Interview: Joachim Kaufmann über die "International Publishers Association"

"Die IPA funktioniert ganz anders als der Börsenverein"

21. Januar 2020
von Börsenblatt
Carlsen-Geschäftsführer Joachim Kaufmann vertritt die deutsche Buchbranche beim internationalen Verlegerverband IPA. Was macht er da eigentlich? Einblicke in das Binnenleben weltumspannender Verbandsarbeit – und etwas Werbung für den nächsten Kongress im norwegischen Lillehammer.

Im Mai trifft sich die "International Publishers Association", kurz IPA, zu ihrem 33. Kongress. Warum würden Sie in Lillehammer gern möglichst viele deutsche Kolleg*innen sehen?

Ich glaube, dass der Austausch mit internationalen Kol­leg*innen den persönlichen Horizont unheimlich erweitert. Für mich wird es der vierte IPA-Kongress (nach Bangkok, London und Delhi) sein, den ich persönlich besuche, und ich kann sagen, dass ich bei jedem Kongress sehr interessante Gesprä­che, Diskussionen, Vorträge und Panels mit hoch­karätigen internationalen Managern aus der Buchbranche hatte. Spannend ist, dass die Probleme in den jeweiligen Buchmärkten oftmals ähnlich sind, in manchen Fällen allerdings ganz unterschiedlich angegangen werden. Deshalb kann ich nur empfehlen, sich die Chance nicht entgehen zu lassen, kompakt in drei Tagen so viele Inspirationen mitzu­nehmen.

Ihr persönliches Programm-Highlight in Lillehammer?

Das ist schwer zu beantworten. Zum einen, weil ich die Speaker der einzelnen Sessions noch nicht im Detail kenne, zum anderen, weil sehr viele Themen interessant sind. Aber vielleicht nenne ich einmal zwei, auf die ich mich besonders freue: Erstens die Verleihung des Prix Voltaire, weil mir dabei immer wieder sehr eindrücklich vor Augen geführt wird, wie wenig selbstverständlich Meinungs- und Publikationsfreiheit in der heutigen Welt sind und wie sich einzelne Verleger oder Publizisten unter Einsatz ihres Lebens dafür starkmachen. Zweitens die Session zu globalen Trends in der Leserentwicklung mit Beispielen, wie unterschiedliche Länder darauf reagieren – gerade beim Thema langfristige Leseförderung finde ich die Anregungen aus dem Ausland sehr inspirierend.

Hat die Zusammenarbeit in der IPA im Zeitalter der Digitalisierung eine neue Dringlichkeit bekommen?

Ich glaube, dass die IPA im nichtdigitalen Zeitalter eine sehr wichtige Rolle spielte und diese Rolle auch im digitalen Zeitalter und in Zukunft spielen wird – ich denke nur, dass das vielen Verlagen nicht immer so bewusst ist. Unser gesamtes Geschäftsmodell beruht auf dem Prinzip des Urheberrechts, welches international durch die großen Internetkonzerne, aber auch durch einige Entwicklungsländer stark unter Druck gesetzt wird.

Durch die Arbeit der IPA in Genf, vor allem bei der WIPO (World Intellectual Property ­Organization), werden Gefahren für das Urheberrecht früh erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet. Änderungen im internationalen Urheberrecht fließen nach Verabschiedung in der WIPO zunächst in europäisches Recht ein, danach in unser deutsches Recht – sie müssen aber immer umgesetzt werden. Deshalb finde ich es großartig, dass wir bei diesem Thema durch die Leiterin des Copyright-Ausschusses, Jessica Sänger vom Börsenverein, so eine exzellente Vertretung haben und an den internationalen Entwicklungen so nah dran sind.
 
Welche Themen prägen die aktuelle Arbeit im internationalen Dachverband der Verlage?

Beide zentrale Themen habe ich schon angesprochen: Das eine ist das Thema Copyright mit allen Irrungen und Wirrungen, das andere das Thema Freedom to Publish – ich fürchte, dass uns diese beiden Themen auch die kommenden Jahre noch ausreichend beschäftigen werden.

Sie gehören zum Executive Committee der IPA. Ihre wichtigste Erfahrung in diesem Führungsgremium?

Dass ein Verband mit 81 Organisationen aus 69 Ländern ganz anders funktioniert als etwa der Börsenverein. Die Diskussionen sind geprägt von unterschiedlichen Kulturen und entsprechend auch unterschiedlichen Prioritäten. Aber was ich bereits zum Kongress gesagt habe, gilt hier umso mehr: Wenn man sich darauf einlässt, ist dieser Austausch persönlich wie beruflich sehr bereichernd; die Themen sind für uns alle wichtig.

Die Arbeit in der IPA ist nicht frei von Konflikten: Dazu gehört der Spagat zwischen der Mitgliedschaft Chinas und dem Einsatz für Freedom to Publish. Muss die IPA solche Konflikte aushalten können?

Ja, ich fürchte, das muss sie. Der Eintritt des chinesischen Verbands hat vor einigen Jahren die IPA vor eine echte Zerreißprobe gestellt, danach wurden die Statuten komplett überarbeitet. Inzwischen gibt es einen Ausschuss, der die Aufnahme neuer Länder genau prüft nach einem sehr klar geregelten Verfahren – diesen leite ich seit zwei Jahren.

Diese Entscheidung ist nicht immer einfach, aber auch in Zukunft ist es wichtig, dass möglichst viele Länder durch die IPA bei der WIPO vertreten werden, die IPA aber beim Thema Freedom to Publish keine zu großen Kompromisse eingeht. Das bleibt voraussichtlich immer diffizil, zumal sich die politische Situation in Ländern (und den dortigen Verbänden) auch immer ändern kann, wie wir in den letzten Jahren in einigen Fällen, auch in Europa, erleben mussten. Aber immerhin bleibt es so spannend …

33. IPA-Kongress

  • Vom 28. bis zum 30. Mai trifft sich die International Publishers Association (IPA) zum Kongress im norwegischen Lillehammer.
  • Börsenvereinsmitglieder profitieren noch bis zum 31. Januar vom Frühbucher-Rabatt (Kurzlink für Registrierung: bit.ly/ipakongress).
  • Erstmals präsentiert die IPA mehrere "Global Reports", etwa zum Urheberrecht, zu den UN-Nachhaltigkeitszielen, zur Leseförderung.
  • Programmdetails gibt es unter www.publisherscongress.com.