Mitmachen beim "Tag der offenen Gesellschaft" am 15. Juni

"Ein Zeichen gegen die angsterfüllte Untergangsstimmung"

3. Juni 2019
von Börsenblatt
Am 15. Juni wird bundesweit der "Tag der offenen Gesellschaft" gefeiert. Für Mitorganisator Philip Husemann passt der Buchhandel perfekt zur Aktionsidee: Menschen an einen Tisch zu holen. Im Interview erläutert er, wie die Branche mitfeiern kann.

Warum gibt es den Tag der offenen Gesellschaft?

Wir wollen mit dem Tag ein großes Zeichen setzen für die Demokratie und ein gutes gesellschaftliches Miteinander. Die medialen Diskurse, von Twitter bis zur politischen Talkshow, leben von Empörung und Polarisierung, verzerren die gesellschaftliche Realität. Die Folge ist eine toxische Debattenkultur. Beim Tag der offenen Gesellschaft setzen sich Menschen gemeinsam an einen Tisch und sprechen über das, was ihnen wichtig ist. Kaum verwunderlich: Hate Speech und Beleidigungen sind beim Tag der offenen Gesellschaft kein Thema. Unser Tag der offenen Gesellschaft ist das deutlich sozialere Netzwerk als Facebook. 

Wie wird gefeiert?

Ganz einfach: Man stellt einen Tisch und viele Stühle vor die Haus- oder Ladentür, bietet Knabbereien oder eine Schüssel Kartoffelsalat an – und kommt mit anderen Menschen ins Gespräch. Im Idealfall mit welchen, die man bis dahin noch nicht kannte. 

Und warum gerade am 15. Juni?

Das hat eher praktische Gründe: Mitte Juni sind noch keine Sommerferien, zugleich ist es hoffentlich schon sommerlich warm. Bei Wind und Regen macht der Tag natürlich weit weniger Spaß. Wobei: So ein kurzer Sommerregen kann auch dazu führen, dass man noch näher zusammenrückt.

Warum sollten sich Buchhändler und Verleger daran beteiligen?

Buchhandlungen sind für mich soziale Räume, Orte der Begegnung. Man tauscht sich über Neuerscheinungen aus und diskutiert mit den Buchhändlern oder anderen Kunden über die Themen, die einen bewegen. Der Büchertisch ist eine gesellschaftliche Institution und steht für so vieles: Bildung, Inspiration, Nachdenken, Neudenken. Und er passt natürlich perfekt zum Tag der offenen Gesellschaft.

Wie kann die Branche mitmachen?

Ganz einfach: An den Büchertisch, der ja im Sommer ohnehin meist draußen vor der Buchhandlung steht, noch einen zweiten Tisch stellen. Und an dem Tisch wird gegessen, getrunken, diskutiert und natürlich gelesen. Warum nicht auch Lesungen am Tisch der offenen Gesellschaft organisieren? Passenderweise findet der Tag an einem Samstag statt. Da sind die meisten Buchhandlungen geöffnet und die Kunden haben Zeit fürs Schmökern oder ein Gespräch über ein gutes Buch.

Ich bin mir sicher, dass die Kunden ein solches Angebot gerne annehmen und die politische Haltung, die die Branche damit aussendet, sehr gut ankäme. Wer, wenn nicht die Buchbranche, sollte in diesen politisch bewegten Zeiten mit gutem Beispiel vorangehen? Thalia mit der Kampagne "Welt, bleib wach" oder Rowohlt mit ihrem vielfältigen Engagement für Meinungsfreiheit und Menschenrechte tun das auch längst, mit großer Unterstützung des Börsenvereins.

Bieten Sie auch Unterstützung an?

Jeder angemeldete Tisch-Veranstalter findet auf der Webseite www.tdog19.de die Kontaktdaten und kann eine Aktionsbox bestellen. Sie beinhaltet ganz praktische Dinge wie Bierdeckel und eine Tischdecke, aber auch Diskussionsanreger wie ein Glücksrad, das Fragen stellt und Themen vorschlägt. Natürlich helfen wir auch dabei, die Tische bekannt zu machen: Auf der Webseite befindet sich eine Landkarte, auf der alle Tische mit kurzer Beschreibung eingetragen werden. Viele Menschen besuchen lieber einen Tisch in ihrer Nachbarschaft als selbst einen auszurichten.

Wie sieht eine perfekte Aktion zum Tag der offenen Gesellschaft aus? Haben Sie ein Best-Practice-Beispiel?

Der perfekte Tisch macht Spaß und bringt Menschen zusammen, die sich sonst vielleicht nicht getroffen hätten. Eine Teilnehmerin aus dem vergangenen Jahr erzählte uns, dass sie sich nach dem Tag der offenen Gesellschaft richtig zuversichtlich und optimistisch gefühlt hat und der Tag befreiend wirkte als Kontrapunkt zu der bleiernen und angsterfüllten Untergangsstimmung, die vor allem Rechtspopulisten über die Medien verbreiten. Insofern ist für mich jeder Tisch, der ein Zeichen gegen Polarisierung, Spaltung und Untergangsstimmung setzt und hoffnungsvoll und mit großer Lust in eine gesellschaftspolitisch zweifelsfrei herausfordernde Zukunft blickt, ein ziemlich perfekter Tisch.

Wie werden Sie selbst den Tag verbringen?

Das entscheide ich spontan. Wahrscheinlich werde ich in Berlin von Tisch zu Tisch ziehen, um möglichst viele neue Menschen kennenzulernen. Schon jetzt haben wir allein in Berlin über 50 Tischanmeldungen. Vielleicht reise ich auch in meine Heimatstadt Bonn. Ein guter Freund aus Schulzeiten feiert den Tag der offenen Gesellschaft dort im Rahmen eines großen Fußballturniers, das er mit dem Bonner SC und der Welthungerhilfe organisiert. Bekanntermaßen sind die Rheinländer sehr gesellig. Am Tag der offenen Gesellschaft fließt das Kölsch sicher bis tief in die Nacht.

Mehr über die Aktion