Julia Graff von Hädecke über den Deutschen Verlagspreis

Den Schwung mitnehmen

13. November 2019
von Börsenblatt
Was bedeuten der Deutsche Verlagspreis und 60.000 Euro für ein Familienunternehmen wie Hädecke? Co-Verlegerin Julia Graff über hochemotionale Messemomente – und das, was danach kommt.

Da saßen wir also, die Hände aufgetürmt zu einem Familienmiteinander, kopfschüttelnd und den Blick fassungslos auf die Leinwand gerichtet, die immer noch nicht unser rotes Logo anzeigte. In jeder Zehnergruppe hatten wir gespannt danach Ausschau gehalten. Und tauchten zwischen all den Vorbildern, die wir bewundern, deren Bücher wir sehnsüchtig in die Hand nehmen, ehrfurchtsvoll und voller Anerkennung für deren vielfältige und hingebungsvolle Arbeit, gar nicht auf. Hatte man uns vergessen? War das Logo vielleicht nicht an die richtige Mailadresse geraten? Doch etwas falsch ausgefüllt?

Dann begriffen wir langsam, was da vor sich ging. Wie wir das breite Grinsen und die Freudentränen von den Freunden, Kolleginnen und Kollegen einordnen durften. Und wie es ganz langsam zu uns durchsickerte, dass wir tatsächlich einer dieser besten Drei sein sollten, es sind! Nach dem Schock … erst einmal Musik, dann die Tränen, dann die Freude. Und die hat wohl der gesamte Saal wahrgenommen. Denn als unser Name fiel, war die geballte Lungenkraft unserer Familie deutlich zu hören.

Dieser Jubel über eine solche Wertschätzung, nicht nur der eigenen Arbeit sondern auch jener der drei vorangegangenen Generationen, der brach aus uns heraus. Gepaart mit einer Erleichterung und Dankbarkeit, es überhaupt bis hierhin geschafft zu haben, trotz der Widrigkeiten durch­gehalten zu haben. VG Wort, die Insolvenzen von Hain und später KNV, in unserem speziellen Fall auch ein rasant schrumpfender Kochbuchmarkt. All diese Ereignisse stellten uns in jüngster Zeit und insbesondere im Jubiläumsjahr vor viele Herausforderungen. Ohne die Unterstützung derer, die nicht aufhörten, an uns und unsere Arbeit zu glauben, die uns Zuversicht, ihre Energie, ihre Zeit schenkten, uns unterstützten, uns wieder aufbauten, uns Mut machten – ohne sie hätten wir uns vielleicht gar nicht für diesen Preis beworben.

Es ist schon seltsam, dass man, wenn man sein Glück nicht fassen kann, ganz automatisch gen Himmel schaut. Ich bin kein besonders gläubiger Mensch, aber ich bin mir sicher, während der Preisverleihung wurden ein Stockwerk über uns auch ein paar Freudentränen vergossen. In besonderer Erinnerung bleibt mir außerdem: stehende Ovationen der Kolleginnen und Kollegen unmittelbar nach der Preisverleihung, unzählige Glückwünsche und glückstränige Umarmungen. Was für eine Kollegialität, was für ein Miteinander, was für eine tolle Branche!

Und nun? Was kommt nach dem großen Glück, dem Geld­segen und der Erleichterung? Wir sortieren uns tatsächlich immer noch ein wenig, wollen den Schwung, den dieser Preis gibt, mitnehmen. Mitnehmen für die wertvolle Pressearbeit im Nachgang, für die wir uns ad hoc Unterstützung von außen geholt haben, damit diese Aufgabe vor dem Weihnachts­geschäft überhaupt zu stemmen ist. Mitnehmen auf unsere letzten Stationen der Hädecke-Tour, wo wir seit der Auszeichnung noch einmal anders wahrgenommen werden und die wir mit diesem Preis im Rücken auch im kommenden Jahr weiterführen werden. Und mitnehmen für Umstrukturierungen, denen wir uns in Zukunft stellen müssen.

Wir werden das Preisgeld sehr gezielt verwenden – beispielsweise stehen im IT-Bereich größere Investitionen an. Auch in die Buchproduktion werden wir einen größeren Teil einbringen können, für entsprechende Ausstattung und für Titel, die wir unter Umständen sonst hätten verschieben müssen. Wir können außerdem Projekte, wie zum Beispiel die "Essbaren Wildpflanzenparks" unseres Autors Dr. Markus Strauß, unterstützen. Dieser Preis ist für uns ein Segen, der genau zum richtigen Zeitpunkt kam. Und er ist die schönste Anerkennung für eine Familienarbeit – und hiermit ist ausdrücklich die erweiterte Verlagsfamilie gemeint –, die wir je bekommen haben.