Interview mit Hanser-Lektor Volker Herzberg

Frühes Feedback

27. November 2019
von Börsenblatt
Der Hanser Fachverlag lädt Leser zu einem Experiment ein: Sie können das Buch "Der Agile Coach" vorab online lesen und kommentieren. Lektor Volker Herzberg über das Projekt earlyreading.

Mit Hanser earlyreading geht der Carl Hanser Verlag neue Wege. Nutzer haben die Möglichkeit, ein Buch schon während der Entstehung kennenzulernen. Wer hat die Idee geliefert?
Die Idee ist dem Autor Axel Schröder im Vorfeld seines Buchs "Der Agile Coach" gekommen, das Anfang 2020 bei Carl Hanser erscheint. Schröder wollte das Thema des Buchs – agiles Teamwork – in der Produktion selbst sichtbar machen. Dazu gehört, dass man zwischendurch immer wieder überprüft, was man bisher gemacht hat, sich über den Projektfortschritt verständigt und Ergebnisse kommuniziert. Für uns ist die Überlegung reizvoll, dieses Konzept auch auf andere Bücher auszuweiten. Die jeweiligen Autoren müssen natürlich einverstanden sein und mitspielen.

Die Methode erinnert an Verfahren in der Wissenschafts-Community – wenn etwa Vorfassungen von Artikeln von anderen Forschern kommentiert werden ...
Das trifft durchaus zu, auch wenn Axel Schröder selbst dies nicht so gesehen hat. In der Wissenschaft gibt es einen regen Austausch, bei den Praktikern jedoch, die wir mit Fachliteratur versorgen, ist das nicht so ausgeprägt. Dabei ist es bei Werken, an denen bis zu 100 Verfasser mitwirken, sehr interessant, die Arbeit der Co-Autoren mitzuverfolgen – beispielsweise im Hinblick auf Doppelungen oder Überschneidungen. Auf der Plattform, wie wir sie für das Projekt earlyreading entwickelt haben, könnten jedenfalls auch Autoren miteinander kommunizieren. Beim "Agilen Coach" haben wir diese Möglichkeit bereits genutzt – daran sind etwa 15 Autoren beteiligt.

Wie lange läuft das Projekt schon?
Wir haben vor zwei Monaten begonnen, inzwischen steht das gesamte Manuskript online. Sobald ein neuer Beitrag eintraf, wurde er von mir und dem earlyreading-Team vorredigiert und hochgeladen.

Wer sind die Mitleser?
Es sind neugierige Endkunden, die sich im Moment stark mit dem Thema beschäftigen und die bereit sind, noch nicht vollständig ausgearbeitete Texte zu begutachten. Sie können inhaltliche Kommentare abgeben, die wir erst prüfen, bevor wir sie freischalten, dann aber auch berücksichtigen. Das Feedback ist uns sehr wichtig, zumal wir dies bei Printpublikationen in der Regel erst nach Erscheinen haben. Und meistens melden sich Leser dann nur, weil sie Fehler entdeckt haben. Mit earlyreading wollen wir die Kultur des Feedbacks stärken und den Kunden mehr Inter­aktion ermöglichen.

Wie ist das Feedback bisher?
Es hält sich noch in Grenzen, weil es Zeit braucht, bis das Projekt und die neue Möglichkeit, Texte während der Lektoratsphase zu kommentieren, bekannt genug sind. Da braucht man Geduld. Wir haben schon Feedback bekommen, es ist aber noch nicht so substanziell, dass wir Kapitel umschreiben müssten.

Werben Sie für earlyreading nur auf Ihrer Verlagswebsite, oder nutzen Sie auch andere Kanäle?
Wir werben mit Bannern auf den Webseiten des Verlags und setzen sie in verschiedene Newslettern ein. Axel Schröder spricht zusätzlich über Webseiten seiner Agentur AS & P die Community an, die am Thema Agiles Coaching interessiert ist.

Gibt es weitere Bücher, die Sie nach dem Muster von "Der Agile Coach" produzieren wollen?
Wir haben schon eine Liste mit Titeln – vor allem im Computerbuchsegment, das von der Aktualität lebt. Bevor wir damit starten können, müssen wir aber die Plattform, die derzeit noch ein Prototyp ist, IT-mäßig aufrüsten. Das wird auch mit einigen Investitionen verbunden sein.

Wer sich für das earlyreading-Projekt interessiert, kann sich hier anmelden: https://hanser-earlyreading.de.