Ann Pettifor erhält Hannah-Arendt-Preis

"Manifest gegen die Macht des Finanzkapitals"

27. Juli 2018
von Börsenblatt
Die südafrikanische Ökonomin Ann Pettifor erhält den mit 10.000 Euro dotierten Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken 2018. Überreicht wird die Auszeichnung am 7. Dezember im Bremer Rathaus.

Laut Jury beschreibt und erläutert Ann Pettiifor "sehr eindringlich die politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der gegenwärtigen Geldproduktion, wie sie vorwiegend seitens der Banken in Form von digitalen Kreditvergaben betrieben wird". Im Fokus ihrer Kritik stehe dabei ein sich verselbstständigender globaler Finanzsektor, der abseits der Öffentlichkeit und somit außerhalb politischer Einflussnahmen und demokratischer Kontrollen agiere. Das derzeitige Finanzsystem gleiche einer unsichtbaren Macht, der die Gesellschaften und der politische Bereich zunehmend unterworfen seien.

Nach der Überzeugung der Jury hat Ann Pettifor "ein politisches Manifest gegen die scheinbar unangreifbare Macht des Finanzkapitals verfasst, das darauf abzielt, den Bürgerinnen und Bürgern das Vertrauen in ihre politische Handlungsfähigkeit zurückzugeben."

Pettifors Buch zum Thema ist 2017 erschienen und 2018 in deutschsprachiger Übersetzung unter dem Titel "Die Produktion des Geldes. Ein Plädoyer wider die Macht der Banken" (Hamburger Edition).

Ann Pettifor wurde 1949 in Südafrika geboren, absolvierte ein Studium in Politik und Ökonomie in Johannesburg. Bekannt wurde sie durch ihre führende Rolle in der Jubilee 2000-Kampagne, die dazu führte, dass 35 Entwicklungsländern Schulden in einer Gesamthöhe von rund 100 Milliarden US-Dollar erlassen wurde. Bei den Experten der Finanzwelt hat sie sich Respekt dadurch verschafft, dass sie die Finanzkrise ab 2007, eine globale Banken- und Finanzkrise als Teil der Weltwirtschaftskrise mit Beginn in der US-Immobilienkrise, sehr präzise vorhergesagt hatte, so die Presseinformation zur Preisvergabe.

Ann Pettifor ist Ökonomin und Direktorin von Policy Research in Macroeconomics (PRIME) sowie Mitglied der Organisation New Economics Foundation in London. Sie lehrt am Political Economy Research Centre der City University, London und ist geschäftsführende Direktorin von Advocacy International.

Zum Preis

Der Hannah-Arendt-Preis, der 1994 begründet wurde, wird getragen von dem Verein Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken. Über die Vergabe des Preises, der mit 10.000 Euro dotiert ist, entscheidet eine unabhängige, internationale Jury. Das Preisgeld wird von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Senat der Freien Hansestadt Bremen gestiftet.

Es werden Personen geehrt, deren Wirken und Werke in der Tradition Hannah Arendts zu öffentlichem politischen Denken und Handeln beitragen. Er richtet sich an Personen, die das "Wagnis Öffentlichkeit" angenommen haben und das Neuartige in einer scheinbar sich linear fortschreibenden Welt erkennen und mitteilen, heißt es in den Statuten.