Nominierungen zum Deutschen Jugendliteraturpreis

Gerstenberg sahnt ab

10. März 2020
von Börsenblatt

Mit gleich sechs Titeln ist der Gerstenberg Verlag bei den 32 Nominierungen für den mit 72.000 Euro dotierten Deutschen Jugendliteraturpreis vertreten. Welche Titel Kritiker und Jugendliche in welcher Sparte empfohlen haben, erfahren Sie – mit Jury-Begründung – hier:

Doppelt vertreten ist diesmal Dashka Slaters "Bus 57" (Loewe), den sowohl die Kritiker als auch die Jugendjury nominiert haben. Insgesamt haben sie 647 Neuerscheinungen gesichtet. 

"Die nominierten Bücher widmen sich in kunstvoller Sprache und beindruckenden Bildern dem Leben in all seinen Facetten", konstatiert der Vorsitzende der Kritikerjury, Prof. Jan Standke. "Von der Antarktis bis zum Mond, vom unbeschwerten Freibadsommer bis zum Identitätskonflikt im Kinderzimmer, von den einfachsten geometrischen Formen bis zum komplizierten Schriftsystem, vom Roman bis zum Gedicht: Die Nominierten führen uns in entlegene Ecken der Welt, zeigen uns aber auch die Welt vor der eigenen Haustür und überraschen mit neuen Blickwinkeln."

Sparte Bilderbuch

Anita Lehmann (Text), Kasia Fryza (Ill.): "Sabber Schlabber Kussi Bussi".

Aus dem Englischen von Stefanie Kuballa-Cottone, Helvetiq, 14,00 €, ab 3

Jury-Begründung: "Die fünfeinhalbjährige Emma mag das vertraute Knuddeln mit ihren Eltern, die sich weich wie Pelztiere anfühlen und nach Schnee und Honig duften. Wenn aber die Verwandtschaft zu Besuch kommt, nach Mottenkugeln, Moder oder Muscheln müffelnd dem Kind auf die Pelle rückt, dann ist das Geküsse und Geschlabber eine ekelhafte Zumutung. Doch Emma hat Glück! Titan zieht ein, ein riesengroßer, freundlich-zärtlicher Hund mit ungestüm-überschwänglichem Besucherbegrüßungsverhalten. Er saust künftig ganz nach vorne, wenn der Besuch anrückt und schlägt die Bagage mit seinem Gesabber in die Flucht. Emma braucht nichts mehr zu fürchten.
Eine Geschichte, die Kinder ermutigen kann, über distanzlose Erwachsene zu sprechen. Die polnische Illustratorin Kasia Fryza hat diese Geschichte gefühlvoll bebildert: Proportionen und Bewegungsdarstellung wecken Mitgefühl, der reduzierte grafische Stil schafft jedoch gleichzeitig Distanz in beklemmenden Szenen und hat Witz.Der Text in Übersetzung von Stefanie Kuballa-Cottone hat in seiner typografischen Umsetzung eine zentrale Rolle im Bildaufbau."

John Hare: "Ausflug zum Mond"

Moritz, 14,00 €, ab 4

Jury-Begründung: "Bei einem Ausflug zum Mond verpasst ein Kind den Abflug und findet sich plötzlich alleine wieder. Wenig beunruhigt greift es nach seinen Malsachen und bemerkt zunächst nicht die grauen Mondwesen, die von überallher aus dem Staub auftauchen und das malende Kind bestaunen. Über das Bild eines bunten Regenbogens schließen beide Seiten vorsichtig Freundschaft, malen wenig später gemeinsam und mit wachsendem Vergnügen auf die Mondsteine. Immer bunter wird die graue Landschaft.

Endlich kommt das Raumschiff zurück, der aufgeregte Erwachsene kann das Kind in die Arme schließen – und es dann für die bunten Graffitis rügen. Die Mondwesen im Staub bemerkt er nicht. Der Mond wird gesäubert, die Menschen verschwinden. Zurück bleiben die Mondwesen, die jeder einen bunten Stift behalten haben. Dem Kind bleibt nur ein grauer Malstift – und mit dem malt es im Raumschiff seine neuen Freunde.

Das mit 48 Seiten recht umfangreiche und mit hohem Schwarzanteil versehene Bilderbuch verzichtet auf Worte. Das Kind kann sowohl Junge als auch Mädchen sein. Obwohl man wegen des Mondhelms keinerlei Mimik erkennen kann, ist doch die Körperhaltung so aussagekräftig, dass die Betrachter genau verstehen, wie sich die Akteure gerade fühlen. Humorvoll, spannend, hintergründig und ein wunderbarer Erzählanlass – ein wahrhaft grandioses Buch!"

Mac Barnett (Text), Jon Klassen (Ill.: "Dreieck Quadrat Kreis"

Aus dem Englischen von Thomas Bodmer, NordSüd, 45,00 €, ab 5

Jury-Begründung: "Dass scheinbar ganz einfache Formenbücher spannende Geschichten erzählen können, zeigen Mac Barnett und Jon Klassen. Gemeinsam haben sie drei Formen zu titelgebenden Bilderbuchhelden entwickelt, die sich charakterlich deutlich voneinander unterscheiden und doch gleich drei gemeinsame Abenteuer bestehen. Jedes der drei Bücher kann als Einzelwerk gelesen werden: Dreiecks Streichgeschichte, Quadrats künstlerisches Experiment und das unheimliche Abenteuer von Kreis beim Versteckspiel hinter dem Wasserfall. Wer jedoch alle drei Bücher liest, erkennt bald, wie die Geschichten über ihren eigentlichen Rahmen hinaus noch weitergehen, miteinander verflochten sind und sich gegenseitig beeinflussen.
Intelligent und gewitzt spielen Barnett und Klassen hier mit Konventionen und fordern bei scheinbar einfachstem Plot auch erwachsene Betrachterinnen und Betrachter noch heraus. In ihrem Stil bleiben sie sich dabei treu: gedeckte Farben auf cremefarbenem Grund, die charakteristische Drucktechnik und ein gehöriges Augenzwinkern gehören hierzu. Viel komplexer als auf den ersten Blick zu vermuten, sind diese Bilderbücher – in der Übersetzung von Thomas Bodmer – Titel, die mitwachsen und Bilderbuchfreunde lange begleiten."

Julie Fogliano (Text), Lane Smith (Ill.): "Das Haus, das ein Zuhause war"
Aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn, Fischer Sauerländer,16,00 €, ab 5

Jury-Begründung: "Ein leer stehendes Haus im Wald ist eine wunderbare Inspiration – wer mag dort gelebt haben? Was hat er getan, wen geliebt? Zwei Kinder nähern sich behutsam und spüren dem Geheimnis nach. Das Haus gibt seine Erinnerungen langsam preis – ein Foto, eine leere Konservendose, ein Buch. Lane Smith begleitet die Kinder und darüber die Bildbetrachter mit überlagerten Farbdrucken in kräftigen Rot- und blassen Blautönen durch eine überwucherte und verwilderte Landschaft, in der das alte Haus mit abblätternder Farbe steht. Kaum klettern die Kinder hinein und beginnen sich auszumalen, wer einst hier gewohnt haben mag, ändert sich der Illustrationsstil. Zwar hält Smith hier an der Drucktechnik fest, doch sind Bilder und Farben nun satter und wirken damit lebendiger.
Jane Fogliano fängt die stille Poesie dieses einsamen Ortes in wenigen Worten ein und bedient sich dabei immer wieder lyrischer Stilmittel. In der deutschen Übertragung von Uwe-Michael Gutzschhahn scheint der Text so beinahe wie ein Gedicht, schwerelos und irgendwie zur flirrenden Sommerhitze passend, die man aus den Bildern herausliest. Ein Sommertraum, der zu eigenen Streifzügen verlockt und die Phantasie anregt – wunderbar!

Ina Hattenhauer: "Das ausgelassene ABC"

Gerstenberg, 13,00 €, ab 5

Jury-Begründung: "Schon mal was von Brutmode gehört? Vom Umtusch ist sie selbstverständlich (a)usgeschlossen! In diesem ABC-Bilderbuch fahren Rummärchen auf einem kleinen Boot spazieren, ein Flugzeug zieht eine Fahne mit der Aufschrift 'Schrei mal wieder!' über den Himmel und gleichzeitig weist ein großes Schild auf Waldrandgefahr hin. Neben dem Buhladen befindet sich das Restaurant 'Teufels Kühe', wo man Hili sin Arne oder auch Broolisuppe auf der Speisekarte findet. Ein paar Seiten weiter ist man willkommen im Ästehaus oder kann im Lattenladen oder der Lätzchen-Bäckerei einkaufen. Auf dem Bürgersteig sind Sitzmäuse zu betrachten.

Jedem Buchstaben des Alphabets ist eine Doppelseite gewidmet, die sich präsentiert wie eine Bühne wundersamer Ereignisse und Botschaften. Überall in Schrift und Bild sind rätselhafte Wortbedeutungen zu finden, die durch das Weglassen des jeweiligen Buchstabens entstehen und – Aha!! – zu lustigen Wortneuschöpfungen geraten. Dieses Bilderbuch regt an zum Ohrenspitzen, genauen Hinschauen, lauten Lesen. Beim gemeinsamen Betrachten macht es jungen Buchstaben-Entdeckerinnen und -Entdeckern sicher genauso großen Spaß wie älteren Leseratten. Ina Hattenhauers cartoon-ähnliche Bildszenen bringen viel Augenzwinkern mit und unterstreichen den Wortwitz dieses sprachanregenden ABC-Bilderbuchs."

Piotr Karski: "Meer! Das Wissens- und Mitmachbuch"

Aus dem Polnischen von Marlena Breuer, Moritz, 20,00 €, ab 7

Jury-Begründung: "In diesem Bilderbuch geht es um das Meer als Lebensraum und Lebensquelle für die großen und kleinen Tiere, unter und über Wasser – und für uns Menschen: als Ferienziel, als Ort für Sport und Erholung, für Arbeit und Geschäfte. Jede Doppelseite präsentiert einen neuen Blickwinkel auf und in die faszinierende Wasserwelt. Aber es ist kein Sachbilderbuch im herkömmlichen Sinn. Eher ist es ein Mitmach-Bilderbuch mit vielen Anregungen zum entdeckenden Lernen und ebenso vielen Leerstellen. So wird das Buch durch das gestaltende Kind erst vollständig. Es lässt Raum für die Vorstellungskraft und dafür, sich alles, was über das Meer erzählt wird, zu eigen zu machen. Es wird so viele unterschiedlich gestaltete Bücher geben wie Kinder, die es besitzen.
Piotr Karskis grafische Illustrationen in den frischen Farben Blau, Weiß und Korallenrot wechseln von fast ornamentaler Gestaltung detailgenauer Kleinigkeiten über klare, reduzierte Sachlichkeit zu großen freien Flächen, welche nur mit Andeutungen arbeiten, die sich als Inspiration für eine eigene Idee des Kindes anbieten. Das raumgreifende Querformat mit offener Fadenbindung, hochwertigem Papier und harmonisch wirkender Farbgestaltung bietet die ideale Plattform für Piotr Karskis Aufforderungen an Kinder. Marlena Breuer hat das Buch ins Deutsche übersetzt."

Sparte Kinderbuch

Stefanie Schweizer (Hrsg.): "Lyrik-Comics. Gedichte Bilder Klänge für Kinder in den besten Jahren"

Beltz & Gelberg, 16,95 €, ab 6

Jury-Begründung: "Mit dieser Sammlung ist der Herausgeberin Stefanie Schweizer ein kleines Meisterwerk gelungen. 19 Gedichte von modernen, aber auch kanonisierten Lyrikerinnen und Lyrikern wie Mascha Kaléko, Christian Morgenstern oder auch Joachim Ringelnatz werden hier in Form von Comics stimmig und überraschend neu interpretiert. Das kann wie bei „Der Ausschnitt“ von Sarah Kirsch mit Panel und Sprechblase oder wie bei „das wuuhuu“ von Arne Rautenberg experimentell in großformatigen Bildern über mehrere Doppelseiten erfolgen. Dabei überzeugt jedes Gedicht mit einem eigenen Farbkonzept, das sich auch in den Comics wiederfindet. Abwechslungsreich wird die gestalterische Bandbreite von neun Illustratorinnen und Illustratoren gezeigt, die sich auf das Experiment Lyrik-Comics eingelassen haben. Elf der 19 Werke finden zudem eine musikalische Umsetzung mit Akkordeon, Cello und jeder Menge Spaß. Mal erinnern die Vertonungen an französische Chansons, dann an hemdsärmelige Seemannslieder oder sie sind ganz zart und zerbrechlich. Wer sich einen Eindruck von den klangvollen Adaptionen machen möchte, findet die Stücke auf der Website des Verlages unter www.beltz.de/lyrikcomics. Dieses innovative Gesamtkunstwerk macht spielerisch Lust auf Lyrik zum Anfassen und Erleben."

Will Gmehling: "Freibad. Ein ganzer Sommer unter dem Himmel"

Peter Hammer, 14,00 €, ab 9

Jury-Begründung: "Jeden Tag ins Freibad! Einen ganzen Sommer lang! Die Bukowski-Geschwister Katinka, Robbie und der Ich-Erzähler Alf können es kaum glauben. Nur weil sie im Hallenbad ein kleines Kind vor dem Ertrinken gerettet haben, bekommen sie jeder eine Saisonkarte. Kostenlos! Das ist wie Weihnachten und Ostern zusammen, denn irgendwie ist zu Hause nie genug Geld da. Und so verbringen die Geschwister jeden Tag im Freibad, bei Wind und Wetter. Sie alle haben sich Ziele für den Sommer gesteckt: Robbie möchte das Schwimmabzeichen in Bronze machen, Katinka will Französisch lernen, außerdem am Stück 20 Bahnen kraulen und Alf nimmt sich vor, vom Zehn-Meter-Turm zu springen.
  Vordergründig passiert nicht viel in diesem warmherzigen Kinderbuch. Zwischen Pommes, Eis und Sonnencreme scheint ein Tag dem anderen zu gleichen. Die Besonderheit dieser Geschichte ist die Darstellung der Familie: Zusammenhalt, gegenseitige Unterstützung und Verständnis füreinander sind so selbstverständlich, dass man mit den Bukowskis sofort befreundet sein möchte. Dass das ganz ohne Pathos, ohne viel Aufhebens und trotzdem spannend erzählt wird, ist das große Verdienst dieses herausragenden Kinderromans."

Linde Hagerup (Text), Felicitas Horstschäfer (Ill.): "Ein Bruder zu viel"

Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs, Gerstenberg, 14,95 €, ab 9

Jury-Begründung: "Schon bei den alljährlichen Weihnachtsbesuchen fand Sara Steinar, den Sohn von Mamas bester Freundin Karin, furchtbar. Und nun, da Karin gestorben ist, soll er nicht mehr nur über die Feiertage zu Besuch kommen, sondern bei ihnen dauerhaft ein neues Zuhause finden. Schlimmer noch: Er wird mit Sara in ihrem Zimmer wohnen!
Steinars Einzug bringt das familiäre Zusammenleben komplett durcheinander. Obwohl Sara den Ernst der Lage versteht, kann ihr Herz sich nicht dazu durchringen, Steinar zu mögen. In Saras Bauch wohnt ein „Ich-Halt-Das-Nicht-Mehr-Aus-Tier“, das kratzt und beißt und heraus will. In ihrer Zerrissenheit findet Sara einen ungewöhnlichen Weg, um ihre Gefühle besser kontrollieren zu können: Sie wird zu Steinars großem Bruder – zu Alfred, der mit Stei­nar spielt, ihn gewinnen lässt und ihm das Lesen beibringt. Sensibel nehmen Saras Eltern diese neue Identität ihres Kindes an, akzeptieren den Kurzhaarschnitt und die Jungenklamotten. Gleichzeitig aber lassen sie Alfred immer wieder ihre Liebe zu Sara spüren und eb­nen ihr damit den Weg, wieder als Sara in der Familie zu leben.

Linde Hagerup hat einen fein gesponnenen psychologischen Kinderroman in knappen, sensiblen Worten verfasst, der durch die in kräftigem Blau und Gelb gehaltenen Scherenschnitte von Felicitas Horstschäfer eine besondere emotionale Tiefe erhält. Gabriele Haefsʼ hervorragende Übersetzung dieser tiefgründigen Verwandlungsgeschichte lässt viele Fragen offen und regt so zum gemeinsamen Nachdenken an."

Stanislaw Wostokow (Text), Marija Woronzowa (Ill.): "Frossja Furchtlosoder von sprechenden Hühnern und verschwindenden Häusern"

Aus dem Russischen von Thomas Weiler, Knesebeck Verlag, 14,00 €, ab 9

Jury-Begründung: "400 Kilometer nordnordöstlich von Moskau lebt Frossja mit ihrer Großmutter Aglaja und einigen sprechenden Hühnern in einem alten Bauernhaus aus dem 19. Jahrhundert. Frossjas Eltern sind Geologen und in der Welt unterwegs, während Frossja die Dorfschule besucht, in der nur noch zwei weitere Kinder unterrichtet werden. Sie bezeichnet sich selbst als 'waschechtes Bauernweib', hat das Herz auf dem rechten Fleck und fürchtet sich vor fast nichts. Als ihre Großmutter vom Dach fällt und für längere Zeit ins Krankenhaus in eine ferne Stadt kommt, muss Frossja den Haushalt allein bewältigen.
Unterstützung bekommt sie von Gerassim, dem kaffeesüchtigen, sprechenden Bären, der auch ganz hervorragend singen kann und so das Fortbestehen des kleinen Dorfchores sichert. Als die Sehnsucht Frossja dazu treibt, ihre Großmutter zu besuchen und sich durch unglaubliche Schneemengen bis nach Wologda durchzuschlagen, passiert das Verrückte, das dem Buch zusätzlich eine besondere Note verleiht: Das Haus der Großmutter wird abgebaut und ins Museum für Holzbaukunst transportiert!

Stansilaw Wostokows Kindergeschichte steckt voller skurriler Ideen, selbstbewusster Kinder, liebenswerter Erwachsener und verrückter Verwicklungen, die Thomas Weiler mit viel Sprachwitz aus dem Russischen ins Deutsche übertragen hat. Die Illustrationen von Marija Woronzowa tragen dazu bei, dass dem Roman die märchenhafte Stimmung nie abhandenkommt."

Anne Becker: "Die beste Bahn meines Lebens"

Beltz & Gelberg, 12,95 €, ab 10

Jury-Begründung: "Sommerferien und alles könnte so schön sein. Wäre da nicht dieser Umzug. Für den 13-jährigen Jan bedeutet das: ein neues Zuhause, eine fremde Schule und ein anderer Schwimmverein. Als wäre das nicht schon schlimm genug, wohnt jetzt auch noch ein Mädchen im Nachbarhaus, das ihn verwirrt und ihm nicht mehr aus dem Kopf geht. Wie sich herausstellt, geht Flo – so heißt das Mädchen – auch noch in seine neue Klasse. Auf keinen Fall darf sie von seiner Lese-Rechtschreib-Schwäche erfahren! Prompt gerät er aber mit seinem Klassenkameraden Linus aneinander und droht aufzufliegen. Denn: Linus war vor den Ferien mit Flo zusammen, ist im selben Schwimmverein und hat es auf Jan abgesehen.

In ihrem Debüt erzählt Anne Becker glaubwürdig und mit wechselnden Perspektiven von der ersten Liebe, der Kunst sich selbst anzunehmen und für Fehler einzustehen. Neben dem Ich-Erzähler Jan kommt Flo in ihren Tagebucheinträgen zu Wort, in denen sie ihre Gefühle ausschließlich in Form von Diagrammen und Infografiken darstellt. Das ist pointiert und außergewöhnlich witzig. Intelligentes Lesevergnügen mit einem warmherzigen und zugleich ehrlichen Blick auf diese sonderbare Zeit zwischen Kindheit und Pubertät."

Enne Koens (Text), Maartje Kuiper (Ill.): "Ich bin Vincent und ich habe keine Angst"

Aus dem Niederländischen von Andrea Kluitmann, Gerstenberg, 15,00 €, ab 10

Jury-Begründung: "Vincent wird von seinen Mitschülern seit langer Zeit brutal gequält, weshalb er der bevorstehenden Klassenreise mit Grauen entgegensieht. Mithilfe eines Survival-Handbuches versucht er sich auf jede Art von Angriff vorzubereiten. Sein einziges Ziel: Überleben. Schonungslos beschreibt Enne Koens den Versuch des elfjährigen Vincent, ein normales Leben zu führen. Doch sein Alltag ohne Freunde, immer in der Außenseiterrolle, ständig voller Angst vor den anderen Jungen, in einer Phantasiewelt, in der er mit Tieren spricht, lässt Normalität nicht zu. Auf der Klassenreise eskaliert die Situation und Vincent flieht in den Wald, um seinen Peinigern zu entgehen. Sein Survivalwissen hilft ihm mit seinen Ängsten umzugehen und die Nacht im Wald zu überstehen. Zum Glück gibt es „Die Jacke“, eine Klassenkameradin, die ihn im Wald sucht und ihm beweist, dass er es wert ist, gefunden zu werden. Daraufhin öffnet Vincent sich, besiegt seine Angst und stellt sich seinen Peinigern.

Enne Koens berichtet konsequent nur aus der Perspektive von Vincent und führt so die Mechanismen von Mobbing sehr eindrücklich vor Augen. Die herausragenden Illustrationen von Maartje Kuiper und die in grün und schwarz gehaltenen Vignetten, machen das Buch zu einem Gesamtkunstwerk, das der Schwere des Themas entspricht und trotzdem, in der stimmigen Übersetzung von Andrea Kluitmann, Platz lässt für eine abenteuerliche und zeitweise humorvolle Lesart."

Sparte Jugendbuch

Susan Kreller: "Elektrische Fische"

Carlsen, 15,00 €, ab 12

Jury-Begründung: "Wie nah Heimat und Heimatlosigkeit, Herkunft und Entwurzelung beieinander liegen können, erlebt Emma am eigenen Leib. Mit den beiden Geschwistern und ihrer Mutter zieht sie in deren Mecklenburg-Vorpommersche Heimat. Vor 20 Jahren ging die Mutter als Au-Pair nach Dublin. Nach der Trennung vom Vater der Kinder muss sie mit ihrer Familie ein neues Leben in alter Umgebung beginnen, irgendwo auf dem Land an der Ostsee.

Die drei Geschwisterkinder gehen mit der Fremdheit, die sie in der Küstenprovinz erleben, auf unterschiedliche Weise um: Emmas kleine Schwester schweigt, ihr großer Bruder stürzt sich ins dörfliche Leben und sie selbst plant die heimliche Rückkehr nach Dublin. Doch da ist noch ihr Klassenkamerad Levin. Er bietet seine Hilfe an, wird schnell zum wichtigen Zuhörer und Freund. Als Emma Einblick in sein kompliziertes Familiengefüge erhält, fragt sie sich, ob sie ihre eigene Situation wirklich richtig beurteilt.

Susan Kreller erzählt eine Geschichte, die ebenso von Heimkehr wie von der Fremde handelt und Emmas Erfahrungen des Nicht-Ankommens eindrucksvoll ausleuchtet. Die poetische Sprache des Romans ist packend und führt direkt hinein in Emmas Zerrissenheit zwischen zwei Ländern. Und am Ende steht die Einsicht, dass Heimat vor allem ein Gefühl ist."

Dita Zipfel (Text), Rán Flygenring (Ill.): "Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte"

Hanser, 15,00 €,  ab 12

Jury-Begründung: "Gassi gehen und pro Stunde 20 Euro einkassieren – perfekt, findet Lucie Schmurrer, fast 13, die dringend Geld braucht, um von Zuhause ausziehen zu können. Lucie will unbedingt den Hundejob bei Herrn Klinge. Dass es dem aber um die Abfassung eines geheimen Kochbuchs geht, damit hat Lucie nicht gerechnet. Klinge ist irgendwie verrückt, folgt seiner eigenen Logik in der Klingewelt. Für die beherzte Lucie aber kein Grund, ihn nicht zu unterstützen. Denn Wahnsinn kennt sie auch aus ihrem normalen Teenie-Alltag: die wechselnden Beziehungen der Mutter, die Irritationen des ersten Verliebtseins oder der Beziehungsdschungel in der Schule – wo Würgeschlangen mit Schneehasen in einen Käfig gesperrt sind.

Man nehme für ein innovatives Buchrezept: einen skurrilen Plot, eine erfrischend unverblümte Sprache, ein starkes Figurenensemble, würze das Ganze mit einer großen Portion Humor und reichere es mit verblüffend zutreffenden Illustrationen an. Schon hat man eine Geschichte, die herausragt und unglaublich originell ist. Dass sie noch dazu in einem stimmig durchgestalteten Buch verpackt ist, erhöht die Lesefreude."

Antje Herden: "Keine halben Sachen"

Beltz & Gelberg, 12,95 €, ab 14

Jury-Begründung: "Einsamkeit und Langeweile beherrschen Robins Teenagerleben. Dies ändert sich, als Leo, ein neuer Klassenkamerad, in seinen Alltag tritt. Leo strotzt vor Selbstbewusstsein und zieht den unsicheren Robin rasch in seinen Bann.  Robin lernt das Leben nun von einer anderen Seite kennen – Rauchen, Trinken und Kiffen gehören dazu. Es dauert nicht lange und der Abstieg in eine Welt von Drogen und wilden Partys beginnt. Immer weiter scheint Robin aus der Realität in eine Parallelwelt zu entgleiten. Nach einem heftigen LSD-Trip und einem anschließenden Streit mit seiner Mutter stürzt Robin berauscht aus dem Fenster, verletzt sich schwer und kämpft im Krankenhaus gegen den Tod. Jeden Tag schwindet seine Hoffnung, dass sein neuer bester Freund Leo ihn am Krankenbett besuchen kommt.

Antje Herden gelingt es, Robins jugendliche Gier nach Neuem und Zugehörigkeit in Worte zu fassen. Ihre Sprache fesselt und vermag einen Drogentrip beängstigend real zu schildern. Nie tönt es jedoch belehrend oder gar verharmlosend aus dem Text. Ungewohnt und anregend ist die Verwendung der Du-Ansprache, die irritiert und deren Geheimnis erst am Ende gelüftet wird. Ein literarischer Trip, verstörend und faszinierend zugleich."

Jason Reynolds: "Long way down"

Aus dem Englischen von Petra Bös, dtv Reihe Hanser, 14,95 €, ab 14

Jury-Begründung: "Sieben Stockwerke, sechs Begegnungen mit Toten, drei Regeln, ein Fahrstuhl und am Ende eine Entscheidung. Wills großer Bruder Shawn wurde auf offener Straße erschossen, sein Tod kam nicht überraschend. Seitdem Will klein ist, kennt er die Regeln der Straße: 1. Nicht weinen, 2. Niemanden verpfeifen, 3. Auf jeden Fall Rache nehmen. Nun steht er vor der schwersten Entscheidung seines Lebens: Soll er sich einreihen in die lange Liste der Toten oder ist er der Erste, der die Waffe sinken lässt und keine Rache nimmt? Will fährt im Fahrstuhl gen Erdgeschoss, durchlebt Gefühle der Angst, der Rachsucht, aber auch die Sehnsucht nach Ruhe.

Der Autor hat eine famose Idee kunstvoll umgesetzt: In einer erzählten Zeit von nur einer Minute gelingt es Jason Reynolds mit reduzierten Mitteln, Spannung und Intensität zu schaffen, die kaum Zeit zum Atmen lässt. Reynolds erster Versroman besticht durch seine präzise und gleichermaßen fesselnde Sprache. Die Knappheit lässt Raum für eigene Deutungen und fordert zum individuellen Urteil auf. Petra Bös hat den Versroman fabelhaft übersetzt."

Dashka Slater: "Bus 57"

Aus dem Englischen von Ann Lecker, Loewe, 18,95 €, ab 14

Jury-Begründung: "Eine spontane Tat führt zur Katastrophe für zwei Jugendliche: Richard, Afroamerikaner und kriminell vorbelastet, schnippt im Bus ein Feuerzeug an und hält es an Sashas Rocksaum. Sasha, weiß und agender, steht unmittelbar darauf in Flammen und trägt qualvolle Brandverletzungen davon. Richard wird verhaftet und gerät in die Mühlen des Justizsystems. Von einem Verbrechen aus Hass ist die Rede und Richard droht eine lange Haftstrafe.
Dashka Slaters genau recherchierte Aufbereitung realer Ereignisse aus Oakland des Jahres 2013 widerlegt das zunächst Augenscheinliche. Unter Einbeziehung vielfältiger Dokumente (u.a. Interviews, juristische Kommentare, Briefe, Lyrics, poetische Beschreibungen) zeichnet die Autorin aus verschiedenen Blickwinkeln die Lebensgeschichten dieser beiden Jugendlichen nach, welche unwiederbringlich miteinander verknüpft sind. Überzeugend ist die konsequent neutrale erzählerische Darbietung mit vielen Hintergrundinformationen etwa zu Genderkonzepten und jugendlichem Strafvollzug. Deutlich wird, dass binäre Konzepte wie Opfer/Täter, männlich/weiblich, schwarz/weiß und schuldig/unschuldig nicht weiterhelfen. Stimmig und innovativ dazu ist die sprachliche Gestaltung, welche statt binärer Pronomen ein neutrales 'sier' nutzt und überraschend eingängig ist. Bus 57 ist ein wichtiges Plädoyer für eine diverse Gesellschaft."

Stefanie de Velasco: "Kein Teil der Welt"

Kiepenheuer & Witsch, 22,00 €, ab 16

Jury-Begründung: "Sulamith ist nicht mehr da. Sie war Esthers einzige Freundin und innige Verbündete. Die Ich-Erzählerin Esther schildert nach und nach in Rückblenden, wie die kleine Sulamith und ihre Mutter als Bedürftige von Esthers Eltern, erfolgreichen Sonderpionieren der Zeugen Jehovas, eingesponnen werden in die Strukturen der Glaubensgemeinschaft, wie Sulamith aufbegehrt und schließlich aussteigt. Nicht nur durch Esthers Stimme kommt Sulamith zu Wort, auch die Auszüge aus ihrem Tagebuch sind eine Chronik ihres Werdegangs. Die Erzählung, in die Teile 'Genesis' und 'Exodus' gegliedert, spiegelt eine zweifache Entwicklungsgeschichte, die Sulamiths und die Esthers. Denn auch Esther, anfänglich die gefügige und vielversprechende Tochter, gerät nach dem Verlust von Sulamith zunehmend in Zweifel, besonders an den Machenschaften der Eltern, bis ihr am Ende die Flucht gelingt.
Es handelt sich um einen erzählerisch vielschichtigen Roman. Angesiedelt in der Nachwendezeit, gibt er kenntnisreich Einblicke in die Organisation und Strategien der Zeugen Jehovas, deutet aber auch deren Verfolgung im Naziregime und in der DDR an. Was es für die beiden Protagonistinnen bedeutet, 'kein Teil der Welt' zu sein, wird atmosphärisch dicht entfaltet, ist aber auch über weite Strecken bedrückend und lässt einen nach der Lektüre lange Zeit nicht los."

Sparte Sachbuch

Eva Martens (Redaktion): "Mit Kindern durchs Museum. Farben"

Carlsen, 9,99 €, ab 2

Jury-Begründung: "Die Welt im Bild entdecken – dazu lädt dieses Bildwörterbuch ein und öffnet neue Horizonte für jedes Alter. Denn die weißen Seiten des quadratischen Buchs halten so manche Überraschung bereit: Statt monochrom kolorierter Alltagsgegenstände mit klaren Umrisslinien sind hier Fotografien von Gegenständen aus Hamburger Museen zu sehen. Es sind vertraute wie auch unbekannte Dinge, die von längst vergangenen Zeiten erzählen. Exponate, die staunen lassen und neugierig machen, und die in ihrer fotografisch dokumentierten Materialität gleichzeitig eindrucksvoll zeigen, mit welchen Schattierungen und Abstufungen Farben wie Blau, Grün, Rot, Gelb, Orange oder Braun aufwarten können.

Der Fisch aus Plüsch, die Kette aus Bernstein, die Unterwäsche aus Viskose – sie alle sind orange, so, wie es die Überschrift der Doppelseite verrät. Aber da ist noch mehr, was man über Fisch und Co. wissen kann. Und so bietet dieses Buch dank seines transmedialen Konzepts all jenen, die dem Wiedererkennen und Benennen von Farben und Gegenständen bereits entwachsen sind, ein Mehr an Geschichten, Hintergrundformationen und Inspiration. All das ist nicht im Bildwörterbuch, sondern konsequenterweise auf einer zugehörigen Webseite nachzulesen (https://shmh.de/de/mit-kindern-durchs-museum-farben)."

Sabina Radeva: "Darwins Entstehung der Arten"

Aus dem Englischen von Stefanie Ochel, Hanser, 16,00 €, ab 6

Jury-Begründung: "Evolution ist ein ebenso wichtiges wie kontrovers diskutiertes Thema. Mit seinen Ideen und Erkenntnissen zur Entstehung der Arten hat Charles Darwin 1859 das Verständnis vom Leben auf der Erde grundlegend verändert. Dieses erzählende Sachbilderbuch nimmt sich Darwins bahnbrechendes Werk zur Vorlage, zitiert zentrale Passagen und setzt es durch die Einbettung in die Lebensgeschichte des Naturforschers wie auch die Erweiterung um Erkenntnisse der modernen Wissenschaft und die Auseinandersetzung mit Missverständnissen rund um die Evolutionstheorie in einen größeren (ideologiefreien) Kontext.
 

In einem ansprechenden Zusammenspiel aus verständlich formulierten Texten und humorvoll stilisierten Bildern wird Darwins Theorie greifbar: Mit Witz, Leichtigkeit und gewissenhafter Präzision werden selbst komplexe Zusammenhänge oder Begriffe wie Art, Gattung, Selektion und Variation erklärt und in den farbenfrohen Bildern visualisiert. Beinahe leichtfüßig wird so schon jungen Leserinnen und Lesern ein (erster) Zugang zur Evolutionslehre mit ihren Facetten, Fallstricken und Weiterentwicklungen ermöglicht."

David Böhm: "A wie Antarktis. Ansichten vom anderen Ende der Welt"

Aus dem Tschechischen von Lena Dorn, Karl Rauch,  22,00 €, ab 8

Jury-Begründung: "Antarktika, der südlichste Kontinent der Erde, ist in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich: Als Ort der Extreme und vermeintlich letzte, unberührte Wildnis ist das ewige Eis von unschätzbarem Wert, auch – aber nicht nur – für das Klima unseres Planeten. Dieses großformatige und hochwertig ausgestattete Sachbuch nimmt den faszinierenden, aber größtenteils noch unbekannten Erdteil in den Blick und lässt staunen über dessen Vielfalt, Unwirtlichkeit und Schönheit. Bewusst wird dabei immer wieder auch die Frage nach der (eigenen) Perspektive und Wahrnehmung gestellt, zum genauen Hinsehen und Hinterfragen aufgefordert.

Mit einer eindrucksvollen Mischung aus Textsorten, die die Übersetzerin Lena Dorn hervorragend bewältigt und die biologisches, historisches, geografisches und politisches Faktenwissen, Anekdoten, persönliche Eindrücke und philosophische Fragestellungen präsentieren, überzeugt A wie Antarktis dabei sowohl auf sachlich-informativer Ebene, als auch mit Blick auf die visuelle Gestaltung der Doppel- und Aufklappseiten: Fotografien, Kartenmaterial, Comicelemente, Infografiken und Illustrationen werden gekonnt und klug kombiniert. Außergewöhnlich."

Maria Ana Peixe Dias (Text), Inês Teixeira do Rosário (Text), Bernardo P. Carvalho (Ill.): "Die Natur. Entdecke die Wildnis vor deiner Haustür"

Aus dem Portugiesischen von Claudia Stein, Beltz & Gelberg, 22,95 €, ab 8

Jury-Begründung: "Eine Anleitung zum Draußensein und Selbstentdecken, was die Natur alles zu bieten hat – so könnte man dieses 380 Seiten starke Naturbuch nennen. Und damit man lesend gleich auf die richtige Spur gesetzt wird: Mit 'Natur' ist hier die 'Wildnis vor der Tür' gemeint, die es in Stadt und Land gibt.

Unterschiedlichste Landschaften und Lebensräume (Gebirge, See, Heide, Moor, Meer) werden durchstreift, durch genaues Schauen und Beschreiben typische Flora und Fauna entdeckt, kleine und große Tiere (Spurenlesen), diverse Pflanzen (Blüten, Früchte, Samen von Bäumen), Spielmöglichkeiten und Ausrüstung unter die Lupe genommen.

Das inhaltlich orientierte Layout bringt den großartig ausformulierten, lesefreundlichen Text perfekt mit den zarten Illustrationen zusammen: Zeichnungen, die zum Teil wie in Aquarelltechnik angefertigt, zum Teil wie Skizzen oder Schattenrisse wirken. Als einzige Kontrastfarben kommen Orange und Türkisblau ins Buch. Glossar, Klima-Zeittafel und Tipps zur weiterführenden Lektüre runden dieses Handbuch in der gelungenen Übersetzung von Claudia Stein ab."

Vitali Konstantinov: "Es steht geschrieben. Von der Keilschrift zum Emoji"

Gerstenberg, 25,00 €, ab 10

Mit dem Dreisprung 'Sprechen – Zeichnen – Schreiben' starten die 72 prall gefüllten, überbordenden Seiten dieses außergewöhnlichen Comic-Sachbuchs. Es stürzt sich kopfüber hinein ins Abenteuer 'Schrift' und alles, was die Welt seit 5.500 Jahren dazu notiert und artikuliert hat. Der Untertitel deutet nur knapp an, was da „Von der Keilschrift bis zum Emoji“ aufs Lesepublikum zukommt. Die Bilder-Zeitreise startet mit der Sumerischen Keilschrift, hüpft nach Persien und Ägypten, nimmt das Demotische und Lateinische mit, um dann in die ostasiatischen Schriftsysteme mit ihren tausenden Zeichen zu wechseln. Danach Amerika, Runen, Silbenschriften, Kunstschriften wie Mittelerde und Klingonisch. Jedes Alphabet der Welt (bis hin zu Unicode) scheint hier mit seinen oft exotischen Zeichen (inklusive Aussprachehilfen) abgebildet zu sein. Dazu leicht überspitzte Illustrationen, die die entsprechende Kultur und Zeit kennzeichnen, Landkarten und erklärende Kurztexte.

Vitali Konstantinov thematisiert jedoch nicht nur die phantastische Welt der Zeichen. Er setzt mit ihnen und rund um sie ein bizarres grafisches Buchwunder zusammen, raffiniert in Schwarz-Weiß gehalten, mit wenigen farblichen Akzenten in Rot, Blau, Grün. Eine wahre Fundgrube, dieses Informations-Potpourri."

Michał Libera (Text), Michał Mendyk (Text), Aleksandra Mizielińska (Ill.), Daniel Mizieliński (Ill.): "Wie das klingt! Neue Töne aus aller Welt"

Aus dem Polnischen von Thomas Weiler, Moritz, 25,00 €, ab 12

Jury-Begründung: "Schon mal 'schwingende Wände' gehört? Den 'Puls des Kosmos'? Eine 'Nulldrift'? Strange und cool wie diese drei Klangbeispiele entpuppt sich die gesamte musikalische Reise durch Wie das klingt! Schon das quadratische rosa-rot-lila-braune Cover mit den comicartig gestalteten Musikern signalisiert: Hier erwarten einen keine klassischen Momente, sondern 'Neue Töne aus aller Welt'. Doch nicht nur das.

Das Buch in der Übersetzung von Thomas Weiler selbst entpuppt sich als Geniestreich, als geballte Ladung Sachwissen, dabei so raffiniert und eingängig ausgewählt und präsentiert, dass jede Seite Überraschungen birgt. Fünf Kapitel wirken gliedernd, tasten sich schrittweise von der Frage 'Was ist ein Geräusch?' über 'Wo ist Musik?', 'Musikmaschinen' und 'Wer ist Musiker?' heran an die Kernfrage: 'Was ist Musik?' Der Weg dahin ist gepflastert mit wilden Klangerlebnissen, die wohlüberlegt in den musikgeschichtlichen Kontext eingepasst sind – und zwar in Wort und Bild und hörbar gemacht auf der Internetseite www.wiedasklingt.de

Wild-bunt, mal rein grafisch, mal bilderzählerisch, immer aber die Fläche der Seiten voll ausnutzend, interpretiert das bekannte polnische Illustratorenpaar Aleksandra und Daniel Mizielińscy die jeweiligen Seitenthemen und drückt dem Band einen unverwechselbaren Stempel auf."

Nominierungen der Jugendjury

Christelle Dabos: "Die Spiegelreisende. Die Verlobten des Winters"

Aus dem Französischen von Amelie Thoma, Insel, 18,00 €, ab 12

Jury-Begründung: "Die Erde wurde in 21 Archen zerschlagen, die seither wie Inseln am Himmel schweben. Auf der Arche Anima lebt Ophelia, bis die Matriarchinnen ihres Klans beschließen, dass sie Thorn vom Klan der Drachen heiraten soll, der auf der eisigen Arche Pol lebt. Sie weiß nicht, dass diese arrangierte Heirat politische Gründe hat. Es geht vor allem um ihre Gaben, denn sie beherrscht das Reisen durch Spiegel und sie kann mit den Händen Gegenstände 'lesen'. Um der Familienehre nicht zu schaden, fügt sich Ophelia in die Pläne und reist in Begleitung ihrer Tante auf die entlegene Arche. Dort erwartet sie eine fremde Welt – voller Illusionen, Trugbilder und Intrigen.
In einem dynamischen und intelligenten Stil, geprägt durch eine auffallend treffende Wortwahl, beschreibt die Autorin ungemein phantasievoll die Geschicke ihrer Heldin, deren Gaben souverän in den Kosmos der Archen eingebunden werden. Dieser Fantasy-Roman in der Übersetzung von Amelie Thoma ist ideenreich und frei von Vorbildern, so dass man in eine faszinierende, unbekannte Welt voller überraschender Wendungen und ausgefallener Figuren eintaucht."

Steve Tasane: "Junge ohne Namen"
Aus dem Englischen von Henning Ahrens, Fischer Sauerländer, 16,00 €, ab 12

Jury-Begründung: "Diese Erzählung hat uns literarisch überzeugt und emotional berührt. Das Buch ragt aus den aktuellen Fluchtgeschichten heraus. Dem etwa zehnjährigen Protagonisten bleibt als unbegleitetem Flüchtling ohne Papiere anstelle seines Namens nur der Buchstabe I. Zusammen mit den Kindern L, E und V ist er in einem Camp für Geflüchtete untergebracht. Hier sind Essen und Unterkunft knapp, Fürsorge und Zuwendung von Erwachsenen fehlen. Trotzdem erlebt dieser Junge seinen Alltag mit kindlicher Freude, sieht seiner Zukunft mit Zuversicht entgegen. Humorvoll, mutig und einfallsreich stellen sich I und seine Freunde als Geheimagenten ihren Abenteuern. Is Versuche, für andere stark zu sein, ihnen zu helfen und trotz der schlimmsten Erfahrungen des belastenden Lagerlebens beharrlich nach Schönem und Hoffnungsvollem zu suchen, sind Ausdruck seines unerschütterlichen Lebenswillens, seiner kindlichen Widerstandskraft und seiner Fähigkeit, träumen und phantasieren zu können.

Steve Tasane gestaltet diese Geschichte so, dass die Leserin oder der Leser sie wie in einer Draufsicht miterlebt und Nähe ohne mitleidige Betroffenheit empfindet. Mit schnörkelloser, nahezu nüchterner Sprache beschreibt er die Abläufe im Camp und fügt in diese Schilderung Begebenheiten ein, die vom Entstehen der besonderen Beziehungen zwischen den Kindern künden. Die Geschichte des Jungen, der sich seine Einzigartigkeit nicht nehmen lässt, entwickelt ihren Sog durch die konsequent kindliche Sicht in der Ich-Perspektive, die auf dem Buchdeckel beginnt und mit dem Satz 'Wir bewegen uns schnurgerade voran' endet."

Dirk Reinhardt: "Über die Berge und über das Meer"

Gerstenberg, 14,95 €, ab 13

Jury-Begründung: "Zwei Jugendliche werden unabhängig voneinander von den Taliban bedroht und müssen aus ihrem jeweiligen Zuhause in Afghanistan fliehen. Sie fliehen nicht aus eigenem Willen oder aus Hoffnung auf ein besseres Leben. Wenn sie überleben wollen, bleibt ihnen keine andere Wahl. Ihre Väter legen das Schicksal von Soraya und Tarek in die Hände von Schleppern. Völlig auf sich gestellt, verfolgen die Leserinnen und Leser die Ereignisse auf zwei unterschiedlichen Fluchtrouten. Ihre Wege durch die Berge und über das Meer mit den Zielen Deutschland (Tarek) und erst Türkei dann Deutschland (Soraya) sind voller Gefahren und Schikanen. Man kann sich das Grauen nur zu gut vorstellen. Trotz allem finden beide immer wieder Hoffnung in Begegnungen mit Menschen, die sie unterstützen, und in Freundschaften, die sich entwickeln. Außerdem wird schnell klar, dass das Leben in Deutschland nicht nur für Soraya und Tarek eine große Herausforderung darstellt. Denn obwohl die beiden fiktive Personen sind, so stehen sie doch stellvertretend für viele junge Flüchtlinge aus Afghanistan und wirken sehr authentisch.

Dirk Reinhardt hat sorgfältig recherchiert, mit zahlreichen jungen Flüchtlingen gesprochen und sich ihrer Schicksale angenommen. Entsprechend ergreifend und mitreißend ist sein Roman geworden. Ein schmerzhaftes und wirklich wichtiges Buch, das uns nicht nur hilft, Geflüchtete zu verstehen, sondern uns auch einen guten Einblick in die kulturellen Hintergründe afghanischer Flüchtlinge bietet. Ein sehr beeindruckendes Jugendbuch, das man nicht so schnell vergisst!"

Sarah Crossan: "Wer ist Edward Moon?"

Aus dem Englischen von Cordula Setsman, Mixtvision, 17,00 €, ab 14

Jury-Begründung: "Was, wenn dein großer Bruder im Gefängnis sitzt, zum Tode verurteilt wegen einer Tat, von der nicht bewiesen ist, dass er sie begangen hat? Was kannst du tun, wenn das Rechtssystem ihn schon längst für schuldig befunden hat? Musst du dich für immer verabschieden?  Joe Moon, 17, hat seinen Bruder Ed seit zehn Jahren nicht mehr gesehen: Ed wird des Mordes an einem Polizisten beschuldigt und sitzt in der Todeszelle. Sein Hinrichtungstermin rückt näher. Um Ed in diesen letzten Wochen nahe zu sein, reist Joe nach Texas und besucht ihn dort täglich im Gefängnis.

Zwischen dem Gefängnisalltag und Erinnerungen an die Kindheit stellen sich nicht nur Joe Fragen nach Schuld und Vergebung, nach dem Wert des Lebens und dem Sinn der Todesstrafe. Auch die Leserinnen und Leser müssen sich damit auseinandersetzen. Die Hinterfragung des Urteils wird sowohl aus Eds Perspektive als auch aus Sicht seiner Angehörigen beleuchtet.

Sarah Crossan gelingt es, dieses ungewöhnliche Thema durch einen außergewöhnlichen Schreibstil überzeugend darzustellen: Die lyrische Form reduziert den gewichtigen Inhalt auf das Wesentliche und bringt die tragischen Umstände atmosphärisch auf den Punkt. Eine Geschichte über die Bedeutung von Familie, über das Abschiednehmen sowie über gesetzliche Willkür, die Leben zerstört. Das Buch ist ergreifend und fesselt bis zur letzten Seite."

Neal & Jarrod Shusterman: "Dry"

Aus dem Englischen von Pauline Kurbasik und Kristian Lutze, Fischer Sauerländer, 15,00 €, ab 14

Jury-Begründung: "An einem heißen Junitag in Kalifornien dreht Alyssa den Wasserhahn auf, doch außer einigen bizarren Geräuschen, die der Hahn von sich gibt, passiert nichts. Der Colorado River ist trocken und ein ganzer Bundesstaat der USA hat kein Wasser mehr. Die Haupthandlung des Buches folgt fünf Jugendlichen, die auf sich gestellt sind und jeweils individuell und doch gemeinsam, in einer sich schnell und unerwartet wandelnden Welt um ihr Leben kämpfen. Sie erfahren am eigenen Leib wie brüchig Demokratie und Zivilisation sind, sobald es um das reine Überleben geht. Im Fokus des Romans stehen Beziehungen, Selbstbehauptung, Mitgefühl, Manipulation und Mut.

Was würde ich für eine Flasche Wasser tun? Diese Frage begleitet die Leserinnen und Leser von der ersten Seite des Buches an. Ein spannendes Abenteuer mit erschreckenden Parallelen zur Realität und beängstigenden Szenarien. Durch die phantastisch klare und illustrative Sprache der Autorin entstehen Bilder in den Köpfen der Leserinnen und Leser, die einen nicht mehr loslassen und welche die oftmals beklemmende Stimmung beunruhigend realistisch einfangen.Dry ist packend durch seine mitreißenden Dynamik und seine Aktualität, welche die Folgen des Klimawandels auf einer sehr persönlichen Ebene abbildet."

Dashka Slater: "Bus 57"

Aus dem Englischen von Ann Lecker, Loewe, 18,95 €, ab 14

Jury-Begründung: "Egal, wo 'sier' hinkommt, Sasha fällt auf: ob in der Schule, in der Stadt oder im Bus, als Agender entspricht 'sier' nicht dem stereotypen Bild eines jungen Mannes. Verstärkt wird dies durch 'sieren' Kleidungsstil. Genau dieser zieht die Aufmerksamkeit von Richard und seinen Freunden auf Sasha. Als Richard, ein afroamerikanischer Jugendlicher, aufgewachsen in schwierigen Verhältnissen, im Bus neben Sasha mit einem Feuerzeug zündelt, gerät mehr oder weniger absichtlich Sashas Rock in Brand. Die folgenden Stunden werden für beide zur Hölle. Ein unaufhaltsamer Shitstorm bricht über Richard herein und die Medien versuchen, die beiden Jugendlichen in ein Täter-Opfer-Schema zu drängen. Der unfaire Umgang der Justiz mit Richard als afroamerikanischem Jugendlichen verschärft den Konflikt.

In Bus 57 arbeitet Dashka Slater einen realen Fall auf, anhand dessen vor allem klischeebehaftete Rollenbilder in Frage gestellt werden. Ohne zu be- und verurteilen, beleuchtet die Autorin sämtliche Aspekte der komplexen Situation. Nebenbei gibt sie jedem Gender eine Stimme. Kategorien wie Schuld und Unschuld, Gut und Böse, weiblich und männlich lassen sich nicht anwenden – das fordert heraus und fasziniert. Die Autorin wählt gekonnt eine Erzählform, bei der Dokumentation und sensible Erzählung miteinander verwoben sind. Dabei bleibt Slater voller Empathie nah an Sasha und Richard".

Sonderpreis Neue Talente

Nora Krug

Nominiert für: "Heimat. Ein deutsches Familienalbum"

Penguin, 28,00 €, ab 14

Jury-Begründung: "Wie kann man begreifen, wer man ist, wenn man nicht versteht, woher man kommt? In ihrem Familienalbum geht Nora Krug auf Spurensuche: Was macht Deutschsein aus? Welchen Einfluss hat die nationalsozialistische Vergangenheit auf jüngere Generationen? Und was genau bedeutet 'Heimat' vor diesem Hintergrund?

Ihre Gedanken und Gefühle hält die Autorin in vielfältigen grafischen und schriftlichen Formen fest. Die persönliche Aufarbeitung ihrer Familiengeschichte während des Nationalsozialismus verknüpft sie gekonnt mit den Fakten der Zeitgeschichte und schafft damit eine neue Verbindung von narrativen Erzählstücken mit den Elementen eines Sachbuchs. So gelingt es Nora Krug auf ihre ganz besondere Art, dass ein Thema, welches für heutige Jugendliche oftmals schwer greifbar ist, emotional näher rückt und wieder zum Anlass wird, sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen. Im Zentrum dabei steht ein positiv besetzter Heimatbegriff. So stellt die Autorin beispielsweise in ihrem 'Katalog deutscher Dinge' auf liebevolle Weise Gegenstände und Orte vor, wie etwa die Wärmflasche oder den Wald, die ihrer Erfahrung nach zur deutschen Heimat dazugehören – und alle Leserinnen und Leser werden bei der Lektüre immer wieder erstaunt schmunzeln, wenn ihnen bewusst wird, wie richtig sie damit doch liegt."

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Rieke Patwardhan

Nominiert für: "Forschungsgruppe Erbsensuppe oder wie wir Omas großem Geheimnis auf die Spur kamen"

llustriert von Regina Kehn, Knesebeck Verlag, 13,00 €, ab 8

Jury-Begründung: "Nils hat ein 'ausgleichendes Gemüt', weswegen die wilde und temperamentvolle Evi in der Schule neben ihn gesetzt wird. Als sie ihn überredet, mit ihm eine Bande zu gründen, fehlt ihnen lediglich eine besondere Aufgabe – und diese kommt in Form von Lina, die mit ihrem Vater aus Syrien geflohen ist. Nachdem die beiden ihren Plan Lina zu integrieren erfolgreich umgesetzt haben, wartet schon die nächste Herausforderung: Zu dritt lösen sie das Rätsel um Nilsʼ Oma, die immer wunderlicher wird, massenweise Erbsensuppe in Dosen kauft und dann zu Hause stapelt.
Voller Humor und Leichtigkeit nähert sich Rieke Patwardhan den Themen Integration, Flucht und Traumatisierung. Die drei Kinder durchleben eine glaubhafte Entwicklung und bieten mit ihren charakteristischen Ecken und Kanten ein schönes Identifikationspotenzial für Gleichaltrige. Innovativ ist auch die Gruppenzusammensetzung von zwei Mädchen und einem Jungen, die sich überzeugend gegenseitig ergänzen und unterstützen. Forschungsgruppe Erbsensuppe ist zudem ein sprachlich überzeugender Roman, der trotz der ernsten Thematik ein vergnügliches, unterhaltsames und spannendes Leseerlebnis bietet."

Dirk Pope

Nominiert für: "Abgefahren"

Hanser, 15,00 €, ab 15

Jury-Begründung: "Viorel ist 17 Jahre alt, übergewichtig und lebt allein mit seiner Mutter mitten im Ruhrgebiet. Seine Tage verbringt er vor dem Computer – bis die Mutter mit einem Mal leblos am Küchentisch sitzt, das Brotmesser noch in der Hand. Den plötzlichen Tod der einzigen Person, die sich um ihn gekümmert hat, verarbeitet er auf seine Weise: essend. 48 Stunden später wacht er in einem Haufen aus Chipstüten, Pizzaschachteln und Raviolidosen auf und realisiert, dass er etwas tun muss. Viorel ruft jedoch weder den Notarzt noch ein Bestattungsinstitut, sondern lädt seine Mutter in den Kofferraum ihres Autos und macht sich auf den Weg nach Rumänien, um sie zu beerdigen, wo sie geboren wurde. Damit beginnt ein Roadtrip, der dem Titel des Buches alle Ehre macht: In hohem (Erzähl-)Tempo geht es von Essen bis an die Küste des Schwarzen Meeres, wo die Mutter ihre letzte Ruhe finden soll.
Parallel zu diesem Trip nach und durch Osteuropa tritt Viorel eine Reise in sein Innerstes an, entwickelt sich durch Konfrontationen mit skurrilen, manchmal surrealen Hindernissen – und im Besonderen mit sich selbst. Sprachgewaltig erzählt Dirk Pope diesen gelungenen Coming-of-Age-Roman mit schwarzem Humor und viel Ironie, bei dem er Versatzstücke aus rumänischen Mythen ebenso wie aus Bram Stokers Dracula montiert."

Nominierungsflyer und Plakate können über die Homepage des Arbeitskreises für Jugendliteratur kostenfrei bestellt werden.

Insgesamt ist der Deutsche Jugendliteraturpreis mit 72.000 Euro dotiert, die Preisträger werden am 16. Oktober 2020 auf der Frankfurter Buchmesse verkündet. Stifter ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ausrichter der Arbeitskreis für Jugendliteratur. Alle Jurorinnen und Juroren sind ehrenamtlich tätig.