehr Denkanstöße in der aktuellen Börsenblatt-Ausgabe - und in einem Schwerpunktheft über Konzentrationsprozesse und Machtverhältnisse, das zur Frankfurter Buchmesse erscheint.