Scharfe Kritik an KNV-Kooperation mit Amazon

"Ihr sägt an dem Ast, auf dem wir sitzen"

29. November 2017
von Börsenblatt
Die Ankündigung von Amazon Publishing, seine deutschsprachigen Titel als Printbücher über das Barsortiment KNV dem stationären Buchhandel anzubieten, stößt unter Buchhändlern auf breite und heftige Ablehnung. Thalia-Chef Michael Busch warnt die Branche eindringlich: "Wer diese Bücher jetzt bei KNV bestellt, sägt an dem Ast, auf dem wir alle sitzen", sagte er am Mittwoch Börsenblatt online.

Thalias Haltung dazu sei seit langem eindeutig: "Wir werden das nicht machen." Auch die Geschäftsführer von Osiander und der Mayerschen, Christian Riethmüller und Hartmut Falter, halten nichts von der KNV-Amazon-Kooperation. Wie Busch, geben auch sie die Gefahr einer absehbaren Totalabhängigkeit des Selfpublishing-Marktes von dem Konzern aus Seattle zu bedenken: Es sei Amazons erklärtes Ziel, den Selfpublishing-Markt vollständig zu dominieren. 

"Diesem Ziel sind die Amerikaner mit der KNV-Vereinbarung nun entscheidend nähergekommen – zum Nachteil des Wettbewerbs in Deutschland", kritisiert Riethmüller. Falter ergänzt: "Das einzige Argument gegen Amazon Publishing, auf dem dortigen Publikationsweg keine physische Sichtbarkeit im Buchhandel zu bekommen, würde mit Bestellungen von Amazon-Titeln über KNV auch noch kaputt gemacht."

In der Tat: Selfpublisher, die bei Amazon veröffentlichen, binden sich exklusiv an den Konzern. Das einzige überzeugende Argument diesen Autoren gegenüber, in offenen Systemen wie beispielsweise Tolino Media, Epubli und Neobooks oder auf anderen Plattformen zu publizieren, war bisher die Aussicht, auf die Weise potenziell auch den stationären Buchhandel zu erreichen. Falls der Buchhandel jetzt in die Falle tappe, so Busch, sei es "nur noch eine Frage der Zeit, bis Amazon auch bei diesen Titeln dem gesamten stationären Handel die Konditionen diktiert". Auskömmliche Margen adé. Sein Appell: "Selfpublishing ist ein Wachstumsmarkt, Buchhändler die bei Tolino teilnehmen, erleben dort viele gute Selfpublishing-Autoren. Tolino ist eine Lösung, von der Branche für die Branche. Wir würden uns wünschen, wenn der Buchhandel sie breit für seinen Erfolg nutzen würde."

Der Vorstand der buchhändlerischen Genossenschaft eBuch findet ebenfalls deutliche Worte, vor allem in Richtung KNV: "Das ist die dümmste Idee, auf die KNV bislang gekommen ist, denn so öffnet man dem zukünftigen Monopolisten Tür und Tor", heißt es in einer Stellungnahme der eBuch-Vorstände Angelika SiebrandsLorenz Borsche und Michael Pohl. Es falle einem, schreibt das Trio, sogleich Biedermann und die Brandstifter ein. "Der Biedermann sitzt in Erfurt – und der Buchhändler in der Falle, denn das Argument, Amazon-Titel gäbe es im Buchhandel nicht, ist damit aufgehoben." Die eBuch-Spitze schließt mit Sarkasmus: "Danke KNV, großartige Idee. Wie verzweifelt ist man in Erfurt?"