Antworten von Hörbuch Hamburg, Argon und dem Audio Verlag

Profitiert das stationäre Sortiment vom digitalen Hörbuchboom?

27. Januar 2020
von Börsenblatt
Wie viel vom gesamten Digitalumsatz generieren Hörbuchverlage mit dem stationären Buchhandel? Wer macht den Umsatz – nur die Filialisten oder auch der unabhängige Buchhandel über White-Label-Shops? Ist der Einstieg oder die Optimierung ins Digitalgeschäft für den Buchhandel überhaupt noch lohnenswert oder ist der Zug abgefahren? Drei Fragen an drei Hörbuchverlage. 

Kilian Kissling, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing, Argon Verlag

Wie viel vom gesamten Digitalumsatz generieren Hörbuchverlage mit dem stationären Buchhandel?
Noch relativ gering, unter einer halben Millionen Euro. Der Anteil am Digitalumsatz ist leider schwer zu ermitteln, da wir von den White-Label-Shops keine Auswertungen haben, welche Kunden davon Sortimenter sind. Es ist aber ein sehr geringer Anteil. Ich schätze ihn auf höchstens 5% vom Digitalumsatz. Allerdings ist das nur die Vogelperspektive. 5% klingt wenig, jedoch muss man sehen, dass es sich um einen sehr großen und wachsenden Vertriebszweig handelt, in dem die großen Akteure auch Millionenbeträge ins Marketing investieren. Aus Sicht eines einzelnen Händlers kann es sich trotzdem lohnen, seinen Kunden digitale Angebote zu machen.


Wer macht den Umsatz – nur die Filialisten oder auch der unabhängige Buchhandel über White-Label-Shops?
Ganz überwiegend die Filialisten. Wir bieten gemeinsam mit einigen anderen Verlagen seit vielen Jahren eine Whitelabel-Lösung an, die jedoch sehr wenig gefragt ist. 

Ist der Einstieg beziehungsweise die Optimierung ins Digitalgeschäft für den Buchhandel überhaupt noch lohnenswert oder ist der Zug abgefahren? 
Das hängt sehr stark davon ab, wie engagiert und lebendig der Auftritt eines Sortiments ist und in welchem Maße Hörbücher darin ein sinnvoller Bestandteil sind. Insgesamt bietet das Digitalgeschäft noch große Möglichkeiten und da ist ganz sicher kein Zug abgefahren. Die größte Herausforderung besteht allerdings darin, wahrgenommen zu werden. Über das Suchmaschinen-Marketing scheint es mir kaum aussichtsreich, im Umfeld der großen Anbieter Aufmerksamkeit zu bekommen, weil man sich großen Budgets und sehr professionellen Expertenteams gegenüber sieht. Wer jedoch eine eigene Kundenbasis hat, die z. B. über Newsletter oder Social-Media-Auftritte erreicht wird, kann auch heute jederzeit gute Erfolge mit dem Digitalverkauf von Hörbüchern erzielen.

Johannes Stricker, Geschäftsführer, Hörbuch Hamburg

Wie viel vom gesamten Digitalumsatz generieren Hörbuchverlage mit dem stationären Buchhandel? 
Der Digitalumsatz im stationären Buchhandel liegt - gemessen an unseren Digitalumsätzen - insgesamt im niedrigen einstelligen Prozent-Bereich. Und hier wird, wie Sie schon vermutet haben, der Großteil des Umsatzes von den Filialisten gemacht.

Ist der Einstieg beziehungsweise die Optimierung ins Digitalgeschäft für den Buchhandel überhaupt noch lohnenswert oder ist der Zug abgefahren? 
Gerade auch für den unabhängigen Buchhandel lohnt sich der Einstieg ins Digitalgeschäft. Denn damit zeigt er seinen Kunden seine Medienkompetenz. So hat er die Chance, auch jüngere Konsumenten, die nicht zu den regelmäßigen Buchhandlungsbesuchern zählen, für Literatur zu begeistern und an sein Geschäft zu binden. (Das Hören von Literatur war ja nie so populär wie heute! Und gerade junge Leute, die keine Bücher lesen, nutzen die Zeiten in U-Bahn und Flugzeug, um Hörbücher zu hören!)  

Welche Maßnahmen schlagen Sie vor?
Das Digitalgeschäft, so es denn lohnenswert sein soll, setzt natürlich mehr Engagement voraus und eine stärkere Fokussierung  auf den Hörbuch- Download  auf der Website, sei es nun ein eigener oder ein White- Label-Shop. Die Sortimente, die den Hörbuch-Download bereits anbieten - und da schließe ich durchaus auch die Filialisten ein - tun dies bisher unter den potentiellen Möglichkeiten, wie ich finde.

Abgefahren ist kein Zug, denn wir befinden uns in einer Wachstumsphase, in der ständig neue Unternehmen im Markt entstehen. Warum sollte nicht auch der Sortimenter von nebenan an diesem Geschäft partizipieren. Die technischen Möglichkeiten sind da!

Corinna Zimber, Inhaberin Audiobuch Verlag

Wie viel vom gesamten Digitalumsatz generieren Hörbuchverlage mit dem stationären Buchhandel?
Bisher muss man in Sachen Download- und Streaming-Geschäft leider von einer verpassten Chance für den Buchhandel reden. Streaming wird überhaupt nicht angeboten und Download nur von einer kleinen Zahl von Filialisten. Deren Anteil an unserem digitalen Umsatz beträgt insgesamt nur ca. 3 Prozent. White-Label-Shops spielen keine Rolle. 

Ist der Einstieg beziehungsweise die Optimierung ins Digitalgeschäft für den Buchhandel überhaupt noch lohnenswert oder ist der Zug abgefahren? 

Für die Zukunft hoffe ich auf Buchhandelspartner wie die der Tolino-Allianz. Solche Zusammenschlüsse haben auch heute noch eine Chance in den Markt einzusteigen – allerdings nur mit echtem Engagement. Nebenher oder als Einzelkämpfer lässt sich ein digitaler Vertrieb wohl kaum aufbauen.

Mehr zum digitalen Hörbuch im stationären Sortiment lesen Sie im Fokus Hörbuch in Börsenblatt Heft 5, das am morgigen Donnerstag erscheint!