Die Sonntagsfrage

Corona-Krise - legt die Buchhandlungspreisjury jetzt andere Kriterien an, Herr Weidle?

15. Mai 2020
von Börsenblatt

Deutscher Buchhandlungspreis 2020 – die Bewerbungsfrist wurde gerade bis zum 6. Juli 2020 verlängert, das Gütesiegel für den inhabergeführten, unabhängigen Buchhandel soll trotz Pandemie vergeben werden. Fließen die Anstrengungen der Buchhändler*innen in der Corona-Krise in die Auswahl der Sieger ein? Das beantwortet der Jury-Vorsitzende Stefan Weidle (Weidle Verlag) in der Sonntagsfrage.

Selbst wenn die Jury andere Maßstäbe anlegen wollte, könnte und dürfte sie dies nicht, da es ja bei der Bewertung allein um das Jahr 2019 geht, welches ein ganz normales Geschäftsjahr für den Buchhandel war – sofern es in dieser Branche so etwas wie Normalität gibt. Die Bewerbungsunterlagen wurden erstellt, bevor Corona überhaupt aus dem Virenschatten heraustrat, die Einreichungsfrist begann bekanntlich am 11. März.

Der Bewerbungsbogen blieb auch danach unverändert, allein die Bitte, die begleitenden Dokumente möglichst elektronisch zu übermitteln, trat hinzu. Der Grund liegt darin, daß es voraussichtlich keine Jurysitzung wie sonst geben wird, sondern wir per Videokonferenz zusammentreten werden. Buchhandlungen, die ihre Unterlagen gleichwohl auf Papier ans BKM geschickt haben, werden dadurch jedoch nicht benachteiligt, die Materialien werden an die Jury weitergeleitet. Eine erkleckliche Anzahl an Bewerbungen liegt bereits vor, aber wir wissen aus Erfahrung, daß die große Welle erst in den letzten beiden Wochen vor Ende der Frist (6. Juli) anrollt.

Kreative Reaktion auf Corona wird 2021 berücksichtigt

In einigen Bewerbungen wird bereits auf die Corona-Krise verwiesen, allerdings allein in Zusammenhang mit dem Engagement beim Indiebookday und zum Welttag des Buches, die beide im virtuellen Raum stattfinden mußten. Diese und weitere Fragen werden wir natürlich berücksichtigen, wenn es um die Bewerbungsunterlagen für 2021 geht; ich bin sicher, dass dabei die beeindruckend kreative Reaktion der unabhängigen Buchhändlerinnen und Buchhändler auf die neuartigen Herausforderungen eine Rolle spielen wird. Nicht nur die Jury, sondern ebenso das Staatsministerium für Kultur und Medien verfolgt das Geschehen aufmerksam, und wir haben glücklicherweise in Monika Grütters eine Ministerin, die den Buchhandel von innen kennt und alles in ihrer Macht Stehende tut, ihn zu unterstützen.

Nach heutigem Stand werden wir vermutlich auf die Preisverleihung in der bisherigen Form verzichten müssen, doch steht das laut BKM noch längst nicht fest. Die Feier soll im Herbst stattfinden, und vielleicht sind wir ja alle diszipliniert und so abstands- wie maskenfreudig genug, um doch noch dreidimensional zusammenkommen zu können. Das wäre der größte Wunsch der Jury.

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