3. Lange Nacht der Düsseldorfer Literatur

Wenn Autoren ihre Bücher erwecken…

24. Juli 2015
von Börsenblatt
Vom anspruchsvollen Gedicht bis zur leichten Krimikost, von der jungen Nachwuchsautorin bis zum alten Hasen - die dritte Lange Nacht der Düsseldorfer Literatur hatte dieses Mal nicht nur eine breite Mischung an Genres und Autoren zu bieten. Das Lese-Event zeigte auch, wie unterschiedlich Autoren mit der Institution "literarische Lesung" umgehen.
Immer in Zweiergruppen und im Stundenrhythmus traten die Autoren an den verschiedenen Orten in der Bilker Straße an, kurze Ausschnitte ihrer Werke zu präsentieren und stellten sich jeweils gegenseitig dem Publikum vor. Während etwa Krimiautor Christos Yiannopoulos zu seinem Kollegen Rolf Bönnen neben einer schnoddrig vorgetragenen Kurzvita noch einfiel, dass er neulich neben einer Bekannten von Bönnen im Flugzeug gesessen habe, hielt ein paar Türen weiter Ina-Maria von Ettingshausen eine ausgefeilte Laudatio auf Peter Philip, die einer Heine-Preisverleihung würdig gewesen wäre. Entsprechend gerührt zeigte sich der Moderator, Dichter und Kabarettist: „“Ich hab’ noch nie so ’was Schönes gehört“, bevor er seine eleganten Kurzgedichte vortrug, deren Themen von enttäuschter Liebe bis zur Zahnbürste und blasierten Hundebesitzern reichten. Am Start waren diesmal auch ein paar weniger bekannte Vertreter der Düsseldorfer Szene. Die 29-jährige Theresa Pak etwa wartet noch auf ihre erste Veröffentlichung. In der Galerie Tedden las sie ihre psychologisch dichte Kurzgeschichte „Traurige Uhren“ über das schwierige Verhältnis eines jungen Mannes zu Vater und Bruder. Trotzdem gab die Jungautorin sich hinterher sehr selbstkritisch: „Wenn man vor Publikum liest, merkt man, wenn die Geschichte noch nicht ganz rund ist.“ Dagegen hat Reglindis Rauca gerade den Düsseldorfer Förderpreis 2008 für ihr autobiografisch gefärbtes „Vuchelbeerbaamland“ erhalten, in das Erfahrungen aus ihrer Kindheit in der DDR einflossen. Projektionsfläche aller Sehnsüchte ist der nach Kanada ausgewanderte Onkel - bis sich langsam herausstellt, dass es einen dunklen Fleck in dessen Lebensgeschichte gibt. Rauca, die auch Schauspielerin ist, eroberte mit ihrem gelungenen Vortrag schnell das Publikum im Literaturhaus. Die Literaturnacht stieß auf großes Interesse, die Autoren lasen vor vollen Sälen an sieben Orten mitten in der barocken Karlstadt. Allein rund 70 Besucher folgten zudem Wulf Metzmachers Führung zur literarischen Tradition der Bilker Straße. Vor der Gedenktafel für die Dichterin Luise Hensel, die von 1819-22 hier wohnte, zitierte Metzmacher die ersten Zeilen von „Müde bin ich, geh zur Ruh’“ und wurde spontan von mehreren Zuhörern begleitet. Nachdem die Besucher vieler Lesungen über die knarzenden Holzböden altehrwürdiger Barockhäuser geschritten waren, klang der Abend schließlich in der Kneipenatmosphäre der "Destille" aus. Hier las unter anderem Gina Mayer aus "Das Medaillon", einem historischen Roman, der von der Entdeckung der Neanderthaler-Knochen im 19. Jahrhundert erzählt. Zu vorgerückter Stunde nahm schließlich Christos Yiannopoulos am Pult Platz, der vor allem Drehbücher schreibt, u.a. für den Tatort. Schon nach zwölf war es, da wollte er dem Publikum keine schwere Krimikost mehr zumuten, zog stattdessen eins seiner Kinderbücher aus der Tasche. Und so endete die Literaturnacht mit Dschinn, dem Flaschengeist, und dem dicken Polizisten Klops.