Die Sonntagsfrage vom 26. April 2020

Wie läuft der Laden mit Kind und ohne Kita, Frau Godolt?

26. April 2020
von Börsenblatt

Lieferservice, Hygiene-Maßnahmen, Abstandsregeln und Masken - in der Buchhandlung ist die Hölle los. Und zu Hause auch. Dank geschlossener Kitas müssen die lieben Kleinen von ihren Eltern bespaßt werden. Selbst Oma und Opa fallen gerade aus. Was bedeutet das eigentlich ganz praktisch für selbständige Buchhändler*innen? Das erzählt Inga Godolt, Inhaberin der Berliner Buchhandlung Godolt, in der Sonntagsfrage.

Wir haben zwei kleine Verkaufsräume mit ca. 45 Quadratmetern Verkaufsfläche. Seit Beginn der Corona-Krise ist täglich nur einer von uns vor Ort - unter der Woche halten meine beiden tapferen Mitarbeiter die Stellung, samstags arbeite ich. Wir öffnen gerade täglich nur drei Stunden für unsere Kunden - zu ihrem und zu unserem Schutz. Außerdem können wir so die Tage mit der erforderlichen Vor- und Nacharbeit jeweils alleine stemmen. Das Liefergeschäft haben wir allerdings komplett unserem Onlineshop überlassen. Das wäre nicht auch noch drin gewesen. Der Umsatz ist dank unserer tollen Kunden gut. Das sage ich sehr dankbar und demütig, denn ich weiß, dass viele Kollegen gerade deutlich härtere Zeiten durchleben. 

Meine zweijährige Tochter ist normalerweise bei einer Tagesmutter. Seit einigen Wochen betreue ich sie nun die meiste Zeit. Meine Frau arbeitet bei der Agentur für Arbeit, u.a. im Bereich Kurzarbeitergeld. Ich bin froh, ihr die den Rücken freihalten zu können, denn ihre Arbeit ist ja gerade immens wichtig.

"Ab und zu liegen die Nerven blank"

Der Tag gehört meiner Tochter. Ab und zu linse ich auf die E-Mails, so dass ich einige Dinge schon tagsüber nebenbei erledigen kann. Abends kümmere ich mich dann um Bestellungen, Buchhaltung und Aktuelles. Alles andere bleibt liegen. Wie das funktionieren soll, falls bzw. wenn die Vertreterzeit beginnt, weiß ich allerdings nicht.

Die Situation ist insgesamt schon sehr anstrengend und ab und zu liegen die Nerven blank. Ein kleiner Trost: So viel gemeinsame Zeit haben meine Tochter und ich sonst nie. Ich kann ihr aber natürlich die Tagesmutter, ihre Freunde, und auch die Großeltern nicht ersetzen. Sie vermisst sie sehr, und das schmerzt uns alle. Insgesamt schlägt sich die Kleine aber sehr wacker und ich hoffe, dass wir ihr weiterhin eine möglichst schöne Zeit bereiten können.

Wenn wir in Nöten sind, helfen unsere Familien und Freunde – sei es, Windeln zu besorgen oder ein Paket bei der Post abzuholen. Und auch kleine Bilderbuch-Lesungen per Video haben wir schon geschickt bekommen.

Wir haben das große Glück, dass wir uns bislang ganz gut organisieren konnten. Bei vielen anderen, die ihrem Job nicht nachgehen können, weil sie ihr Kind betreuen müssen, sieht das anders aus. Selbstständige und Unternehmer sind ja von der Notbetreuung ausgeschlossen. Da würde ich mir von der Politik mehr Engagement wünschen. 

Vom Börsenverein fühle ich mich allerdings sehr gut informiert und auf dem Laufenden gehalten. Auch habe ich den Eindruck, dass in den letzten Wochen im Hintergrund viel Arbeit für die Interessen und Belange des Buchhandels geleistet wurde! 

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