100 Jahre Bauhaus

Fest der Moderne

8. Oktober 2018
von Sabine Cronau
Der 100. Geburtstag des Bauhauses ist das Kulturereignis des Jahres 2019 – und wird bundesweit gefeiert. Verlage erhoffen sich davon frischen Schwung für den Kunstbuchmarkt, warnen aber auch vor dem "Luthereffekt".

"Sag mir, wie du feierst – und ich sage dir, wer du bist", meinte einmal Bauhaus-Meister Oskar Schlemmer. Die weltberühmte Werkstatt der Moderne, 1919 in Weimar gegründet, hat also gerade im Jubiläumsjahr einen gewissen Ruf zu verlieren. An den Verlagen scheitert es schon mal nicht: Sie liefern stapelweise Lesestoff.

Die Büchermacher hoffen, dass der Eventcharakter des Bauhausjahrs auch das breite Publikum anspricht – und damit zum Thema für den allgemeinen Buchhandel wird, der sich beim Kunstbuch ansonsten eher zurückhält. Positive Signale gibt es schon: So meldet Random-House-Tochter Prestel erfreuliche Resonanz auf ihr Aktionspaket zum Bauhausjahr. "Das Paket kommt gut an", so Pressesprecherin Pia Werner, "weil es verschiedene Interessen für jeden Geldbeutel bedient". Für Thomas Zuhr, Geschäftsführer beim Hirmer Verlag, hat das gesamte Thema Bauhaus den Vorteil, "dass es – anders als bei der klassischen Kunst – ebenfalls in die Bereiche Lifestyle, Lebensgefühl, Mode und Farbgestaltung ausstrahlt".

Auch Hans-Robert Cram, Verleger der kunstwissenschaftlichen Verlage Reimer und Gebr. Mann Verlag in Berlin, verspricht sich vom Jubiläum einiges: "Wir leben in einer anlassbezogenen Welt. Das merken wir immer wieder, etwa wenn Backlisttitel plötzlich anziehen, weil eine Ausstellung zu einem verwandten Thema stattfindet." 2019 setzt Cram unter anderem auf Reprints der Reihe Bauhausbücher – programmatische Titel von Bauhaus-Künstlern, die in den 20er Jahren von Walter Gropius und László Moholy-Nagy herausgegeben und in den 60er Jahren neu gestaltet und ergänzt wurden.

Die Titelfülle, die auf den Markt dränge, sei im Jubiläumsjahr enorm, so Cram: "Aber sie sorgt für Sichtbarkeit. Und: Wir haben die Originale." Im Schnitt verkauft der ­Verlag von den schon länger verfügbaren 60er-Jahre-Reprints 500 Exemplare in vier Jahren, vor allem an Bibliotheken. "Nun sind wir gespannt, wie viele es wohl 2019 werden. Ob wir richtig kalkuliert haben, wissen wir natürlich erst hinterher", sagt Cram.

Ob Museumsshop oder Buchhandel: Auf den Büchertischen dürfte es bereits im Herbst ganz schön eng werden – obwohl das Bauhausjahr erst im Januar offiziell eröffnet wird. "Den Markt so früh wie möglich zu bedienen, ist ein Phänomen unserer Zeit", so Hans-Robert Cram. "Unser Vertrieb hat klar signalisiert: Im Herbstprogramm muss möglichst viel stehen."

Diese Punktlandung gelingt jedoch nicht immer. Taschen etwa legt im Dezember seinen Longseller "Bauhaus 1919 – 1933" von Magdalena Droste in einer erweiterten Neuausgabe vor – um dann erst Anfang 2019 mit einer "echten" Novität nach­zuziehen, die sich unter dem Titel "Bauhaus-Mädels" speziell dem Werk der Künstlerinnen widmet: "Das Buch wird natürlich seine Abnehmer finden, das ganze Jahr über", meint Pressesprecherin Christine Waiblinger. "Solche Großereignisse helfen einfach dem Verkauf, auch international."

Bettina Preiß, die unter dem Dach ihrer Verlagsgruppe Arts + Sciene Weimar den Bauhaus-Universitätsverlag führt, treibt eher eine andere Frage um – die nach dem Überdruss. Der Jubiläumseffekt, so ihre Befürchtung, könnte bis zur Jahresmitte 2019 wieder verpufft sein, das Wort "Bauhausjahr" ähnlich überstrapaziert werden wie es beim Reformationsjahr der Fall war. Auch Thomas Zuhr von Hirmer warnt vor dem "Luthereffekt", der Überproduktion bei Auflage und Titeln: "Das Publikum wird schnell erkennen, ob Bauhaus drin ist, wo Bauhaus draufsteht." 

Autor der "Bauhaus-Mädels" bei Taschen ist übrigens Kommunikationswissenschaftler Patrick Rössler, der als Spezialist für Werbegrafik gleich drei Jubiläumstitel auf einen Streich publiziert: Bei Wallstein schreibt er über "Neue Typografien", bei Gebr. Mann legt er im Januar 2019 in der erwähnten Reihe der Bauhausbücher eine Konstruktion von Band 15 vor, der Ende der 20er Jahre zwar geplant, aber nicht mehr herausgekommen war ("Bildermagazin der Zeit").

Dass gefragte Experten bei solchen Großanlässen gleich mehrfach unter Vertrag stehen, ist keine Seltenheit: "Die Hauptkonkurrenz unter den Verlagen findet nicht auf dem Büchertisch statt, sondern vorher", so Hans-Robert Cram. "Bei der Akquise der Autoren." Dieser Teil des Bauhaus-Wettbewerbs ist geschafft – jetzt geht's ans Verkaufen.

100 Jahre Bauhaus: Ein kleiner Festkalender

Auftakt im Januar: Offiziell eröffnet wird der Festreigen zum Bauhausjahr 2019 mit dem Festival "100 Jahre Bauhaus", das vom 16. bis zum 24. Januar 2019 in der Berliner Akademie der Künste stattfindet. Das Programm wird Ende Oktober veröffentlicht, Schirmherr ist der Bundespräsident. Alle Aktivitäten zum Jubiläumsjahr online unter www.bauhaus100.de.

100 Jahre, 100 Orte: Weimar, Dessau, Berlin – das sind die wichtigsten Schauplätze, aber nicht die einzigen. Eine "Grand Tour der Moderne" führt an 100 ausgewählte Orte mit Bauhaus-Flair, darunter die Glasfabrik Thomas in Amberg, die Schwarzwaldhalle in Karlsruhe, das Dieselkraftwerk in Cottbus. Buchhändler, die vorbereitet sein wollen, finden alle Orte unter www.bauhaus100.de.

Neubauten, Sonderschauen: Gleich drei neue Bauhaus-Museen entstehen derzeit in Weimar, Dessau und Berlin. Das Haus in Weimar soll im April 2019 eröffnen, Dessau folgt im September,
die Erweiterung des Bauhaus-Archivs in Berlin erst 2022. Ausstellungen zum Bauhausjahr gibt es landauf, landab, etwa in Halle, Oberhausen, Stuttgart.

Die TV-Sender gratulieren: Das ZDF dreht derzeit eine sechsteilige Serie über das Bauhaus und seine Künstler, die im Herbst 2019 ausgestrahlt werden soll. August Diehl wird dabei den Bauhaus-Gründer Walter Gropius spielen. Das Erste plant ein TV-Drama zum Jubiläum, das voraussichtlich schon im Frühjahr zu sehen sein wird.

Werbung für das Bauhausjahr
  • Einen Titelkatalog plant die IG Kunstbuch im Börsenverein für Januar 2019 (Auflage: 40.000 Exemplare, die Hälfte als Beilage im Magazin "Monumente"). Kosten pro Seite: 1.000 Euro für Mitglieder des Börsenvereins, 1.500 Euro für Nichtmitglieder. Mehr bei Anke Simon, simon@boev.de.
  • Prestel hat ein Aktionspaket mit vier Titeln vom Bauhaus-Reiseführer bis zum Architekturband aufgelegt (zehn Exemplare, Nettowarenwert: 135,36 Euro). Dazu gibt's einen Prospekt. Erste Lesungen im Handel sind geplant.
  • Der Gebr. Mann Verlag bringt einen Prospekt heraus, der auch auf Messen verteilt wird und rund 30 Titel aus der Backlist und dem Herbstprogramm vorstellt. Der Flyer (Auflage: gut 5.000 Exemplare) soll nach dem Jahreswechsel um 2019er-Titel ergänzt werden. Im Mai plant der Verlag eine Veranstaltung zum Geburtstag von Walter Gropius.
  • Non-Books zum Jubiläum gibt es unter anderem beim Verlag Seemann Henschel, der seine Kinderbücher zum Thema um das Memospiel "Bauhaus-Ikonen" ergänzt (14,90 Euro). Der Bauhaus-Universitätsverlag legt seinen vergriffenen Bastelbogen "Haus am Horn 1923" neu auf, in besserer Papierqualität und für ca. 12 Euro.
  • Der Leipziger Verlag Spector Books publiziert als Partner der Stiftung Bauhaus Dessau eine Zeitschrift und eine Taschenbuchreihe der Stiftung (etwa das Bauhaus Taschenbuch 21: "Welterbestätte Bauhaus", 184 S., 9,90 Euro). Zum Bauhausjahr setzt der Verlag zudem auf neue Titel wie "Modernes Sachsen" – über Gestaltung in der experimentellen Tradition des Bauhauses (250 S., 20 Euro).