<b> Rechtskolumne </b>

»Mängelexemplare und Remittenden sind zwei Paar Schuhe«

26. April 2007
von Börsenblatt
Im Buchpreisbindungsgesetz ist festgelegt, dass Mängelexemplare vor dem Verkauf entsprechend zu kennzeichnen sind. Das Darmstädter Landgericht hat jetzt klargestellt, dass dafür aber tatsächliche Mängel vorliegen müssen. Und Remittenden keineswegs automatisch Mängelexemplare sind.
Die Frage, wann ein Buch zum Mängelexemplar wird, hat schon verschiedene Gerichte beschäftigt, zuletzt das Landgericht in Darmstadt. Dieses aktuelle Urteil vom 3. April 2007 hebt die Unterschiede zwischen Remittenden und Mängel­exemplaren mit erfreulicher Entschiedenheit hervor (Aktenzeichen: 12 O 372/06). Der Streitfall: Die Preisbindungstreuhänder der Verlage hatten von einem SB-Markt verlangt, den Verkauf preisgebundener verlagsneuer Bücher, die zu Unrecht als preisreduzierte Mängelexemplare gekennzeichnet waren, zu unterlassen. Das Unternehmen verweigerte dies unter anderem mit der Begründung, an ein SB-Warenhaus dürften beim Verkauf preisgebundener Bücher nicht die gleichen Haftungs- und Überprüfungsmaßstäbe angelegt werden wie an den Fachhandel. Außerdem habe man die Bücher so, wie sie ver­kauft wurden, von einem Lieferanten bezogen. Die Bücher seien vom Verlag zur Verfügung gestellt worden und es sei dessen Sache, zu entscheiden, ob die Produkte als Mängelexemplare anzusehen seien oder nicht. Gegenüber der von den Preisbindungstreuhändern erhobenen Klage auf Unterlassung verteidigte sich das Unternehmen außerdem damit, es habe sich um remittierte Bücher gehandelt. Kunden seien aber nicht bereit, den Ladenpreis für ein Buch zu bezahlen, das vom Handel an den Verlag zurück­gelangt und dann wieder in den Warenverkehr gekommen sei. Eine »Odyssee über den Remis­sionshandel« müsse zwangsläufig zum Verlust der Eigenschaft »verlagsneu« führen. Zumal es sich um Bücher handele, die vor mehr als einem Jahr erschienen seien. Titel, die nur kurze Zeit das Interesse der Verbraucher gefunden hätten (also einem rapiden Alterungsprozess unterlägen), könnten nicht mehr als verlagsneu bezeichnet werden. Klare Entscheidung Das Gericht zeigte sich jedoch unbeeindruckt und stellte fest, Remittenden ohne äußere Mängel seien verlagsneue Bücher. Auf das Alter des Exemplares oder die Aktualität des Titels komme es nicht an. Allein die Tatsache, dass es sich um Remittenden handele, bekunde noch keinen Mangel. Vielmehr müsse es sich, wie dies sich ja auch aus der Gesetzesbegründung ergebe, um äußerlich erkennbare Schäden oder Fehler handeln, von denen jedoch keineswegs bei jedem remittierten Buchexemplar auszugehen sei. Dass im konkreten Fall der Schnitt der Bücher vielleicht etwas nachgedunkelt sei, könne noch keinen Mangel begründen. Die Richter ließen auch das Argument nicht gelten, der SB-Markt habe mit seinem Lieferanten eine Vereinbarung getroffen, dass nur Mängelexemplare zu liefern seien – und man sich darauf verlassen habe. Bei dem Anspruch auf Unterlassung von Verstößen gegen das Preisbindungsgesetz komme es auf Verschulden nicht an. Die Rechtswidrigkeit genüge. Die Entscheidung der Darmstädter Richter ist klar und deutlich – und schiebt allen Bestrebungen, die Preisbindung über den verbilligten Verkauf von Pseudo-Mängel­exemplaren zu unterlaufen, einen Riegel vor. Nicht zuletzt wegen dieser Gefahr hatte ja schon der Gesetzgeber bei der Novellierung des Buchpreisbindungsgesetzes zum 20. Juli 2006 in die Regelung über Mängelexemplare gemäß Paragraf 7 Absatz 1 Nr. 4 als zusätzliches Erfordernis die Verpflichtung aufgenommen, Mängelexemplare zu kennzeichnen. Die Entscheidung des Darmstädter Gerichts stellt klar, dass Voraussetzung für die Kennzeichnung als Mängelexemplar das tatsächliche Vorhandensein von Mängeln oder Fehlern ist und dass die bloße Kennzeichnung als Mängelexemplar, in diesem Fall der Stempelaufdruck »preisreduziertes Mängel­exemplar«, nicht selbst einen Mangel begründet.