Börsenverein und IPA fordern Freilassung von Khaled Lotfy

"Wir verurteilen seine unrechtmäßige Inhaftierung scharf"

16. Januar 2020
von Börsenblatt
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die International Publishers Association (IPA) fordern die Begnadigung des Verlegers und Prix-Voltaire-Preisträgers Khaled Lotfy durch den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi. Der ägytische Verleger des Tanmia-Verlags ist zu fünf Jahren Haft verurteilt. Hashtag: #Free_Khaled_Lotfy.

Khaled Lotfy soll Gerüchte verbreitet und militärische Geheimnisse preisgegeben haben, indem er eine ägyptische Ausgabe des Buchs "The Angel: The Egyptian Spy Who Saved Israel" von Uri Bar-Joseph veröffentlicht hat − so der Vorwurf, berichtet der Börsenverein in einer Mitteilung. Am 24. Dezember 2019 hatte das ägyptische Militärkassationsgericht nach elf Aufschüben den letztmöglichen Widerspruch des Verlegers abgelehnt.

"Gemeinsam mit der IPA fordern wir die Freilassung von Khaled Lotfy und verurteilen seine unrechtmäßige Inhaftierung scharf. Weltweit nehmen die Inhaftierungen von Verlegern und Buchhändlern zu. Mehr und mehr Regime fürchten den Geist der Aufklärung. Anstatt Politik im Dialog und durch kritische Auseinandersetzung weiterzuentwickeln, setzen sie ihre Positionen mit Repressionen und Gewalt durch – so auch im Fall von Khaled Lotfy. Staaten weltweit müssen die Publikationsfreiheit unter allen Umständen schützen. Persönliche Sanktionen gegen Verleger wie Khaled Lotfy dürfen wir nicht dulden", sagt Jürgen Horbach, Sprecher der IG Meinungsfreiheit im Börsenverein.

Kristenn Einarsson, Vorsitzender des IPA Freedom to Publish Committee, sagt: "Es ist unbegreiflich, dass Khaled Lotfy verhaftet wurde, nicht nur weil er ein Buch verlegt hat, sondern auch und gerade weil dieses Buch bereits in einer anderen Version auf dem Markt verfügbar war. Seine einzige Chance auf Freiheit ist jetzt die Begnadigung durch den Präsidenten. Wir bitten Präsident Abdel Fattah al-Sisi, Lofty freizulassen, damit er wieder mit seiner Familie zusammen sein kann."

Khaled Lotfy: "Ich will hier raus"

Khaled Lotfy erhielt im Mai 2019 den Prix Voltaire, mit dem die IPA Verleger*innen und Publizist*innen auszeichnet, die sich um die Publikationsfreiheit verdient gemacht haben. In der Rede von Khaled Lotfy, die sein Bruder Mahmoud bei der Verleihung des Preises in dessen Abwesenheit in Seoul vorlas, erklärte er: "Ich danke Gott, der mich dazu gebracht hat, den menschlichsten Beruf in der Geschichte zu wählen, der es mir ermöglicht, Kultur zu teilen und verbreiten, während ich gleichzeitig Bewusstsein schaffe und vor allem schärfe."

Bei der IPA-Generalversammlung in Frankfurt im Jahr 2019 zitierte Mahmoud Lotfy seinen Bruder: "Seit fast zwei Jahren hat mein Leben, das Leben meiner Familie, aller Menschen um mich herum und aller, die mich lieben, grundlos aufgehört. Ich wünsche mir ein Ende all dessen. Ich möchte Tanmia und meine kleinen Mädchen gemeinsam aufwachsen sehen. Ich will hier raus."

Das von Lotfy in Ägypten neu aufgelegte Buch wurde ursprünglich von dem in Libanon ansässigen Verlag Arab Scientific Publishers ins Arabische übersetzt und war in Ägypten als relativ teurer Import erhältlich. Es wurde auch in einen erfolgreichen Netflix-Film unter dem Titel "The Angel" adaptiert und ist international erhältlich. Ungefähr 2.000 nicht verkaufte gedruckte Exemplare der ägyptischen Ausgabe wurden von Lotfy vor dem Militärprozess vernichtet.

Tanmia wurde 2011 als Buchhandlung gegründet, später entstand der gleichnamige Verlag. Sein Programm umfasst die Bücher zahlreicher renommierte Autor*innen in Übersetzung sowie Originalwerke in arabischer Sprache, darunter eine Kinderbuchversion von Mahmoud Darwishs Gedicht "Think of Others", das mit dem Etisalat-Preis für arabische Kinderliteratur ausgezeichnet wurde.