Gastspiel von Patrick Hutsch

Das Ergebnis zählt

28. Mai 2020
von Börsenblatt

Hybride Arbeit in der Buchbranche? Da winken viele ab. Doch Homeoffice und digitale Kommunikation können selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Arbeiten fördern.

Hybride Arbeit schafft maximale Freiheit und maxi­malen Sinn. Sie könnte die überkommene Unternehmenskultur der Buchbranche herausfordern.

Aber daraus wird wohl nichts! Wer sich nicht vorher schon auf die Möglichkeiten hybrider Arbeit eingestellt hatte, der wird es auch jetzt nicht tun, denn die Nachteile wiegen vermeintlich schwerer als die Vorteile.
Da sind zum einen die lieb gewonnenen Klischees: lange schlafen, in Jogginghosen durch den Tag schlurfen, überall lauern Ablenkung und Vergnügen; Homeoffice, das ist in den Augen vieler bezahlter Urlaub mit E-Mail-Anschluss.

Dann die Kosten! Es braucht einen Rechner und zusätzliche Software. Ausgaben, die schon in besseren Zeiten kaum zu stemmen sind. Auch ein stabiles, schnelles Netz wäre wichtig. Das aber ist selbst in Städten noch immer nicht überall zu haben. Gar nicht erst anzufangen vom Datenschutz, vom Zugriff auf den Server von außen, von der privaten Nutzung des Rechners, von Versicherung und Arbeitsschutz. Außerdem: Teams, die bereits analog zusammengearbeitet haben, denen mag es gelingen, alle Prozesse in die virtuelle Welt zu verlagern. Doch wie geht man mit neuen Kolleg*innen um?
Kurz gesagt: eine schöne Idee, doch daraus wird nichts. Nicht für alle! Denn ist die Buchbranche dafür nicht auch viel zu konservativ?

Mehr Freiheit, mehr Wohlbefinden 

Vielleicht ist sie aber auch nur nostalgisch – und wird trotzdem erkennen, dass das Festhalten an überkommenen Strukturen nicht mehr lange funktioniert. Die Digitalisierung verändert die Zukunft der Arbeit radikal und rasend schnell. Der Wandel von der Dienstleistungs- zur Wissensökonomie ist in vollem Gange, und flexible Arbeitsmodelle sind teils schon selbstverständlich und notwendig; anderswo. Denn wenn man den Menschen mehr Freiheit gibt, steigert das ihr Wohlbefinden – und darauf sollten verantwortungsbewusste, moderne Arbeitgeber achten.

Unternehmen, die hybride Arbeit erlauben, haben eine um 25 Prozent geringere Fluktuation. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Mitarbeiter*innen zufrieden sind, liegt um 29 Prozent höher, wie der Report »State of Remote Work 2019« des Video­konferenzanbieters Owl Labs ermittelt hat.

Die offensichtlichsten Vorteile: Die Menschen haben mehr freie Zeit. Sie pendeln weniger. Sie arbeiten dann, wenn es wirklich etwas zu tun gibt. Sie werden für Ergebnisse bezahlt, und nicht für bloße Anwesenheit. Sie arbeiten selbstbestimmter und eigenverantwortlicher.

Die Werkzeuge dafür gibt es. Wer sie in den vergangenen Wochen kennengelernt hat, der wird sie schätzen gelernt haben. Richtig eingesetzt, helfen sie produktiv zu sein, effizient zu kommunizieren und auch Spaß zu haben! Was fehlt, sind Wille und Vertrauen. Denn für die Apologeten der alten Arbeitswelt bedeutet das alles vor allem: Macht- und Kontrollverlust! Kaum etwas fürchten sie mehr.

Doch das Bedürfnis nach einer neuen Arbeitswelt wächst. Veränderungen sind schmerzhaft, aber letztlich unvermeidlich. Die hybride Arbeitswelt – sie wird kommen. Dafür bedarf es jedoch eines langen Prozesses, getragen von der Bereitschaft aller, sich ständig weiterzuentwickeln und neue Formen der Arbeitsorganisation auszuprobieren. Dabei geht es nicht um Effizienz oder Rationalisierung! Es geht auch um die Zukunft der Branche. Wir können sie möglich machen und selbst gestalten, noch.