Die Sonntagsfrage

Was haben deutsche Verleger vom Brexit zu befürchten, Herr Conway?

17. Januar 2020
von Börsenblatt

Brexit 2020 – was bedeutet der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union für den deutsch-britischen Buchmarkt? Dan Conway, verantwortlich für die Außenbeziehungen in der Handelsorganisation Publishers Association für UK, beantwortet die Börsenblatt-Sonntagsfrage. 

Unmittelbar haben die deutschen Verleger vom Brexit wenig zu befürchten, da die Geschäftsbeziehungen in den kommenden Monaten wie gewohnt weitergeführt werden können.

Der Grund dafür ist, dass das Gesetz über die Rückzugsvereinbarung, das derzeit das britische Parlament durchläuft, eine 11-monatige "Übergangszeit" vorsieht, die am 31. Dezember 2020 endet. Während dieser Zeit bleiben alle Regeln und Vereinbarungen unverändert bestehen. Die Rechte der Bürger und ihre Reisefreiheit bleiben erhalten; das Vereinigte Königreich wird weiterhin an der EU-Zollunion und dem Binnenmarkt teilnehmen. Daher sollte es für deutsche Verleger, obwohl Großbritannien am 31. Januar um 24 Uhr aus der Europäischen Union austreten wird, bis zum 31. Dezember 2020 keine größeren Veränderungen in der ihnen gewohnten Verlagsarbeit geben. 

1. Ab diesem Zeitpunkt gibt es jedoch verschiedene Szenarien, die sich abspielen könnten: Sollten sich erstens die EU und das Vereinigte Königreich auf ein vollständiges Freihandelsabkommen einigen, würde dieses die zukünftigen Beziehungen regeln. Die Grundlage für das Freihandelsabkommen ist die einvernehmlich vereinbarte "Politische Erklärung", die eine (sehr knappe) Marschrichtung vorgibt, einschließlich der Festlegung eines "hohen Schutzniveaus" für die Vermögenswerte des geistigen Eigentums. Gleichzeitig muss neben diesen regulatorischen Entscheidungen eine unabhängige Einwanderungspolitik gestaltet werden.

2. 3In einer zweiten Option, die bei weitem nicht so optimistisch aussähe, vereinbaren die EU und das Vereinigte Königreich kein Freihandelsabkommen in der 11-Monatsfrist (die EU-Kommission hat bereits Zweifel geäußert) und die Übergangsfrist würde nicht verlängert. Dies würde einen "ungeordneten" Brexit auslösen, bei dem die Handelsbeziehungen ohne weitere Verbindungen abgebrochen würden. Das würde potenziell zu einem erheblichen Bruch der Vereinbarungen in Bezug auf Zollregelungen und Geschäftsbeziehungen führen. Der Versand von Büchern über den Kanal könnte sehr zeitaufwendig werden (Ihr britischer „Distributor" würde zum "Importeur") und die Bereitstellung persönlicher Daten zwischen deutschen Unternehmen und britischen Lieferanten sowie Einzelhändlern würde deutlich komplizierter. Mit großer Wahrscheinlichkeit gäbe es wirtschaftliche Verwerfungen, die das Kaufverhalten der Verbraucher in beiden Ländern beeinträchtigen könnten. Dies ist das Szenario, das (fast ausnahmslos) niemand, nirgendwo, will! 

3. Und drittens, wenn das Vereinigte Königreich und die EU keine Einigung erzielen, würde die Übergangszeit erneut verlängert, um während dieser weiter nach einer Lösung zu suchen. 

Kurz gesagt, der Übergang verschafft uns allen im europäischen Verlagswesen ein wenig Zeit, und der Brexit hat keine Auswirkung auf die Londoner und Frankfurter Buchmessen 2020. Die Frage ist jedoch, was kommt als Nächstes?

Übersetzung: Nicola Meier   

Dan Conway referiert am 23. Januar beim Jahrestreffen der IG Belletristik und Sachbuch zu dem Thema.  

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