Aktuell aus der Hauptversammlung - die Jahresberichte

"Der Geist der Gemeinsamkeit"

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Bei der Hauptversammlung in Berlin skizzierten Vorsteher Gottfried Honnefelder und Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis die Veränderungen in der Branche - und die Veränderungen, denen sich der Börsenverein unterziehen muss. Schatzmeister Jürgen Horbach erläuterte die Finanzen, diesmal mit bühnenreifer Einlage.

Bericht des Vorstehers

Vorsteher Gottfried Honnefelder verkündete zunächst, dass bereits 55.000 Euro für die Hochwassergeschädigten beim Sozialwerk eingegangen seien. Sein Dank galt allen Spendern.

In seinem Bericht betonte Honnefelder, dass Buchhändler und Verleger selten so stark im Gespräch gewesen seien wie im diesem Jahr. "Wir alle spüren, wie sehr sich der Markt verändert. Einige merken es schmerzlich, andere nutzen es für ihr Geschäft", so Honnefelder. Nicht jedoch das E-Book, nicht die Digitalisierung würden verändern, sondern der vermittelte Inhalt und seine Form. Aufgabe der Branche sei es, geistiges und kulturellles Leben mitzugestalten, eine Mittlerrolle einzunehmen. Auch gelte es, im polititischen Umgang mit dem Buch Sorgfalt walten zu lassen. 

Honnefelder betonte, dass sich die Bedürfnisse der Verlage und des Handels ändern werden: "Neue Produkte sind gefragt, Metadatenbank, Deutscher Buchpreis, viele Aktionen der Buchhändler vor Ort sind Ausdruck davon." 

Die Mitgliederstruktur des Börsenvereins werde sich ändern müssen, wenn der Verband seine Relevanz behalten wolle. "Wir werden uns alle an neue Mitgliedergruppen im Börsenverein gewöhnen müssen und mit ihnen gemeinsam die Zukunft gestalten." Ob der Börsenverein das leisten könne, sei die entscheidende Frage in den nächsten Jahren.

In zehn Jahren werde der Verband anders aussehen als vorher, so aufwendige wie auch schwerfällige Strukturen zwischen Landesverbänden und Bundesverband werde es so in Zukunft nicht mehr geben.

Honnefelder sprach sich für zeitgemäße Formen des Ehrenamtes aus. Die Trennung der drei Sparten werde sich so wie jetzt künftig nicht wiederfinden. Bereits jetzt seien Interessensunterschiede innerhalb einzelner Sparten größer als zwischen den Sparten. "Hier wünsche ich eing gute und sensible Diskussion."

Bericht des Hauptgeschäftsführers

Um Raum für Diskussionen bei späteren Tagesordnungspunkten zu lassen, hielt Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis seinen Jahresbericht mit Verweis auf die schriftliche Fassung kurz. Seine Botschaft an die Mitglieder:  „Wir wollen Ihren Erfolg – und dafür tun wir alles, was in unserer Macht steht“.

Neben der politischen, der kulturellen Arbeit und den zahlreichen Dienstleistungen für die Mitglieder ist für Skipis das Interessenclearing eine wesentliche Aufgabe des Börsenvereins. „Dieser Verband bezieht seine Stärke daraus, dass er aus drei Sparten besteht“, machte der Hauptgeschäftsführer deutlich. Denn diese Struktur sorge für eine „ Konzentration von Meinungsmacht“ gegenüber Gesellschaft und Politik.

In der Politik habe der Verband nach wie vor hohen Rückhalt, so Skipis – „ausgenommen ist die Partei, die die Justizministerin stellt“. Dem Börsenverein sei es gelungen, die Auseinandersetzungen ums Urheberrecht sachlich so zu beruhigen, „dass wir mit unseren Themen auch durchdringen“.

Dass Erfolge jedoch schlagartig wieder in Frage gestellt werden könnten, zeige das Freihandelsabkommen mit den USA, das eine Gefahr für den gesamten Kulturbereich sei. „In den USA gibt es ein anderes kulturelles Verständnis. Preisbindung oder ein reduzierter Mehrwertsteuersatz fürs Buch werden dort schnell als Hemmnisse eines freien Handels gesehen“.

So wie sich die politischen Rahmenbedingungen ändern, unterliegt auch der Börsenverein selbst einem ständigen Veränderungsprozess, wie Skipis im Jahresbericht deutlich machte.  „Wir wollen schneller, schlanker werden und passgenaue Dienstleistungen anbieten. Dabei geht es auch ums Geld“. Seit 2007 habe der Verband drei Millionen Euro im Budget eingespart, auch beim Personal. „Dabei sind die Aufgaben nicht weniger geworden, sondern mehr und intensiver“.

Aus Sicht des Hauptgeschäftsführers sind die Chancen für das Buch und das stationäre Sortiment „seit der Digitalisierung noch nie so groß gewesen wie 2013“. Seine Argumente dafür:

  • Das Prinzip Buch, das Kulturgut Buch habe enormen Rückhalt in Politik und Gesellschaft. Es werde nicht mehr nur über Maschinen, sondern wieder über Inhalte diskutiert. „Wir alle sind mehr als 0 und 1, als like und dislike. Mit anderen Worten: Das Buch und wir werden gebraucht.“
  •  Mit dem Buchmarketing löse die Branche gerade eine Bewegung für das Buch und das stationäre Sortiment aus. „Die Aufmerksamkeit für unsere Branche, unsere Inhalte ist größer denn je“. Die Kampagne sei erst drei Monate alt und habe schon 240 Millionen Kundenkontakte.
  • Bei der aktuellen Amazon-Diskussion gehe es nicht nur um Arbeitsbedingungen, Ökobilanz und Verödung der Innenstädte, „sondern darum, dass die Gesellschaft für ein solches Geschäftsmodell einen hohen Preis zahlen wird“. Geschäftsmodelle a la Amazon seien der „Kulturkiller Nummer eins“, sagte Skipis. Die Zeiten seien gut, um gemeinsame Alternativen zu schaffen,  etwa mit der digitalen Tolino-Allianz von Thalia und DBH. Hier hätten sich erbitterte Wettbewerber zusammengetan, weil sie erkannt hätten, dass sie nur gemeinsam etwas ausrichten können. Jetzt gebe es die Möglichkeit, die gesamte Branche einzubinden: „Noch ist nichts in trockenen Tüchern, aber die Chancen für eine Lösung sind gut“.
  • Auch die geplante Metadatenbank beschwört für Skipis „den Geist der Gemeinsamkeit“. Die Branche brauche ein Instrument, das ihre Beratungskompetenz, ihre Vorteile gegenüber den Wettbewerbern ins Netz übertrage.
  •  Last but not least: Auch die aktuellen Marktdaten sind für Skipis ein Indiz für Aufbruchstimmung. Schließlich konnte der Buchhandel seit Anfang des Jahres ein Umsatzplus von 3,3 Prozent verzeichnen.

Bericht des Schatzmeisters 

Zum 7. und letzten Mal präsentierte Schatzmeister Jürgen Horbach seinen Jahresbericht. Wer sich, wie stets in den vergangenen Jahren, auf des Schatzmeisters unterhaltsame lyrische Einführung gefreut hatte, wurde enttäuscht. Nein, nicht wirklich. Denn Horbach hatte sich für seinen letzten Auftritt etwas ganz Besonderes einfallen lassen und präsentierte ein kurzes Theaterstück aus einer realen Budgetsitzung des Haushalts-Ausschusses. Auch mit dieser kabarettistischen Aufführung hatte er die Lacher auf seiner Seite und erhielt langanhaltenden Applaus für seine Darbietung.

Jahresabschluss 2012

Bei der Vorstellung des Jahresabschlusses 2012 wies Horbach auf diverse Sondereffekte hin, dazu gehören etwa das Buchmarketing, in das innerhalb von drei Jahren drei Millionen Euro fließen werden. Dazu zählt aber auch die Unterstützung der Schweizer Marketingaktion in Sachen Preisbindung. 

Bei den Mitgliedereinnahmen habe es 2012 einen Rückgang von 94.000 Euro gegeben, der stärker ausgefallen sei als geplant. Dies hänge mit Austritten, aber auch mit Beitragsrückstufungen der Mitglieder zusammen.

Bei den Personalkosten des Verbands, die sich auf rund 3,5 Millionen Euro beliefen, habe es Überschreitungen gegeben. Dies sei zurückzuführen s auf den Ausbau der Marktforschung ("ein Wunsch der Mitglieder") sowie des Bereichs Social Media. Der Börsenverein führe aber bei den Personalkosten "einen Kampf, wie Sie in Ihren eigenen Unternehmen auch". 

Am Ende des Jahres 2012 ergibt sich für den Börsenverein ein Minus von 562.000 Euro. Da jedoch dem Verband durch den Sondereffekt Buchmarketing 1,252 Millionen Euro zugeflossen sind, steht ein Plus von 690.000 Euro unter dem Strich. 

Der Jahresabschluss 2012 wurde von der Versammlung verabschiedet. 

Budget 2013 

Im Budget 2013 ergeben sich neutrale Erträge aus einem Darlehen von 233.000 Euro. Die Mitgliedereinnahmen bewegen sich laut Horbach unter den Planungen: Austritte werde es auch 2013 zwischen 100 und 120 geben, aber auch Rückstufungen stehen am. Am Ende bleibe voraussichtlich dennnoch ein operativer Überschuss von ca. 100.000 Euro.



Budget 2014
Nach der langen Diskussion um die Beitragsanpassung wurde das Budget 2014 im Schnelldurchlauf besprochen und genehmigt.