AkV-Jahrestagung

"Anrufen ist völlig verwegen"

2. März 2012
von Börsenblatt
Was können kleine Verlage tun, um ihre Bücher in den feuilletonistischen Leitmedien zu platzieren? Literaturchefin Felicitas von Lovenberg und Sachbuch- und Wissenschaftsredakteur Jürgen Kaube ("FAZ") gaben auf der AkV-Jahrestagung Einsichten in ihre Arbeitsmethoden.

Die Botschaft der FAZ-Redakteure konnte ernüchtern: "Wir wissen, wie wichtig es für Sie ist, besprochen zu werden", erklärte von Felicitas von Lovenberg, "aber Sie müssen uns das Recht lassen, auszusortieren."

Mehr als Vorschauen oder Bücher zuzusenden sei nicht konstruktiv, erklärten die Redakteure unisono. Zwar sei es sinnvoll, allgemein an das Liiteraturressort und zusätzlich an entsprechende Redakteure ausgewählte Titel zu schicken, aber davon abgesehen könnten die Verlage der Redaktion nicht die Auswahlarbeit erleichtern - abgesehen davon, dass sie gute Bücher machten. 50 bis 60 Rezensionen gebe es kontinuierlich im Stehsatz, erklärte Lovenberg, oft fehle die Gelegenheit, diese abzudrucken.

"Ich bekomme hunderte E-Mails täglich", plauderte die Literaturchefin der "FAZ" aus dem Nähkästchen. "20 bis 25 Rundmails und Newsletter sind darunter, auf deren Liste ich mich nie gesetzt habe." Es kämen auch immer mehr Bücher in der Redaktion an, die nie bestellt worden seien. Besonders unangenehm seien unerwünschte Anrufe von Verlagen, die kommende Titel bewerben wollten. Für die gebe es aufgrund der Redaktionssitzungen und der organisatorischen Aufgaben eigentlich keine Zeit - Ausnahmen seien aktuelle Anlässe. Ansonsten seien Anrufe eine "schlechte Idee", legte sie den Verlegern ans Herz.

"Anrufen ist völlig verwegen", spitzte Kaube zu. Auf E-Mails, die auf bereits gesendete E-Mails verweisen würden, reagiere er durch Aktivierung seines Junk-Filters.

Trotz allem: Die Redaktion lege Wert auf persönlichen Kontakt: Rund 30 PressesprecherInnen oder VerlegerInnen besuchten jährlich die Redaktion. "Bücher zu machen, zu verlegen und zu rezensieren ist stark menschengebunden", sinnierte Lovenberg.

Aus dem Podium gab es einen Konsens, dass im Feuilleton regionaler Zeitungen ebenfalls ein "Konformitätsdruck" herrsche, sofern es überhaupt noch Feuilleton gebe, wie mitunter polemisiert wurde. "Es fehlen die freien Rezensenten und darum fehlen auch die Trüffelschweine, die Titel außerhalb der Publikumsverlage wahrnehmen", beklagte etwa Dietrich zu Klampen.

Überraschendes gab es somit kaum zu vermelden: Rezensentendämmerung auf der einen, moderate bis verhaltene Frustration auf der anderen Seite. Trotz allem: Katastrophenstimmung sieht anders aus. Die Atmosphäre war konstruktiv. Dass neben der Qualität eines Titels auch die Verfügbarkeit geeigneter Rezensenten, bestimmte Anlässe oder Zufälle eine Rolle spielten, wie Kaube ausführte, auch das war allen Teilnehmern der Veranstaltung bewusst und so lieferte Kaube ein passendes Schlusswort zum Get-to-together: "Es ist wie im Leben: Jeder macht seins und der Rest ist Draumendrücken."