Die Sonntagsfrage

"Was wird Ihnen fehlen? Und was werden Sie garantiert nicht vermissen, Frau Rosengart?"

28. November 2019
von Börsenblatt
Nach 21 Jahren an der Spitze verabschiedet sich GABAL-Geschäftsführerin Ursula Rosengart in den Ruhestand. Zu den Meilensteinen ihrer Verlagskarriere gehörte die Etablierung der ersten E-Books und Web-based-Trainings sowie der Aufbau einer Hörbuch-Produktlinie sowie einer stringenten und differenzierten Reihengestaltung für GABAL. Ihr Engagement für den Nachwuchs ist legendär. Dem Wirtschaftsbuch und den Young Professionals wird sie fehlen. Wird ihr etwas fehlen? Zum Abschied beantwortet Ursula Rosengart die Sonntagsfrage.

In 21 Jahren habe ich eine Menge erlebt. Als ich 1998 auf die vakante Stelle bei GABAL aufmerksam wurde, war sofort meine Neugierde geweckt. Ich war damals Buchhändlerin mit Leib und Seele und habe tagtäglich um Umsätze gekämpft – wieso also nicht die Vertriebsleitung eines jungen, aufstrebenden Wirtschaftsbuchverlags übernehmen? Blicke ich heute zurück, war es absolut die richtige Entscheidung. Die Verlagsbranche ist schon außergewöhnlich – und ich werde viele tolle Menschen vermissen, die ich im Laufe der Jahre kennenlernen durfte, ob Mitarbeiter, Kollegen, Buchhändler oder Autoren. Ich kann daher nur hoffen, dass viele junge Menschen unsere Leidenschaft teilen und unsere Branche weiter vorantreiben werden – getreu dem Motto: "Love it, leave it or change it."

Ich bin unglaublich stolz, was ich gemeinsam mit einem wirklich grandiosen Team erreicht habe. GABAL hat mit gerade einmal 15 Titeln angefangen – doch 2005 waren wir es, die als kleiner unabhängiger Familienverlag den Zuschlag für die Buchrechte an der Neuauflage von Stephen R. Coveys Bestseller "Die 7 Wege zur Effektivität" bekamen. Der Beginn einer großen Erfolgsgeschichte, die wir letztes Jahr zur 50. Auflage mit einer limitierten Sonderausgabe und exklusiven Veranstaltungen gebührend gefeiert haben. Doch das ist nur einer von vielen wunderbaren Titeln! Sie hier alle zu nennen, würde sicherlich den Rahmen sprengen.

Was ich definitiv nicht vermissen werde, sind pessimistische Einstellungen. Die gibt es zwar überall, doch in der Verlagswelt treffen Sie immer wieder auf Menschen, die das Ende des Buches heraufbeschwören wollen. Ich erinnere mich noch gut an eine Diskussionsrunde im Börsenblatt-Café im Rahmen der Frankfurter Buchmesse 2009. Die Frage lautete: "Sterben Ratgeber aus?" Ich war schon damals überzeugt davon, dass die Nachfrage eher steigen würde – und dass das Buch Medium Nummer eins bleibt, wenn es um die Vermittlung von Weiterbildungsinhalten geht. Heute, zehn Jahre später, ist genau das eingetreten. Zusätzlich hat sich auch die Wahrnehmung von Wirtschaftstiteln rasant geändert – das Feld ist deutlich breiter geworden, was sich auch in unseren Programmen ausdrückt. Neben "klassischen" Titeln fürs Management gibt es bei uns ebenso Ratgeber rund um den Bereich Leben. Dass mit "Unbox your Relationship!" ein GABAL-Buch aktuell auf Platz 7 der Spiegel-Bestseller-Liste steht, spricht für sich. Ich bin sehr glücklich, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte, den Verlag in diese erfolgreiche Zukunft zu führen.

Ob ich auch in einem literarischen Verlag glücklich geworden wäre? Diese Frage wurde mir schon öfter gestellt. Das kann ich ehrlich gesagt gar nicht beantworten. Klar lese ich im Urlaub auch gerne mal einen Roman. Doch was ich an meiner Arbeit mit Wirtschaftstiteln stets geschätzt habe, ist die Möglichkeit, auch mich selbst ständig weiterzubilden und immer am Puls der Zeit zu sein. Es gibt noch zu viel zu lernen und zu entdecken – nicht nur zwischen Buchdeckeln, sondern auch in der Welt. Ich freue mich daher schon sehr darauf, im nächsten Jahr Asien weiter zu entdecken und danach eine Weltreise zu beginnen. Und das ist erst der Anfang, denn die Welt ist groß!